Kapitel 8:
Olarias Augen suchten hektisch ihre Umgebung ab. Sie war überrascht, als sie feststellen musste, wie hoch die Sonne bereits stand und sie ungewöhnlich lange geschlafen hatte. Die junge Räuberin war abrupt aus ihrem Schlaf gerissen worden, als ein Geräusch unmittelbar unter ihr erklungen war und sie etwas hartes am Arm getroffen hatte.Zumindest war es der Unverletzte gewesen. Sie hatte am vergangenen Tag nicht mehr auf die notdürftig verbundene Wunde geachtet, sie hatte andere Sorgen. Als sie jedoch ihren verletzten Arm beinahe ruckartig zu dem Schwert an ihrer Hüfte bewegen wollte, schoss einSchmerz mit einer so starken Intensität durch ihren Arm, dass sie schnaufend den Arm sinken ließ und sich mit Mühe einige Schmerztränen verkniff. Verzweifelt drückte sie ihre linke Hand auf ihren Oberarm.
Durch den dicken, dunklen Mantel konnte sie deutlich das Blut sickern sehen. Olaria presste fest entschlossen die Zähne aufeinander und begann von dem großen Baum zu klettern. Dabei versuchte sie ihren Arm so wenig wie möglich zu bewegen. Der Schmerz war bereits in ein unangenehmes Brennen übergegangen.
Kalter Schweiß bildete sich auf ihrer Stirn. Ihr war das Klettern noch nie so kraftraubend und lange vorgekommen. Mit weichen Knien stand sie schließlich erleichtert auf dem harten Waldboden. Für einen kurzen Moment musste sie sich an dem Baum, der ihr die ganze letzte Nacht Schutz geboten hatte, abstützen, um nicht hinzufallen. Frustriert wankte sie zu einem umgestürzten Baum und ließ sich langsam darauf nieder.
Kaum auf ihre Umgebung achtend, zog die brünette Räuberin den Ärmel ihres Mantels hinauf. Beinahe hätte sie sich geweigert hinzusehen, Blut war noch nie ihre Stärke, doch musste sie wissen,weshalb diese verdammte Schusswunde selbst nach so vielen Stunden noch genauso brannte, wie im ersten Moment. Keuchend wickelte sie das, mit Blut vollgesogene Leinentuch, von ihrem Arm. Zu ihrem Glück hatte das gestohlene Pferd dieses Tuch noch in einer seiner Satteltaschen. Wahrscheinlich waren die Männer vom Königshof dabei,eine Abreise vorzubereiten.
Allerdings wich ihr jegliche Farbe aus dem Gesicht und ihre Züge entgleisten ihr für einen Moment, als sie einen kurzen Blick auf ihren Arm warf. Die Haut um die Wunde herum war gerötet und angeschwollen.Ein leichter gelblicher Schimmer lag über der immer noch blutendenVerletzung und verhieß nichts Gutes. Olaria wurde unfassbar schlecht bei dem Anblick und am Liebsten hätte sie den Blick sofort abgewandt, dennoch war ihr mehr als nur bewusst, dass sie handeln musste. Schlimmsten falls würde sich die Lage ihrer Gesundheit nur weiter zuspitzen.
Ein wenig orientierungslos blickte sie sich um und versuchte krampfhaft das Rauschen von fließenden Wasser zu finden.Bei ihrer Ankunft hatte sie nämlich einen kleinen Bach entdeckt,dessen Quelle wahrscheinlich in einem der Gebirge liegen muss, denn sein Wasser war ungewohnt kühl.
Ein schwaches, fast nicht hörbares Plätschern drang ihr in die empfindlichen Ohren. Zielstrebig folgte sie dem immer lauter werdenden Geräusch in den dichten Wald hinein, bis sie letztendlich vor einem kleinen Bach, versteckt zwischen all den Bäumen und Sträuchern, ankam. Erleichtert kniete sie sich davor nieder und formte ihre Hände zu einer Schale. Kühles Wasser kühlte ihre erhitzte Haut ein wenig ab und ließ sie tief ein- und ausatmen. Kaum noch nahm sie die Geräusche um sich herum wahr. Auch ihre Umgebung blendete sie beinahe komplett aus Ihre Hände zittern, als sie das Wasser mit ihren Händen versuchte zu ihrem Arm zu führen, was ihr schließlich gelang. Zischend atmet sie die frische Waldluft ein,als das saubere Wasser ihr entzündetes Fleisch berührte.
Olarias Miene war schmerzverzerrt und ihr Kiefer angespannt, dennoch hielt sie durch bis die Wunde vollends gereinigt war. Augenblicklich ließ das Brennen ein wenig nach und sie konnte für einen Moment verschnaufen, ehe sie das blutige Leinentuch vorsichtig ins Wasser tunkte und sich das Blut langsam aus dem Stoff löst und sich im Laufdes nassen Elements verlor. Die Räuberin musste einen Würgereiz unterdrücken, wenn sie daran dachte wie viel Dreck ihre Wunde verunreinigt haben musste.
Nachdem das abgenutzte Tuch wieder einigermaßen sauber war, wrang sie es zitternd aus und kam nach einigen Versuchen wieder auf die Beine.Langsam wickelte die erfahrene junge Frau das Tuch erneut um ihren Arm. Wie von allein trugen sie ihre Beine zurück zu ihrem Nachtlager. Immer wieder drohten ihre Füße umzuknicken und sie stolperte immer öfter über den unebenen Boden. Keuchend vor Anstrengung schleppte sie sich mühsam weiter in Richtung der kleinen Lichtung.
Ihre Sicht begann zu verschwimmen und der Boden schien sich zu drehen. So, als würde er die junge Frau verwirren wollen. Als wolle er sie in den Wahnsinn treiben. Mit schmerzenden Gliedern erreichte sie schließlich erleichtert ihr Lager. Ausgelaugt ließ sie sich einfach auf den Boden fallen, in der Hoffnung den quälenden Schmerzen zu entkommen. Ihre Ohren vernahmen die Geräusche um sie herum nur noch dumpf und abgehackt. Das Rauschen der Blätter und das unaufhörliche Geraschel der Blätter, wenn die Tiere sich ihren Weg hindurch bahnten. Ihre Hände stützten sich auf dem Boden ab, während ihr Atem unregelmäßig ging und sie vornübergebeugt zitternd auf dem Boden hockte. Einige braune Strähnen klebten ihr auf der Stirnund ihre grünen Augen waren matt und schimmerten glasig. Olaria begann zu schwitzen und ein schweres Krankheitsgefühl kroch in ihr hoch. Immer anstrengender wurde das Atmen und auch ihre Kraft verschwand immer mehr.
Als ihre Kraft sie dann jedoch vollkommen verließ, ließ sie sich entkräftet zu Boden fallen. Reglos blieb sie einfach liegen. Der sonst so unangefochtene Kampfgeist der jungen Frau war mit einem Mal fast vollends verschwunden. Zu schwach war sie um sich noch um andere Dinge Sorgen zu machen. In diesem Moment war ihr alles egal. Das einzig wichtige in diesem Moment war die Hoffnung, einzuschlafen und den Schmerzen zu entkommen. Müde schloss sie die Augen und hieß die erlösende Dunkelheit erfreut willkommen. Wie nur wenige Stunden vorher ,fiel sie in eine erholende Ohnmacht, doch diesmal wollte sie nicht im Gefängnis des Königs aufwachen, sondern erst dann wieder, wenn die Schmerzen fort wären.
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Olaria- Legende der Räuber
Historical FictionViele Geschichten kursieren um die Legenden einer Heldin. Eine Heldin, so tapfer, mutig und ungebändigt frei wie die Winde, die gnadenlos über die Länder fegen, dass sie die Eine war, die einen Krieg, scheußlicher als alles was die Einwohner dieser...