Unsichtbare Grenze

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Was redet Jeff da?

"Wieso bin ich der Grund?", bringe ich mit einer eigenartig-verwirrten Stimme heraus.

Was meint er nur damit??
Fragend sehe ich ihn an, doch er macht nicht einmal einen Ansatz mir zu antworten.
Weshalb nur nicht?

"Jeff?", frage ich etwas vorsichtig.

Wieder keine Antwort.
Von weitem vernehme ich so langsam mehrere eilige Schritte.
In mir bricht Hektik aus.
Ich muss mich jetzt beeilen, wenn ich noch eine Antwort von ihm bekommen möchte!
Das ist die letzte Gelegenheit!
Schnell komme ihm noch ein kleines Stück näher.

"Jeff, wieso bin ich der Grund? Kannst du mir das bitte erklären?"

Mit einem bittenden Blick starre ich ihn schon förmlich an, dennoch zeigt er erneut keine Reaktion auf meine bedeutende Frage.
Eine Tür am Ende des Ganges springt auf.
Automatisch zucke ich zusammen.
Sie werden mich wegbringen.
Ohne die Antwort.
Ohne seine Antwort.
Doch ich muss es wissen!
Ich erkenne, wie zwei Polizisten auf uns zukommen.
Panisch drehe ich mich erneut zu Jeff um.
Sie werden uns trennen.
Für immer.
Und ich werde in vollkommener Unwissenheit leben.
Er muss es mir einfach noch sagen!

"Jeff! Sag es mir! Warum!? Jeff!"

"Miss, bitte machen Sie Platz! Es wird nun Zeit", sagt ein Polizist, welcher sich direkt mich zum Ziel gemacht hat.

Boshaft drängt er sich zwischen mich und das Gitter und drängt mich langsam aber sicher von Jeffs Zelle fort.

"Nein! Ich muss noch etwas Wichtiges wissen!", rufe ich dem Polizisten verzweifelt entgegen, während ich seine Versuche, mich noch weiter von der Zelle zu entfernen, probiere abzublocken.

"Sie dürften jetzt eigentlich gar nicht mehr hier sein! Sie...!"

"Hey, ich brauch dich mal hier! Die Dame wird für die kurze Zeit schon nicht gegen die Regeln verstoßen, komm!", befielt der andere Polizist ihm, woraufhin mich der Mann bei mir etwas mürrisch anblickt.
Dann widmet er sich jedoch seinem Kollegen zu und lässt mich in Frieden.
Vorerst zumindest.
Er kommt seinem Partner zur Hilfe, während ich mich erst einmal nicht von der Stelle rühre.
Mit leicht zitternden Händen beobachte ich diese Situation, während das Adrenalin in mir tobt.
Der eine, welcher mich eben noch festgehalten hat, öffnet nun langsam die Zelle, während der andere......seinen Schlagstock bereithielt?! Was soll das werden?!

"He, was haben sie mit ihm vor?!?", schreie ich ihnen fast schon entgegen und will schnurstracks wieder auf sie zugelaufen kommen, jedoch hebt der Polizist mit dem Schlagstock nur drohend seine eine Hand.

"Sie bleiben auf Abstand! Verbrecher werden eben auch wie Verbrecher behandelt!"

Der andere Polizist lacht daraufhin leicht und bestätigt die billige Aussage seines Kollegen.
Er provoziert mich und unterstützt ihn auch noch gleichzeitig.

"Genauso ist es!", lacht er immer nich leicht.

Dieses Lachen verstummt jedoch schneller als gedacht.
Und die Situation eskaliert.
Ruckartig öffnet der eine die Zelle und der andere stürmt hinein und schlägt unfassbar fest auf Jeff ein!
Nein!
Das kann dieser Mistkerl doch nicht einfach machen!
Jeff hat ihm nichts getan!
Jeff macht es ihnen dennoch nicht so leicht und hält es aus, keucht nur etwas schmerzbedingt.
Oh Gott.
Ich darf jetzt nicht einfach nichts tun!

"Nein! Lasst ihn in Ruhe!!!", schreie ich laut.

Mir ist nun vollkommen egal, wer mich hört.
Ich hasse diese Männer für diese Ungerechtigkeit und Brutalität.
Ich hasse sie alle!
Rasend vor Wut will ich geschwind in die Zelle rennen, doch werde kurzerhand aufgehalten.
Mit vielversprechenden Worten.
Im negativen Sinne. 

"Wenn Sie jetzt nicht sofort stehen bleiben, werden Sie verhaftet! Also überlegen Sie nun genau, wie Sie handeln!", zischt der eine, sichtlich total genervt von mir.

Gegen meinen Willen mache ich halt und sehe ihn hasserfüllt an.

"Sie mieses Arschloch", bringe ich unter knirschenden Zähnen hervor.

Er hat es verdient, das zu wissen!
Eben, weil es auch der Wahrheit entspricht!
Aber der Polizist scheint es überhört zu haben.
Langsam steht Jeff auf, die Schläge in Bauch und Rücken des Polizisten haben aufgehört, fürs Erste.
Sein Blick ist gesenkt.
Starr zum Boden gerichtet.
Er wirkt so gebrochen.
Das zerreißt mir das Herz.
Ich fühle mich so unglaublich schlecht.
Ihm werden keine Handschellen angelegt, der Polizist zerquetscht ihm nur fast den Arm!
Doch meine gesamte Wut verfliegt, als ich bemerke, dass ich es nie erfahren werde.
Nie erfahren werde, warum ich der Grund bin.
Niemals.
Traurig blicke ich Jeff hinterher, wie er sich langsam von mir entfernt und abgeführt wird.
Das war es dann wohl.
Mein letztes Gespräch endet also mit einer Ungewissheit, die ich niemals erfahren werde.
Krampfhaft denke ich nach und senke automatisch meinen Kopf.
Wieso nur sollte ich der Grund für das alles hier sein?
Ich meine, ich habe ihn doch in keiner Hinsicht geändert. 
Er tötet noch, geht seinen eigenen Regeln nach.
Na gut.
Okay.
In einer Sache hat er sich geändert.
Er hat mich verschont.
Aber das waren doch alles nur Zufälle!
Unglückliche Zufälle für ihn!
Mehr nicht.
Ich hatte nur mal einmal im Leben Glück gehabt.
Das ist alles.
An mehr glaube ich zumindest nicht.
Plötzlich nehme ich im Augenwinkel schnelle und ruckartige Bewegungen wahr und schaue sofort auf.
Was?
Kaum zu glauben!
Jeff reißt sich mit aller Kraft aus dem Griff des Polizisten, der diese urplötzliche Wehr scheinbar nicht erwartet hat und ihn somit auch kurzerhand ungewollt loslässt.
Auf einmal passiert alles so schnell.
Ich stehe da.
Kann dieses Geschehen einfach nur mitansehen.
Jeff kommt mir jetzt immer näher, macht keinen Halt vor der unsichtbaren Grenze.
Vor meiner unsichtbaren Grenze.
Und dann passiert das, womit ich niemals gerechnet hätte.
Geschwind, aber auch genauso sachte legt er seine Hand auf meine Wange und drückt seine Lippen auf meine.

Heartbeat (Jeff the Killer Lovestory)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt