Kapitel 17:
Warme Sonnenstrahlen weckten Olaria und holten sie sanft aus ihrer Traumwelt zurück in die Gegenwart. Mit den Händen stützte sie sich auf dem kalten Steinboden ab, sodass sie nun aufrecht saß und sich in der kleinen Höhle, die ihr und ihrem Begleiter als Herberge für die Nacht gedient hatte, umzusehen.
Dunkle Steinwände , die die beiden Menschen vor dem vergangenen Regen geschützt hatten umgaben die junge Frau und ließen die Umgebung bedrohlich und kalt wirken. Dunkelgrüne Ranken schlängelten sich an ihnen empor und schienen sich an ihnen wie Schlangen zu winden. Kleine zarte Blüten zierten die dunklen Wände und brachten ein wenig Farbe in die trostlose Höhle. Ihre sanfte rosa Farbe verlieh der Ausstrahlung etwas Verwunschenes, etwas Magisches, dass die Räuberin faszinierte.
Unweigerlich musste sie ihre Augen abschirmen, als die grellen Sonnenstrahlen an ihre müden Augen drangen und sie blendeten. Ihr Blick fixierte den Ausgang der Höhle durch den die hellen Lichtstrahlen in das Innere der Unterkunft dringen konnten. Kleine Lichtpunkte tanzten in den Strahlen der Mittagssonne.
Leise seufzend erhob sie sich und streckte ihre steifen Glieder, die von dem Schlafen auf dem harten Untergrund schmerzten. Ihr Nacken gab ein beunruhigendes Knacken von sich, als sie den Kopf kreisen ließ. In der Nacht hatte sie keine Möglichkeit gehabt auf einem angenehmen Untergrund schlafen zu können, denn ihr dicker Mantel hatte als Schutz vor der Kälter agieren müssen. Die Nächte wurden zunehmend kühler und die Tage deutlich kürzer, sodass sie sich beeilen mussten, wenn sie gut voran kommen wollten.
Mit langsamen Schritten bewegte sie sich auf den Ausgang zu und blieb schließlich in der Öffnung stehen, um sich an das helle Licht gewöhnen zu können. Mit einer Hand stützte sie sich an dem rauen Stein ab, während der Blick der Räuberin suchend umher schweifte.
"Na? Seid Ihr nun auch endlich einmal wach?", fragte sie plötzlich eine belustigte Stimme zu ihrer Rechten. Erschrocken zuckte sie kurz zusammen und drehte ihren Kopf langsam in die Richtung aus der die amüsierten Worte kamen. Ihre Augen begegneten einem wohlbekannten eisigen Blau, das amüsiert funkelte. Ein leichtes Grinsen umspielte die Mundwinkel des jungen Prinzen.
"Was heißt denn hier endlich? Ich habe im Gegensatz zu Euch in den letzten Tagen ordentlich etwas geleistet, während Ihr auf der faulen Haut gelegen habt und Euch ausgeruht habt!", gab sie spöttelnd zurück, wobei sich aber auch auf ihrem Gesicht ein Lächeln abzeichnete. Empört zog Lucian die Luft durch die Zähne ein, um sie wenig später wieder auszustoßen.
"Und was habt Ihr Eurer Meinung nach so großartig geleistet?"
"Darf Ich Euch daran erinnern, dass ich Diejenige war, die jagen war, die Beeren gesucht hat und letztendlich auch noch ein Mahl daraus gezaubert hat?!", konterte sie siegessicher grinsend und gab ihm einen kleinen Stoß in die Rippen. Bestürzt hielt er sich eine Hand an die Rippen und rief empört: "Was fällt Euch ein mich derart zu verletzen?"
Schmunzelnd betrachtete die junge Frau den scherzenden Mann vor ihr. "Ihr seid verrückt.", stellte sie trocken fest, doch konnte sie den Hauch der Belustigung in ihrer Stimme nicht verhindern. Olaria konnte sich selbst nicht erklären warum sie plötzlich so unbeschwert mit Lucian umgehen konnte, mit ihm reden und lachen konnte. Es war, als hätte sich tief in ihrem Inneren ein Schalter umgelegt, der ihre äußere Kälte und Abneigung dem jungen Mann gegen über schwinden ließ. Nie hatte sie gewollt, dass es so geschehen würde, doch war sie froh, dass genau diese Situation eingetreten war, denn es beruhigte sie und lenkte Olarias Gedanken von den bevor stehenden Ereignissen ab.
"Kommt. Ihr habt doch sicherlich Hunger nicht?", Lucian blickte lächelnd zu seiner Begleitung, die zustimmend nickte und ihm zu der kleinen Feuerstelle folgte.
"Habt Ihr eine Ahnung wie weit es noch bis zur Grenze ist?" Lucian wurde langsam ungeduldig, denn ihm gefiel das ständige Umherirren nicht. Er wollte nicht noch länger durch den Wald laufen und darauf vertrauen, dass die junge Räuberin den Weg wusste.
"Ihr seid zu ungeduldig! Seid froh, wenn wir noch Zeit haben bis der Krieg hier ausbricht.", schnaubte Olaria ungehalten. Sie konnte seine Ungeduld verstehen, jedoch würden sie jede Stunde brauchen um sich auf die folgenden Kämpfe vorbereiten zu können. Ihr wäre es auch lieber, wenn sie sich einfach auf das gestohlene Pferd schwingen könnte und all das so schnell wie möglich hinter sich zu lassen.
"Falsch. Der Krieg hat bereits begonnen. Vereinzelte Dörfer wurden bereits von den Truppen meines Vaters besetzt und vereinzelte Städte werden ihnen auch bald zum Opfer fallen." Seine Stimme war leise. Er schämte sich für die Taten seines Vaters, denen er niemals zugestimmt hätte, wenn er vorher gewusst hätte, was dieser Krieg mit sich bringen würde. Es war naiv von ihm gewesen und das wusste er jetzt. Niemals würde er diesen Fehler erneut machen.
Olaria wollte ihn gerade wütend anfahren, als sie ein verdächtiges Geräusch unterbrach. Dumpfe Stimmen drangen durch das dichte Gewächs bis zu ihnen durch und ließen sie verstummen. Mit einer kleinen Handbewegung animierte sie den jungen Prinzen ihr leise zu folgen. Vorsichtig schlich sie mit geduckter Haltung immer näher an die Stimmen heran, ehe sie, versteckt hinter großen Holunderbüschen, am Rande einer Lichtung zu stehen kam. Unwillkürlich weiteten sich ihre Augen und der Griff um ihr Schwert verstärkte sich, als ihr Blick auf die königlichen Soldaten fiel, die sich angeregt unterhielten.
Plötzlich ertönte hinter ihr ein unheilvolles Knacken, das sie herumfahren ließ. Mit zerknirschter Miene blickte Lucian ihr entgegen und deutete stumm auf den Ast zu seinen Füßen. In diesem Moment verfluchte sie den jungen Prinzen für seine Unachtsamkeit. Sie konnte nur noch hoffen, dass niemand der Soldaten sie bemerkt hatte.
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Olaria- Legende der Räuber
Fiction HistoriqueViele Geschichten kursieren um die Legenden einer Heldin. Eine Heldin, so tapfer, mutig und ungebändigt frei wie die Winde, die gnadenlos über die Länder fegen, dass sie die Eine war, die einen Krieg, scheußlicher als alles was die Einwohner dieser...