14. Dumm gelaufen

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Nasse Klamotten und miese Laune - keine gute Kombination. Noch dazu kam mein kleiner Finger an der rechten Hand, der jetzt gebrochen war. Außerdem sollten mir die anderen übersetzen, was der Arzt gesagt hatte, doch nicht mal das kriegten sie auf die Reihe, also beschloss ich, dass er gebrochen war oder amputiert werden musste. Wenn man auf das Schlimmste vorbereitet war, konnte es ja nur noch besser werden. Ich saß auf der Trage im Krankenwagen, in eine dicke Decke gehüllt und starrte meinen verbundenen Finger an, während mir das Wasser von den Haaren in den Schoß tropfte.

Ich war schlecht drauf. Zu Unrecht. Ich sollte lieber dankbar sein, dafür, dass sie mich aus dem Eiswasser gefischt hatten. Da sich meine Einstellung jedoch nicht so leicht ändern ließ, beschloss ich es trotzdem so gut es ging für mich zu behalten. Sie konnten ja nichts für meine Dummheit. Nicht mal meinen Eltern wollte ich dafür die Schuld geben. Also war ich einfach sauer auf mich und mein beschissenes Gedächtnis, denn hätte ich mich daran erinnert meine Brille mitzunehmen, jetzt, wo ich wieder eine hatte, hätte ich auch nicht das kleine Mäuerchen übersehen, welches mich im Normalfall davon abhalten sollte zu fallen. Doch ich war nun mal kein Normalfall.

"Alles okay?", fragte Anna, die gerade mit Johanna neben mir aufgetaucht war.

"Mir geht's super! Ich wollte schon immer mal wissen, wie stark so eine Strömung ist." Egal mit wie viel Optimismus ich diesen Satz sagte, er klang einfach pessimistisch. "Habt ihr euch wenigstens schön mit den anderen unterhalten?" Das klang ja, als würde ich ihnen Vorwürfe machen. Was war nur los mit mir?

Johanna schob sich verlegen die grüne Brille wieder auf die Nase zurück.

"Es tut uns so leid. Wir wollten dich nicht ausschließen. Es war nur so aufregend, die Jungs mal in echt zu treffen und sich mit ihnen unterhalten zu können!", sagte sie und ließ beschämt den Kopf sinken.

"Gut, dass ich so ein Schreihals bin, sonst wäre ich vermutlich ertrunken." Das sollte ein Witz sein. Der war nicht mal witzig, obwohl er so dumm war, wie meine anderen Witze. Meine letzte Chance, die Stimmung etwas zu lockern, war also, das Thema zu wechseln.

Doch Anna kam mir zuvor: "Wir sind schlechte Freundinnen. Im Fach Freundschaft kriegen wir beide eine 6!"

"Jetzt hört doch mal auf! Mir geht's gut und das ist alles was zählt!", brüllte ich aufgebracht, weshalb sie mich etwas erschrocken ansahen. Nun entspannten sich meine Gesichtszüge und ich änderte meinen Tonfall, um das Thema zu wechseln, bevor ich mich noch schuldiger fühlte als sie. "Uuuund? Wie ist es so, mit echten Idols zu reden?"

"Cool! Ich will hier nie wieder weg!", meinte Anna mit leuchtenden Augen.

"Ist Kookie so, wie du ihn dir vorgestellt hast?", fragte ich grinsend.

"Noch viel besser. In echt ist er noch viel cooler und sieht noch viel besser aus."

"Ich persönlich hätte gehofft mal live dabei zu sein, wenn Namjoon was kaputt macht, aber was nicht ist kann ja noch werden", fügte Johanna inzwischen wieder heiter hinzu. Auf einmal kam Taehyung herüber.

"Alles okay bei dir?", fragte er vorsichtig.

Und plötzlich trat genau das ein, was ich erwartet hatte, als Anna und Johanna zum ersten Mal die Wohnung in der kleinen Gasse betraten. Nicht alles, aber zumindest die runtergeklappte Kinnlade und die aufgerissenen Augen trafen zu. Tja, darauf hatten sie sich nicht vorbereitet.

"Ach, hatte ich euch das noch nicht erzählt? Taehyung spricht Deutsch", sagte ich gleichgültig.

"Gut zu wissen." Johanna wirkte ziemlich irritiert.

"Damit habt ihr nicht gerechnet, was?" Ich konnte mir ein hämisches Grinsen einfach nicht verkneifen. Ihr Anblick war einfach zu amüsant.

"Woher...?"

"Ich hatte mal einen deutschen Lehrer, wenn ihr wollt kann ich euch später ganz ausführlich davon berichten, aber jetzt würde ich gerne mit Emma reden." Sie nickten. "Alleine." Langsamen Schrittes gingen sie wieder zu den anderen. "Oh, und behaltet das mit dem Deutsch bitte für euch!" Anna reckte ihren Daumen in die Höhe und Johanna machte diese "Ich behalte dich im Auge"-Handbewegung. "Muss ich mir Sorgen machen?", fragte er.

"Naja, du solltest lieber vorsichtig sein. Johanna hat es schon mal geschafft unseren Kunstlehrer krankenhausreif zu schlagen und der war nebenberuflich Türsteher."

"Gut zu wissen", wiederholter er Johannas Worte von vorhin, "aber eigentlich meinte ich deinen Zustand. Wie geht es dir?"

"Ich lebe noch, wie du siehst. Ich bin mit dem Schrecken davon gekommen. Oh, und mit einem Finger, von dem ich nicht weiß, wie es ihm geht. Du kannst ihn gerne fragen, aber ich glaube, er ist gerade nicht ansprechbar." Taehyung schmunzelte. "Ich habe keine Ahnung, was der Arzt gesagt hat, weil er irgendwie genuschelt hat. Oh, und er hat irgendeine Fremdsprache gesprochen, aber das war eher das kleinere Übel. Johanna und Anna haben ihn nicht verstanden und Namjoon hat keinen blassen Schimmer, was das auf Englisch heißt. Du bist also meine einzige Hoffnung!"

Die letzten Stunden nicken und lächeln hatten mir gar nicht gut getan. Es fühlte sich an, wie nach Tagen wieder aufs Klo zu gehen - die Worte flossen nur so aus mir raus. Taehyung bedeutete mir zu warten, tippte dem Arzt auf die Schulter und redete mit ihm. Kurz darauf kam er wieder zurück.

"Du hast Recht, der redet total undeutlich. Aber deinem Finger geht es soweit ganz gut. Er hat nur ein paar Prellungen."

"Das ist ja gar nichts!", rief ich spottend aus. "Mir ist beim Schlittschuhlaufen schon mal Einer drüber gefahren, das halte ich schon aus."

"Ist das dein Ernst?" Taehyung wirkte verblüfft. Sowas passierte doch laufend.

"Mein kleiner Finger ist eine lebende Legende! Er sieht zwar mickrig aus, aber er hat schon mehr erlebt, als alle meine Finger zusammen."

"Und das wäre...?"

"Meine kleine Schwester hat mal die Tür zugemacht, als mein kleiner Finger noch dazwischen war. Einmal vorne und einmal hinten. Die Katze meiner Freundin hat schon mal drauf rumgekaut und gekratzt, ich hab mich mal am Bügeleisen verbrannt, hab mal mit einem Hammer draufgehauen..." Er hatte die Augen aufgerissen. "Reicht dir das oder willst du noch mehr hören?"

"Nein, nein, das ist Beweis genug dafür, dass dein kleiner Finger ein echter Pechvogel ist." Er lachte und ich grinste. Plötzlich trafen sich unsere Blicke. Ich sah ihm tief in die Augen, vielleicht etwas zu tief. Jedenfalls sah ich schnell zur Seite und zog mir die Decke über den Kopf, bevor meine Ohren zu glühen begannen. Auch Taehyung hatte seinen Blick abgewandt und sah nun zu Boden. "Wir sollten bald wieder zurück nach Hause gehen. Es ist schon spät und ich habe echt Hunger." Er legte sich demonstrativ die Hand auf den Bauch.

Da kam von meinem Bauch her ein gurgelndes Geräusch. "Ich wohl auch", sagte ich und schmunzelte. Schließlich begann Taehyung wieder zu lachen und ich stieg mit ein.

Auf dem Weg zurück hielt er die ganze Zeit meine Hand.

"Damit du nicht wieder verloren gehst", hatte er gesagt und mir dann zugezwinkert. Natürlich nur deswegen...

When the life is kidding you... ||BTS ff||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt