Die Zeit rennt

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Ein falsches Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus.

"Dann freut es mich, mit dir ein Gespräch geführt zu haben, Jeffrey. Deine Heimreise werden wir einleiten. Du wirst später einfach wieder in deiner heruntergekommenen Hütte aufwachen"

Was?
Woher sollen die denn meine Hütte kennen?!
Auf einmal werde ich schlagartig durch einen stechenden Schmerz aus meinen Gedanken gerissen, welcher sich kurz darauf in meinem gesamten Körper verteilt. Unter Schmerzen wandern meine Augen nach unten und ich realisiere, dass dieser Typ mir bestimmt zwei oder drei Mal den Stromschocker tief in die Seite bohrt, bis mir letztendlich schwarz vor Augen wird.

Alicia's p.o.v.
Es ist nun schon wieder eine gefühlte Ewigkeit vergangen und jeder Tag verläuft gleich.
Das Einzige, was mich mehr als verwundert, ist, dass ich die letzten Tage über immer etwas geträumt habe!
Verrückt, ich weiß, aber weshalb?
Fange ich erst jetzt an, das alles zu verarbeiten?
Oder passiert dies nur, weil ich völlig auf mich alleine gestellt bin und ganz genau weiß, dass niemand kommen kann, um mir so richtig helfen zu können?
Einen Haken hat jedoch das ganze Thema mit dem Träumen.
Diese können nämlich nur schlecht verlaufen.
Das bedeutet, ich muss jede Nacht bedrückende Alpträume aushalten.
Jede einzelne Nacht.
Sowas kann mir in keinem Fall wirklich gut tun.
Und anstatt es mein Körper bei diesen unangenehmen Situationen belässt, muss er noch einen drauf setzen, indem ich nachts in Wirklichkeit mir oftmals die Seele aus dem Leib schreie oder bitterlich weine und nicht mehr aufhöre, bis ich zum Schluss meistens früh am Morgen aufwache und das Gefühl habe, nie wieder glücklich sein zu können.
Wer weiß auch, ob ich das je wieder sein werde.
Jedoch mag ich nun vermutlich an einem ziemlich einsamen Punkt angekommen sein, doch wenn ich diesen überstanden habe, verbessert sich möglicherweise meine Lage?
Ich muss mich einfach irgendwie zusammenreißen und die folgenden Nächte tapfer überwinden, obwohl ich noch keinen Weg der Besserung erkenne....

Jeff's p.o.v.
Zögerlich tritt wieder mein Bewusstsein ein.
Wie in Trance drehe ich sofort meinen Kopf nach links und rechts, um erst einmal zu begreifen, wo ich mich überhaupt befinde.
Ach, stimmt.
Ich bin in meiner Hütte.
Und dem Bequemlichkeiten zufolge muss ich wohl auf dem Boden liegen.
Klasse, das war natürlich reine Provokation, mich hier direkt vor meinem Sofa hinzuschmeißen, anstatt mich darauf zu schleudern!
Meine Augen wandern in Richtung des Fensters, aus dem eigentlich ein helles Licht herein schimmern sollte, doch stattdessen ist es ein rötlich-orangenes.
Haben wir etwa schon wieder abends?!
Mist, wie lange war ich denn weg?!?
Jetzt muss ich mich schleunigst beeilen und ich weiß noch nicht einmal, wo sie sich befindet!

Schlagartig erhebe ich mich von dem dreckigen Boden und schnappe mir zeitgleich mein Messer, welches sich neben mir befand.
Dieses Mal bin ich einfach viel zu entschlossen, um auch nur noch ein kleines bisschen Gnade zu zeigen!
Ich muss sie umbringen, um wieder mein altes Ich zu werden!
Es funktioniert nicht anders.
Aber wo soll ich anfangen sie zu suchen?
Okay, als erstes sollte ich vielleicht Ziele ausschließen.
In ihrem Haus befindet sie sich schon mal nicht.
Bei einer Freundin oder so vielleicht?
Nein, das halte ich auch für unwahrscheinlich, dafür ist zu.....anders, oder so. Ich schließe es einfach mal aus.
Aber wo könnte man sich aufhalten, wenn man für sich sein will über einen längeren Zeitraum?
Ein.....Hotel vielleicht?
Ja!
Das ist perfekt!
So viele Hotels befinden sich ja nicht in der Stadt, da wird mir eine Nacht schon reichen, um sie zu finden.   

[...]

Bingo!
Nach dem 4. Hotel, welches ich von oben bis unten durchsucht hatte, befindet sie sich nun in dem 2. Stock.
Mittlerweile schlägt die Uhr schon 4:30 Uhr in der Früh.
Ich bin nah dran, aber wie soll ich es beenden?
Soll ich sie überhaupt im Schlaf erstechen oder sie aufwecken und dann töten?
Nein, auf jeden Fall im Schlaf, sonst kriege ich das erst Recht nicht hin, wenn ich jetzt schon darüber nachdenke.
Ok, ...ich muss mich beruhigen.
Es ist nur ein Mord von vielen.
Nur einer.
Nichts besonderes.
Vorsichtig klettere ich leise in ihr Hotelzimmer und sehe kurz daraufhin sie.
Sogleich betrachte ich mein momentanes Umfeld etwas genauer. Neben ihrem Bett steht eine kleine Kommode, auf der sich ein Bild mit ihren Eltern befindet. Dieses schaue ich einen Moment lang genauer an.
Sie wird mit einer Lüge sterben.
Doch das kann und will ich nun eh nicht mehr ändern!
Mein Blick schweift zu ihr herüber und ich nähere mich ihr langsam wie ein Raubtier, welches gleich seine Beute erledigen wird.
Ihr physischer Zustand sieht nicht gerade gut aus.
Das kann ich selbst von meiner Position aus erkennen.
Ich analysiere jeden ihrer Atemzüge, denn etwas ist seltsam.
Sie weint...im Schlaf?
Das ist mir auch neu.
Sie schluchzt leise vor sich hin und ballt ihre Hände immer wieder ansatzweise zu Fäusten.
Da muss ich mich während meiner Aufenthaltszeit hier wohl dran gewöhnen.
Ich nähere mich ihr nun noch ein wenig, sodass ich sie einfacher mit meinem Messer erreichen kann.
Dabei verlasse ich sie nicht ein einziges Mal aus den Augen.
Heute ist es soweit.
Ich kann mich nun nicht mehr umdrehen und mir irgendeine andere aussuchen, die ich umbringe, nein, ich werde gezwungen jemanden zu töten, den ich einst tatsächlich am Leben lassen wollte.
Jetzt sieht man ja was dabei heraus kommt, wenn ich gnädig bin.
Wenn das hier vorbei ist, werde ich nie wieder jemanden verschonen.
Nie wieder...
Sachte ziehe ich das Messer aus meinem Hoodie und halte es über ihren Bauch.
Sie liegt auf dem Rücken, sodass es nicht sehr aufwendig ist, das Messer in die richtige Position zu bringen.
Okay, ich kriege das hin.
Ich kann das,....ich muss nur mit dem Messer zudrücken und dann ist es vorbei.
Mein Herz beginnt schneller zu pochen und auch meine Atmung nimmt an Schnelligkeit zu.
Was soll das?
Ich kann doch beruhigt sein!
Sie wird so gut wie gar nichts spüren und ich bekomme sogar noch meine Vergangenheit zurück, welche ich sehr genossen habe!
Ich muss doch froh sein, dass ich ihr Leben beenden darf!?

Während Alicia weiterhin ihren vermutlichen Alptraum durchlebt, hole ich mit meinem Messer aus und meine Sicht fällt zeitgleich auf sie.
Irgendwie fühlt sich das so.......falsch an.
Aber ich muss es tun, denn sonst werde ich nie mein altes Leben wieder bekommen!
Und das ist mir wichtiger!
Oder...?
Wird denn dann überhaupt alles so werden wie früher, oder mache ich mir hier nur etwas vor?
B-Blödsinn!
Auf einmal bemerke ich diese ungewöhnliche Stille, welche augenblicklich eingetreten ist.
War es nicht die ganze Zeit still?
Nein, sie hatte ja geweint, aber wieso auf einmal nicht mehr?
Zögerlich mustere ich sie noch ein wenig genauer.
Ihre anfangs so angespannte Position entspannt sich urplötzlich und ihr Atem beruhigt sich ebenfalls.
Warum beruhigt sie sich einfach so aus dem Nichts?
Oder ist sie etwa aufgewacht?!
Unmöglich, dann hätte sie sich schon längst aus der Gefahrenzone gerettet.
Unvorhergesehen dreht sie sich vorsichtig in meine Richtung. Ich hätte nun eigentlich erwartet, dass sich ihre Augen mit einem Schlag öffnen, doch zum Glück schläft sie noch.
Genug nachgedacht, Jeff!
Ich muss mich nun wirklich mal bemühen, das hier zu Ende zu bringen!

Ich bücke mich und lege mein Messer direkt an ihrem Herz an.
Jetzt bringe ich sie um!
Jetzt!!!

Gerade berühre ich schon den Stoff ihrer Kleidung mit dem Messer, als sie urplötzlich ihren Arm ausstreckt und dabei gleichzeitig meine Hand streift.
Sofort stoppe ich in meiner Bewegung.
Als meine eisige Hand ihre Warme berührt, fängt wie aus dem Nichts meine Hand an, leicht zu zittern.
Was zum......
Was bedeutet das?
Soll das überhaupt eine Bedeutung haben?
Ein Zeichen meines Körpers, um mir den Verstand klar zu machen?
Oder wird somit mein Verstand vernebelt..?

Langsam erhebe ich mich und das Zittern lässt daraufhin auch wieder nach.
Was soll das?
Warum habe ich mich überhaupt erhoben?!
Das verlängert meinen Weg bis hin zu ihr doch nur!
Es sei denn ich......kann sie nicht umbringen.
Aber ich muss es doch!
Oder nicht?!
Doch!
Natürlich!
ICH KANN ES ABER NICHT!!!
Ich kann es nicht, verdammt.
Es ist vollkommen egal, wie sehr mein Verstand gegen meinen Körper ankämpft, er hält Widerstand, den man nicht unter Kontrolle bringen kann.
Dann habe ich mich also nun endgültig entschieden.
Für sie.
Sollte ich wirklich bei meiner Entscheidung bleiben...?
Ich meine, ich werde die Konsequenzen für all das tragen müssen.
Ohne wenn und aber.
Wie sollte ich das sowieso denn verhindern, wenn ich sie einfach nicht töten kann?!
Meine innere Entscheidung steht also nun fest.
Zögerlich drehe ich mich um und trotte zum Fenster, um hinaus zu klettern.

Ist es überhaupt meine Schuld?
Klar!
ICH war es, der sie am Anfang aussuchte, um sie umzubringen!
ICH war es, der sie mit zu sich nahm, anstatt sie direkt in ihrem Haus zu töten, noch bevor die Polizei herein platzte!
ICH war der, der zu bestimmen hatte, ob sie zu leben oder zu sterben hatte!!!
Sie konnte rein gar nichts dafür.
Sie hätte sterben oder leben können.
Eins von beidem.
Und ich ließ sie am Leben.
Nun muss ich dafür bezahlen.
Denn ich habe diesen Fehler gemacht.

Unten auf der Straße durchfährt mich schlagartig eine Art elektrischer Schlag, den mein Körper jedoch selbst ausgelöst hat.
Ein unglaublicher Hass.
Der Hass auf mich selbst.
Ich habe echt mein ganzes Leben mit dieser anfangs kleinen Entscheidung vermasselt!
Wieso habe ich auch nicht besser nachgedacht?!?
Wieso nicht!?!
Mein Atem wird in kurzer Zeit extrem schnell und meine Hände ballen sich zu Fäusten.
So fest, sodass sich meine Nägel in mein Fleisch in der inneren Handfläche bohren, doch ich stoppe nicht, denn ich habe es verdient!
Meine Wut ist gerade viel zu weit oben, weshalb ich kurze Zeit später mit aller Wucht die seitliche Glasscheibe eines Autos zerschmettere.
Sogleich geht der laute Alarm des Autos an, welcher wie Gift in meinen Ohren klingt und meinen Hass nur noch steigert.
Kräftig schlage ich erneut auf dieselbe Stelle wie vorher, nur dieses Mal befindet sich dort kein Glas zum zerbrechen mehr und ich lande auf der seitlichen Oberfläche des Fensters.
Erst jetzt bemerke ich, wie sich viele kleine, scharfe Glassplitter in meine Hand bohren.
Ich ziehe meine Hand langsam zurück und betrachte sie.
Sie brennt, aber nur so baut sich meine innere Wut ab.
Eine Menge Blut quollt nun auch aus meinem Handrücken, auf dem sich mittlerweile etliche Wunden befinden, aber ab heute kann mir alles egal sein.
Ich habe es schließlich verdient!

Heartbeat (Jeff the Killer Lovestory)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt