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Kapitel 2:



Olarias Augen huschten unruhig hin und her. Sie und Dallan hatten verzweifelt Schutz auf einem der riesigen Bäume gesucht in der Hoffnung, nicht von den bewaffneten Männern gefunden zu werden. Denn der Prinz war besser ausgebildet als sie angenommen hatten und war ihnen ohne große Umschweife gefolgt. Es war also nur eine Frage der Zeit bis man sie finden würde. Doch so hatten sie noch eine ungefähre Chance ihre Vorteile dem Wald gegenüber auszunutzen. 

Zusammengekauert hockte die junge Frau auf dem dicken Ast, bestimmt zwei bis drei Meter über dem Boden. Ihr Bruder hatte sich in einer Astgabel ein wenig höher noch als sie selbst, versteckt. Ihre Muskeln waren angespannt , zum Kampf bereit. Bereit gegen die in der Überzahl liegenden Männer anzutreten. Mit nur einer Hand hielt sie ihr Gleichgewicht, mit der Anderen hielt sie den Griff ihres Schwertes fest umklammert. Niemals käme sie auf die Idee kampflos ihre Freiheit und ihr Leben aufzugeben. Niemals würde sie sich freiwillig geschlagen geben.Niemals. Das hatte sie sich vor Jahren geschworen und sie hatte nicht vor es in nächster Zukunft zu brechen. Beinahe wollten Beide schon erleichtert aufatmen, mit dem Gedanken sie doch abgehängt zu haben und sich nun im grünen Bereich zu befinden, als der Ast, der die brünette Räuberin sowieso nur bedürftig hielt, von einem schweren Gegenstand, vermutlich einem Stein, getroffen wurde. 

Er knackte unheilvoll und fiel samt Olaria gute zwei Meter in die Tiefe. Eigentlich hatte sie vor sich abzurollen, doch der schwere Ast traf sie unvorbereitet am Bein und rief somit einen schmerzhaften Aufprall herbei. Mit einem schmerzhaften Stöhnen schlug sie auf dem Boden auf und meinte sogar eine ihrer Rippen knacken zu hören. Sie wusste schon, dass sie, wenn sie morgen überhaupt noch leben sollte, unglaublich viele und schmerzhafte Prellungen und blaue Flecken haben würde.

Mit einem eleganten Sprung landete Dallan hinter ihr und stellte sich schnell wie gezücktem Schwert vor sie, um seine ,noch vom Sturz,wehrlose Schwester zu schützen. So schnell es ihr möglich war,sprang sie wieder auf die Beine, wobei sie sich ein Keuchen nicht verkneifen konnte. Ein Fall aus dieser Höhe tat mehr weh als sie gedacht hatte.

„Töricht von euch zu glauben, wir wären so leicht abzuschütteln." Beinahe schon höhnisch den Kopf schüttelnd trat Maros' Sohn hinter einem der alten Bäume hervor. „Nun lasst den Mist endlich sein! Ihr seid umstellt. Ihr werdet wohl kaum eine Chance gegen sieben gut ausgebildete Wachen des königlichen Hofes haben, ihr Narren! Habt ihr ernsthaft geglaubt dem König zu entkommen? Ihr werdet gesucht wie Schwerverbrecher, die ihr ja auch seid, da könnt ihr euch verstecken wie ihr wollt. Wir finden euch sowieso!", seine kalte Stimme ließ Olaria zusammenzucken. Sie jagte ihr einen Schauder über den Rücken. Sie wusste genau, dass es für sie kein Entkommen gab,doch Aufgeben war eine der wenigsten Alternativen, die sie ergreifen würden und das was den Geschwistern durchaus bewusst. Selbstbewusst trat sie neben ihren Bruder, die Kapuze verdeckte weiterhin ihr Gesicht und der Mantel verhinderte, dass sie sofort als Frau erkannt wurde. Denn es war mehr als unüblich, dass Frauen ein Schwert mit sich führten. Daher übernahm Dallan den Part des Redens : „Wir werden den Teufel tun und uns ergeben! Darauf könnt Ihr warten bis Ihr in der Hölle schmort!"- „Oh glaubt mir, wenn wir mit euch fertig sind, werdet ihr euch wünschen niemals in diesem schmutzigen Wald gelebt zu haben, ihr dreckigen möchtegern Räuber!"

Ohne Vorwarnung stürzte sich Olaria auf den Ersten, der ihr vor die Klinge kam. Wie eine Furie stach sie den überforderten Mann nieder,schlitzte ihm die Kehle auf. Ihre Wut stieg ins Unermessliche.Niemand würde es je wagen ihre Familie zu beleidigen. Niemand! Und wenn er es doch tun würde, so würde er ihr Schwert zu spüren bekommen. Schnaufend hob sie den Kopf und wandte ihren Blick von den leblosen Augen ab, die noch vor ihrem Tod die erschreckende Entdeckung gemacht hatten, dass dieser Räuber eine Frau war und ihn innerhalb von Sekunden getötet hatte. Ihr Blick traf den kalten,beinahe undurchdringlich wirkenden Blick des Prinzen, der für einen Moment mehr als erschrocken wirkte. Aus der Entfernung konnte sie die Farbe seiner Augen nicht ausmachen, doch dies war auch nicht nötig um ihn zu töten. Schon jetzt tropfte Blut von ihrem Schwert zu Boden und verfärbte das satte Grün des Grases. „Da waren es nur noch sechs.", stellte sie trocken fest und warf einen kurzen Blick über ihre Schulter zu ihrem Bruder. Dieser nickte ihr nur zu und wie aufein Kommando stürzten sich die beiden Räuber furchtlos auf die Wachen.

Immer verzweifelter parierte die Brünette die Hiebe der Wachen. Kleine Schweißtropfen liefen ihr bereits über die Stirn. Sie besaß vielleicht viel Kraft ,doch ausdauernd war sie nicht. Auch ihr Bruder erreichte beinahe das Ende seiner Kräfte. Sie waren ausgezeichnete Kämpfer, doch so viele Gegner waren sie schlicht weg nicht gewohnt.Besonders niemanden von dieser Stärke. Mit fest zusammengebissenen Zähnen wehrten sie sich verzweifelt gegen die gefährlichen Waffen.Ein Fehler und sie waren so gut wie tot. Rücken an Rücken kämpften sie tapfer und unaufhörlich weiter. Nur darauf aus, frei zu bleiben.

Doch plötzlich ertönte ein kleines Zischen und ein Pfeil schoss direkt auf sie zu. Noch bevor sie richtig reagieren konnte, drang die silberne Pfeilspitze durch ihren Mantel und die Haut an ihrem rechten Arm, in der sie das Schwert hielt, in ihr Fleisch ein. Ein schier unmöglich starker Schmerz schoss durch ihren Arm und lähmte sie beinahe vollständig. Ein Schrei verließ ihren Mund und ließ ihren Bruder innehalten. Rotes Blut sammelte sich auf ihrem Mantel und floss unaufhörlich aus der brennenden Wunde. Der Schmerz raubte ihr die Sinne und ihre Sicht verdunkelte sich. Klirrend fiel ihr Schwert zu Boden und nur wenig später sank auch, die vom Schmerz betäubte Olaria , zu Boden, ehe sie in eine schmerzlose Ohnmacht fiel. Das Letzte das ihr noch ins Gewissen drang, war der wütende Schrei ihres Bruders, der von den Wachen nieder gerungen und gefesselt wurde.

Immer wieder rief er den Namen seiner Schwester in der Hoffnung, sie würde ihre außergewöhnlich funkelnden, grünen Augen wieder öffnen. Er wusste sie war nur verletzt, dennoch machte er sich ungeheuerliche Sorgen um sie. Wütend funkelte er den Prinzen an und schrie die Männer immer wieder an, bis ihm einer den Mund verband. Tobend musste er dabei zusehen, wie der Prinz zu seiner Schwester ging, sich neben ihr nieder kniete und ihr einfach die Kapuze abnahm. Überrascht starrte er erst auf die lange Haarpracht der jungen Räuberin ehe er realisierte, dass vor ihm, entgegen der Behauptungen seines Vaters, eine Frau lag. Ihre hübschen und erwachsen wirkenden Gesichtszüge,ließen ihn darauf schließen,dass sie in seinem Alter sein musste.

Wie hypnotisiert blickte er auf die hübsche junge Frau nieder, ehe er sie ohne zu zögern auf die Arme nahm, darauf bedacht nicht an die Wunde und den daraus hervorstehenden Pfeil zu kommen. „Nehmt ihn mit wir müssen zurück zum Schloss!", und damit setzte er sich schweigend in Bewegung in Richtung Schloss. Immer wieder hörte er die wütenden Worte des jungen Mannes, der entweder ihr Freund oder ihr Bruder sein musste. Wie er unwohl bemerkte, kreisten seine Gedanken beinahe nur um die bildhübsche, junge Frau in seinen Armen.Wie kam es, dass sein Vater ihm dieses wichtige Detail verschwieg? Und warum um alles in der Welt konnte sie derart gut kämpfen? Das war eine der Fragen, die ihm am meisten Sorgen bereitete, denn wie viele von diesen begnadeten Kämpfern würden noch auf sie warten,wenn sie, wie sein Vater es befohlen hatte, einfach in den Wald marschieren würden?

Olaria- Legende der Räuber Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt