Kapitel 13:
Laute Stimmen, angeregte Konversationen, die in dem dröhnenden Lärm unterzugehen drohen und aufgeregte Rufe hallen über den vollen Schlosshof. Unzählige Menschen hatten sich auf dem Hof versammelt, alle auf den Wunsch des Königs. Niemand von ihnen wusste weshalb und warum man sie noch vor Sonnenaufgang aus den Betten geworfen hatte und mit lauten Trompeten durch ihre Stadt geritten war. Die Sonne war gerade dabei aufzugehen und eisiger Wind strich über die Menschen hinweg. Doch weder die unaufhaltsame Kälte noch der unnachgiebige Wind schienen ihnen etwas auszumachen. Zu aufgeregt waren sie, denn König Maros bestellte sein Volk nur selten in sein Schloss.
Einzelne Sonnenstrahlen färbten den Himmel in ein zartes Rosa und tauchte alles in ein unnatürlich farbenfrohes Licht. Auch die Wolken sahen beinahe verzaubert aus und viele unter den Bürgern glaubten daran, es sei das Werk der Elfen und Feen. Wachen standen streng aneinander gereiht an den hohen Mauern, vor dem Tor oder neben der Empore, die vor dem Schloss aufgebaut worden war und ließen ihren Blick aufmerksam auf den vielen Menschen ruhen. Ihre Rüstung glänzte im frühen Morgenlicht und ließ sie majestätisch wirken. Auch sie waren ahnungslos. Der König teilte seine Pläne nur mit dem Großherzog und seinen Leibgardisten, nicht einmal die obersten Offiziere wussten von etwas. Sie alle wandelten im Dunklen und die Nervosität war kaum noch auszuhalten. Immer unruhiger bewegten und verständigten sich die Bürger Salahirs und sowohl Kinder als auch Männer und Frauen warteten sehnlichst darauf, dass ihr König auf der Anhöhe erscheinen würde und ihnen ihr Kommen erklären würde.
Mit einem Mal verstummten die Stimmen und es war von einem auf den anderen Moment still. Sogar der Wind und die Natur schienen still zu stehen. Helias König betrat die Empore und seine Ausstrahlung beeindruckte die Menschen aufs Neue. Er wirkte so anmutig und machtvoll, sodass sie sich verneigten und still auf seine Worte warteten. Auch die Wachen schienen noch gerader zu stehen und starrten ausdruckslos nach vorne, doch warteten auch sie aufmerksam auf seine Erklärung. Denn es war ihnen nicht entgangen, dass die Sicherheitsmaßnahmen sichtlich erhöht worden waren, sie härter hatten trainieren müssen, das Waffenlager aufgestockt worden war und die Pferde seit einigen Tagen den ganzen Tag zu jeder Zeit einsatzbereit waren. Alles deutete auf einen Krieg hin.
Eine prächtige goldene Krone glänzte auf dem Kopf des Königs und die fein eingearbeiteten Rubine schienen zu strahlen. Der rote Umhang wurde sanft vom Wind angehoben und gab den Blick auf den goldenen Schwertgurt frei. Auch die Schwertscheide und das sich darin befindende Schwert waren aus purem Gold angefertigt worden. König Maros scheute keine Kosten, wenn es um sein Auftreten oder sein Wohlhaben ging. Die langen schwarzen Haare waren von grauen, beinahe silbernen Strähnen durchzogen und seine stahlgrauen Augen ruhten kalt auf dem Volk zu seinen Füßen. Ein zufriedenes, diabolisches Grinsen zeichnete sich in seinen Zügen ab und ließ ihn dämonisch erscheinen. Ihm gefiel der Gedanken, über all diese Menschen zu herrschen und ihnen jeden beliebigen Befehl geben zu können. Doch missfiel es ihm weit mehr, dass sein eigener Sohn einer der Verräter war und es auf seinem Territorium immer noch Menschen gab, die nicht unter seiner Herrschaft standen. Und genau das war sein Anliegen. Er würde sein Volk gegen die Flüchtigen aufhetzten. Diese würden dann seine Aufgabe erledigen, denn Hochverrat wurde mit der Folter und dem Tod bestraft. Vor dem versammelten Volk, doch wenn sie die Beiden bereits töten würden, so blieben seine eigenen Hände sauber und die Räuberin hätte keine Chance sich zu wehren oder die Bürger auf ihre Seite zu ziehen.
"Hört Helia!", seine Stimme, so laut und kraftvoll, machte die Bürger und Wachen erneut aufmerksam, sodass ihm nun jeder zuhörte. Der strenge und befehlerische Ton zwang sie fast schon dazu.
"Schlimme Geschehnisse und Taten haben dieses Land heimgesucht! Viel Leid ist über Helia herein gebrochen und unbestrafte Morde sind geschehen. Viele meiner besten Männer haben ihr Leben verloren, bei einem tapferen Kampf gegen die Unwürdigen dort draußen!", mit einer seiner Hände, die vorher noch hinter seinem Rücken verschränkt gewesen waren, deutete er in Richtung Osten, dort wo die Wälder Salahirs lagen und jedem der versammelten Menschen war bewusst, dass nur die Räuber gemeint sein konnten.
"Meinen eigenen Sohn befiel der Teufel persönlich und verführte ihn hinaus in die wilden Wälder! Gnadenlos wurde er getäuscht und mitgerissen und wer ist daran Schuld?! Die Räuber dort draußen! Sie alleine haben so viel Trauer und Schmerz über uns gebracht! Jahrelang haben sie geschwiegen und geruht und wozu?! Um euch nun zu vernichten und zu zerstören! Sie sind das Böse in dieser Welt und haben nur sich selbst im Sinn. Diese unwürdigen Menschen sind befleckt mit dem Blut und der Unschuld von Helias Bürgern! Vor wenigen Monden ermordeten sie eine Truppe der Fußsoldaten und verbrannten ihre Leichen und manche sogar bei lebendigen Leibe! Diese Menschen haben die Gnade Gottes nicht verdient! Sie haben es nicht verdient in Frieden leben zu dürfen, sie sündigen und morden ohne Gewissen, hetzen Königreiche gegeneinander auf! Auch Helia und Illiora werden in den Krieg ziehen und alles nur wegen ihnen, den verdreckten Räubern! Doch wird sich Helia, so wahr euer König hier vor euch steht, wehren, sie finden und auslöschen bevor sie dasselbe bei uns tun werden! Sie entführen unsere Kinder, den Prinzen und glauben ihnen gehöre die Welt!", König Maros' Stimme wurde immer lauter und energischer. Seine eigene Wut übertrug sich auf sein Volk und laute Stimmen erhoben sich. Zustimmende Rufe hallten ihm entgegen.
"Doch eines kann ich, als euer hoch angesehener König, sagen, wir werden sie jagen und töten! So bringt eure Frauen und Kinder in Sicherheit und zieht los, mit allen Waffen und Mitteln, nehmt eure Pferd und Kutschen und begebt euch hinein in eure Wälder! Vernichtet diese Unwürdigen!" Jubel brach aus und Maros konnte zufrieden feststellen, dass sein Plan aufgegangen war. Seine eigenen Bürger waren von seinen Worten überzeugt und würden die lästige Räuberin vernichten und dann wäre er sie ein für alle Mal los und könnte sich um wichtigere Dinge kümmern. Zum Einen um die Besetzung Illioras.
Während sich die Menschenmasse im Vorhof des Schlosses langsam auflöste um sich auf die Verfolgung der Räuber vorzubereiten, wandte sich Maros unbemerkt ab, stieg die Empore herab und kehrte, begleitet von seinen beiden Leibgardisten, in sein Schloss zurück. Sein Plan würde aufgehen und es hatte nicht einmal mehr als ein paar Wörter gebraucht. Er würde Illiora einnehmen und im selben Zug die Räuber loswerden. Somit würde er gegen die Vorsätze seiner Familie verstoßen, doch war ihm diese vollkommen egal und die Macht hatte für ihn oberste Priorität. Und so würde es auch bleiben und der König war sich sicher am Ende als Sieger das Schlachtfeld verlassen zu können.
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Olaria- Legende der Räuber
Historical FictionViele Geschichten kursieren um die Legenden einer Heldin. Eine Heldin, so tapfer, mutig und ungebändigt frei wie die Winde, die gnadenlos über die Länder fegen, dass sie die Eine war, die einen Krieg, scheußlicher als alles was die Einwohner dieser...