Auf ein letztes Wort

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Ich verstehe es einfach nicht.
Noch vor ein paar Minuten benahm sich der Polizist wie jeder andere normale Mensch auch, doch jetzt?
Jetzt wirkt er wie ein völlig anderer Mensch, zudem strahlt er nun auch eine starke, negative Charaktereigenschaft aus, bei der einem auf der Stelle die gute Laune vergeht. Naja, dass meine Laune gut ist, ist nun wirklich gelogen. Wohl eher alles andere als gut...
Aber wenn man es im Allgemeinen betrachtet, könnte man einen Sinn daraus ziehen.
Mittlerweile bin ich jedoch genauso genervt von diesem unfreundlichen und provozierenden Polizisten wie Jeff es vermutlich ebenso sein wird, laut seiner spitzen Bemerkung zumindest.
Immerhin stiehlt dieser Mann uns gerade auch wirklich sehr kostbare Zeit, die wir nicht wiederbekommen können!
Aus diesem Grund mache ich mich nun auch in einem gewagten Ton bemerkbar.

"Hey! Ihre Worte waren doch, dass wir nicht mehr sehr viel Zeit hätten, also wieso halten Sie sich dann so lange hier auf und geben uns nicht endlich einige Minuten alleine!?"

Der Polizist sieht mich etwas überrascht an, da diese plötzliche Unhöflichkeit von mir scheinbar ziemlich unerwartet kam.
Doch es musste gerade wirklich mal sein, denn es ist die Wahrheit!
Wir haben nicht mehr viel Zeit und ich muss jede Sekunde nun nutzen können.
Der Mann nimmt inzwischen wieder eine etwas professionellere Haltung als vorher ein und richtet kurz seine Uniform.

"In Ordnung, aber beeilen Sie sich"

Einfach wie ausgetauscht.
Unfassbar.
Als ob nun wieder ein stinknormaler Polizist vor mir steht und nun den Gang verlässt.
Als er ganz aus meiner Sichtweite verschwunden ist, drehe ich mich langsam zu ihm.
Jeff.
Er hat mittlerweile seinen Kopf etwas gehoben und mustert mich, jedoch nicht so, wie ich es erwartet hätte.
Nicht mit dem Blick, wie ich ihn erwartet hätte.
Kein bisschen durch dringlich. 
Sondern eher fertig.
Widerstandslos.
Aber das ist noch nicht alles.
Als ich sein Gesicht erblicke, bleibt mein Herz vor Schreck fast stehen.
Oh Gott.
Was haben sie mit ihm nur gemacht??
Sein linkes Auge ist mit einem blau-lila Bluterguss überzogen und vollkommen angeschwollen, an seiner Nase klebt noch vereinzelt, dunkelrotes, getrocknetes Blut und in seiner Wange befinden sich mehrere, blutige Kratzer.
Grauenvoll.
Das waren etwa alles die Polizisten!?
Wer sollte es schließlich sonst gewesen sein?
Und anhand, wie sich der Polizist gerade vor Jeff aufgeführt hat, würde das auch schon so einiges erklären!

"Hi Alicia"

Das ist nicht Jeff.
Das kann er nicht sein.
Solch eine heruntergezogene Art hat er nicht.
Es passt einfach nicht zu ihm.
Genau das verschlägt mir die Sprache.
Es lässt mich verstummen.
Er wirkt nicht mehr bedrohlich, sondern gebrochen.
Das tut weh, wenn man diese Art mit seiner vorherigen, selbstbewussten Art zu vergleichen vermag.

"Hey", bringe ich leise heraus.

Ich sehe Jeff geschockt und bemitleidend an, was wohl zu offensichtlich war und er sogleich versucht, eine bessere Haltung einzunehmen, indem er seinen Kopf nun vollkommen anhebt und seine Hände als eine Art sichere Stütze auf seinen Oberschenkeln beruhen lässt.

"Schön, dass du hergekommen bist", murmelt er mit einer unfassbaren Ruhe.

Was ist das nur?
Ist er wirklich schon auf solch heftige Art gebrochen??
Dass er keinerlei Hoffnung mehr für sich sieht?
Ich habe gerade wirklich keine Ahnung, wie ich das eigentliche Gespräch beginnen soll, da er einfach komplett anders als sonst redet.
Seine Redensart verwirrt mich gänzlich, aber ich muss es versuchen.
Irgendwie.

"Geht....Geht es dir denn gut..? A-Also ich meine, zumindest einigermaßen..?", frage ich ihn verunsichert.

Ich weiß, nicht der beste Anfang.
Nicht die beste Frage, aber etwas Besseres fällt mir im Moment überhaupt nicht ein.
Sein Blick beruht allein auf mir, er sieht mir erneut mit diesem widerstandslosen Blick in die Augen und schüttelt letztendlich nach einigen Sekunden zögernd leicht seinen Kopf.

"...Die Ärzte hier bestanden darauf, mich noch einmal untersuchen zu müssen. Ich hab mich gewehrt und wurde letztlich in ne' Zwangsjacke gesteckt. Dann haben sie mir erst mal eine hohe Dosis Beruhigungsmittel verabreicht...", er bricht den Satz ab.

Vermutlich ist ihm das Geschehene ziemlich unangenehm, wenn man bedenkt, wie stark er sonst immer aufgetreten ist.
Doch das muss ihm nicht unangenehm sein.
Ich nicke sachte und gebe ihm somit zu verstehen, dass ich es nun nachvollziehen kann.
Er ist nicht widerstandslos, sondern einfach nur extrem ruhig.
Er wird dazu gezwungen, ruhig zu sein.
Doch jetzt bin ich dran.
Ich sage ihm das, was ich ursprünglich auch sagen wollte.

"Hör zu, Jeff...ich habe versucht, meinen Vater davon zu überzeugen, dass du Zeuge eines Banküberfalles warst und es von einem Fenster aus beobachtet hättest, aber er hat mir nicht geglaubt. Er hat mir noch nicht einmal richtig zugehört. Deshalb wollte ich mich entschuldigen. Es tut mir so unheimlich Leid, dass ich nicht das ausrichten konnte, was ich eigentlich wollte.."

Ein unfassbar schuldbewusstes Gefühl macht sich in mir breit.
Jeff guckt mich weiterhin benebelt an.
So, als ob er völlig neben sich stände.

"Ist schon okay. Eigentlich.....bist du ja der Grund....für das alles hier, aber es ist schon okay."

Was?

Heartbeat (Jeff the Killer Lovestory)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt