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Kapitel 27:


Elriks Blick ruhte auf dem verlassenen Schlosshof. Er selbst stand neben dem Prinzen und Olarias Freundin auf einer Empore und wartete auf das erscheinen seines Gastes. Er hatte es bereits erwartet. Erik kannte Rania, ihre Mutter, und wusste wie willensstark und unaufhaltsam die Räuberin hatte sein können. Ihre Tochter unterscheidete sich kaum von ihr. Lucian war im Gegensatz zu dem älteren König nicht so ruhig.

Die Nervosität stieg auf ein schier unaushaltsames Level und die Ungeduld wuchs mit jeder weiteren Minute, die verging immer weiter. Er hatte nicht gewollt, dass sie in den Krieg zog. Aus dem einfachen Grund, dass er sich sorgte, dass er Angst um ihr Leben hatte. Der junge Kronprinz wusste längst, dass er zuviel empfand, jedoch wollte er es weder leugnen noch wahrhaben. Er war sich der Konsequenzen schmerzlich bewusst, doch war er davon überzeugt, dass die junge Räuberin nicht in ihren Träumen an eine Erwiderung seiner Liebe denken würde. Ein weiterer Fakt,der ihn missmutig stimmte.

Das Klappern der Pferdehufe auf dem hellen Pflaster riss die anwesenden aus ihrer Starre. Metall schepperte und kreischte, als es aufeinander prallte. König Elrik hatte eine Armee aufstellen lassen. Seine letzten Ritter und Leibgardisten hatte er geschickt, denn wenn sie diesen Krieg gewinnen wollten, konnten sie sich keine Rückzüge erlauben. Es hieß schlichtweg nur noch: "Alles oder Nichts!". Und genau diese Armee wartete vor den Mauern des Schlosses. Es mochten nicht unbedingt viele sein, doch die gut zweihundert Wachen, die er noch am Hofe hatte, würden nun ihre Pflicht tun. Elrik hatte in seiner Vergangenheit bereits den fatalen Fehler gemacht nicht einzugreifen. Dieser Fehler hatte ihn einen riesigen Verlust gekostet. Seine wundervolle Frau und seine wunderbare Tochter. Seine Familie hatte er verloren. Sein schönstes Hab und Gut. Seine Miene verzog sich traurig und großes Bedauern trat in seine Augen.

Alle Blicke lagen auf einer einzigen Person, die mit ihrer mächtigen Ausstrahlung alle Aufmerksamkeit auf sich zog. Wie paralysiert beobachteten die Anwesenden den wunderschönen Schimmel und seine Reiterin. Sie sahen aus wie aus den verrückten Legenden und Geschichten. Ein Pferd, stolz und gerüstet für den Kampf, und seine Reiterin, eine Räuberin, kämpferisch, mutig, entschlossen. Ein Duo, das besser nicht hätte harmonieren können, selbst wenn das Tier nur als Transportmöglichkeit diente.

Olaria zügelte das Pferd und brachte es schnaubend zum Stehen. Ihre Haltung war so gerade und aufrecht, als würde sie dem König Konkurrenz machen wollen. Unruhig trat ihr Pferd umher und wurde zunehmend nervöser. Es spürte die Aufregung seiner Reiterin und es schien als würde es die Angst der Kämpfe in der Luft riechen können. Die Schreie der Soldaten drangen bis zum Schloss. Nathol war vielleicht eine große Stadt, doch rückten König Maros und sein Gefolge immer näher an.

"Ich möchte Euch gar nicht erst aufhalten, denn es würde ohnehin zu nichts führen.", begann Erik und blickte der jungen Frau entschlossen und fest in die Augen. Verwunderung machte sich auf dem Gesicht der Räuberin breit. Sie hatte mit Allem gerechnet, doch damit definitiv nicht.

"Ich verlange von Euch nicht, für mich zu kämpfen, doch biete ich Euch meine Hilfe und Unterstützung auf eurem Rachefeldzug an, solltet ihr meine Truppen in den Krieg führen und ihn umlenken!" Die Bedingung war hart und unmöglich für Jemanden, der niemals zuvor in einem Krieg gekämpft hatte. Olaria war sich dessen bewusst. Der Gedanke der Rache für ihre Familie war ich dennoch wichtiger.

"Nun gut. Ich werde Eure Truppen führen!" Entschlossenheit. Pure Entschlossenheit funkelte in ihren Augen. Lucians Blick traf auf ihren und er nickte ihr nur kurz zu. Er würde ihr folgen, genau wie Dallan,denn keiner von Beiden war dazu bereit Olaria alleine in den Krieg ziehen zu lassen, geschweige denn sie dort sterben zu lassen. Nach kurzem Zögern erwiderte sie diese Geste. Sie gab ihr Einverständnis.

"Möge das Schwert Euch vor der Klinge des Feindes schützen!" Der Ausruf klang beinahe feierlich, doch war der Ernst dahinter Allen klar. Getötet werden oder Töten. Eine Frage über Leben und Tod. Eine Frage für die Olaria keine Antwort brauchte. Sie würde ohne zu Zögern töten, sie war schließlich nicht umsonst eine Räuberin.

In Begleitung ihres Bruders und ihres Gefährten ritt sie durch das mächtige Schlosstor. Ihr vielleicht letztes Mal. Sowohl Dallan als auch Lucian hatten sich Pferde bringen lassen. So war es sicher und einfacher zu überleben. Laute Rufe erklangen und einige Kampfaufforderungen wurden ihnen entgegen gerufen. Olaria konnte nicht anders als glückselig zu lächeln. Der Tag war gekommen. Der Tag der Abrechnung. Der Tag ihrer Rache.

Sie hatte keinen Überblick über die Truppe, doch würden sie ohnehin alle auf ihr Wort hören. Das Leben dieser Männer lagen in ihrer Verantwortung. Gleichzeitig waren diese Männer jedoch auch ihre Rückversicherung.

Erwartungsvoll sahen die Männer sie an. Sie warteten auf einen Befehl, auf Einen den sie nur von Räuberin bekommen könnten, Einen der sie sicher in den Krieg herein und heraus führen würde.

Olarias Faust erhob sich und ihre grünen Augen funkelten entschlossen wie zwei Smaragde. Der wild entschlossene und feierliche Ausruf zog auch die Letzten auf ihre Seite: "FREI AUF EWIG!" Begeistert schlossen sich die Soldaten ihrem Ruf an und johlten ihn laus. Man sollte ihre kommende Ankunft hören, sie spüren. Eine Gruppe, die kämpfen würde bis auf den letzten Tropfen Blut.

Frei wie ein Räuber. Ungebändigt wie ein Vogel. Für die Ewigkeit. Frei auf Ewig!

Olaria- Legende der Räuber Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt