Lasst die Jagd beginnen!

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Es war kurz vor Morgengrauen. Bewaffnet mit Schwert, Bogen und den Jagdmessern ihres Vaters hockten Eluréd und Elurín im Gebüsch und beobachteten die beiden Hobbits, während sie noch unbeschwert durch das Auenland wanderten.

Der Zauberer hatte sie vor wenigen Augenblicken verlassen, mit der Warnung , auf die Späher des Feindes zu achten. Ja. Lasst die Jagd beginnen...dachte Elurín und richtete seinen Blick wieder auf ihre Schützlinge.Trotz ihrer vermeintlichen  unbeschwertheit konnte er die Unruhe in den Herzen der Halblinge spüren, was dazu führte, dass sie ein relativ schnelles Tempo anschlugen.

Das war den Elben gerade recht. Sie konnten sowieso mühelos mit den Halblingen mithalten. Trotzdem schien es ihnen, als kämen sie viel zu langsam voran.

Der erste Abschnitt der Wanderung verlief vollständig ereignislos. Weder von den Nazgul, noch von anderen Dienern des Feindes war irgendetwas zu spüren. Das einzige, was ihnen Sorgen bereitete waren die Krähen. Sie konnten Späher Saurons sein.

Genauso gut hätten es aber auch gewöhnliche Vögel sein können.

Aber wie dem auch sei, sie zu töten war sowieso unmöglich, ohne die Aufmerksamkeit der Hobbits auf sich zu lenken.

Diese waren ohnehin schon verdammt vorsichtig, mieden die Straße und schlugen den Weg über Felder ein, während kein einziges Wort über den Ring ihre Lippen verließ.

Elurín und sein Bruder schlichen gerade im Schatten von Büschen , die am Rand einer Wiese standen. Sie befanden sich auf gleicher Höhe mit den Hobbits, wenn auch ein gutes Stück weg.

Sie liefen direkt über das flache Land, was es den Brüdern unmöglich machte, näher bei ihnen zu bleiben- es gab keine Möglichkeit sich zu verstecken.

Auch das Gebüsch bot sehr geringen Sichtschutz, jedenfalls am hellichten Tag. In der Nacht hätte es ausgereicht, doch jetzt, mitten am Nachmittag, mussten sie, um unentdeckt zu bleiben, so gebückt laufen, dass sie schon beinah über den Boden robbten.

Doch das Glück war mit ihnen und niemand bemerkte sie.

Nach dieser Frace wurde das Verstecken einfacher, da die Wiese Feldern mit hohen Pflanzenwuchs wich: Getreide und Mais. Beides reichte den Hobbits bis über die Köpfe.

Die Elben mussten zwar weiterhin geduckt gehen, aber verglichen mit vorhin war es jetzt geradezu angenehm.

Elurín lächelte erleichtert. Er liebte das Pirschen durch hohes Gras oder anderem dichten Gewächs, und war darin auch besser als Eluréd, der vor allem das Schleichen durch Wälder beherrschte, oder dann, wenn es um ein besiedeltes Gebiet mit einzelnen Häusern ging.

Den Hobbits zu folgen war selbst hier einfach, da sie einem Pfad folgten- doch keiner bemerkte die Elben die sich niemals- ob sie rasteten oder Wanderten- so weit von ihnen entfernten, dass sie die Hobbits aus den Augen verloren hätten.

Als der Abend hereinbrach und sich Frodo und Sam unter einem Baum ein Lager bereiteten, begannen Elurín und Eluréd, auf einem hohen, alten Baum sitzend, über ihre nächsten Schritte zu beratschlagen. Sie sprachem im Flüsterton alles durch, was ihnen während des Tages an Ideen oder Befürchtungen eingefallen war.

Wegen der Gefahr, entdeckt zu werden, hatten sie während des Tages kaum miteinander gesprochen.

"Es hat keinen Zweck, ihnen beide zu folgen. Wir würden, genauso wie sie, in die Gefahr hineinrennen." Murmelte Elurín, der indes durch eine Lücke im Geäst auf die beiden Hobbits hinabsah, die nur wenige dutzend Meter von ihnen entfernt um ein Feuer saßen.
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"Wir sollten uns aufteilen. Einer bleibt bei ihnen, einer kundschaftet den Weg aus und führt , wenn es sein muss, unsere Feinde in die Irre." Sprach er weiter.

Elurín war eher als sein Bruder dazu bereit, ein Risiko einzugehen, obwohl sie sich, wenn es darauf ankam, für gewöhnlich an Eluréds vorsichtiges vorgehen hielten- was eigentlich nur daran lag, das Eluréd( der Meinung seines Bruders nach) so verdammt stur war.

Auch jetzt hatte er seine Zweifel "Das könnte kein gutes Ende nehmen"

"Aber wenn wir die Nazgul nicht ablenken, sammeln sie sich und greifen die Halblinge an. Das müssen wir verhindern. Denn gegen  vier oder fünf dieser Dämonen können selbst wir ihnen nicht mehr helfen!"
Elurín hasste die Sturheit seines bruders manchmal, wenn sie ihn davon abhielt, ein notwendiges Risiko einzugehen- selbst Andún, ihren Lehrer hatte sie bisweilen halb in den Wahnsinn getrieben.

Aber diese Aufgabe war zu wichtig, um sich nur auf einen Aspekt-nämlich den Ringträger selbst- zu fixieren. FRodo und seinem Gefährten durfte nichts geschehen.

Doch während Elurín der Meinung war, dass man dies am besten bewerkstelligte, wenn man den Weg auskundschaftete, versteifte sich Eluréd darauf, dass sie beide bei den Hobbits bleiben sollten.

Schließlich gab Elurín den Ausschlag
" es ist mir egal was du sagst. Wenn es sein muss gehe ich allein und halte euch dreien den Weg frei!"

Das war schon immer ihr Problem gewesen. Sie brauchten selbst nach all den tausend Jahren von ihren Vorbereitungen am längsten dafür, sich auf einen Plan zu einigen, auch wenn sie sich, nachdem es beschlossen war, beide daran hielten und auch nur im Notfall davon abwichen.

Aber entgegen den Erwartungen seines Bruders gab Eluréd nach den worten Eluríns beinah sofort nach.

"Du hast recht. Aber spätestens an der Fähre  treffen wir uns wieder."
Knurrte Eluréd Schlecht gelaunt.
Elurín atmete auf. Jetzt war es beschlossenen Sache. Nun mussten sie nur noch beschließen, wer was übernehmen sollte.

Doch in dieser Hinsicht war Eluréd eisern. Sie kamen in einen Wald- sein Fachgebiet. Wenn jemand ihren Weg überwachen, und sich, wenn nötig, den Nazgul entgegenstellen  sollte, dann er.

Elurín seufzte. Davon würde er ihn nicht mehr abbringen können. Aber vielleicht war es am besten so. Schließlich stimmte er seinem Bruder zu, dann arbeiteten sie die Feinheiten des Plan aus. Er barg einige wenige Risiken, war aber vergleichsweise sicher:

Elurín würde weitermachen wie bisher, blieb im Schatten der Hobbits, während Eluréd die Nazgul ablenken würde- denn mit jedem verstrichenen Tag wichs die Gefahr, ihnen über den Weg zu laufen.

Sie würden sich kurz vor Morgengrauen trennen, damit Eluréd genügend Vorsprung hatte. Für den Fall, dass er einen der Neun nicht aufhalten konnte, musste sein Bruder die Hobbits beschützen und ihnen helfen.

Ihr Treffpunkt war der Waldsaum vor der Bockenburger Fähre.

Die Nacht Schritt voran. Frodo und Sam schliefen bereits, während die beiden Elben gerade erst etwas aßen.
Keiner der beiden war müde, weshalb sie zusammen über die  Hobbits wachten. Die Zeit verging schleppend.

Es herrschte eine beunruhigende Stille. Die Nacht ging gerade erst in den Tag über, der Himmel war fahl und grau. Die Hobbits schliefen nach wie vor. "Viel Glück Bruder. Sei vorsichtig!" Sagte Elurín zu Eluréd, der gerade seine Waffen nahm und sich anschickte vom Baum zu springen. "Du auch. Und pass auf die Hobbits auf!"war seine Erwiderung bevor er sich abwandte und vom Baum sprang.  Er landete vollständig lautlos, drehte sich noch einmal um und nickte seinem nun verdeckten Bruder zu.

Dann wandte er sich dem Wald zu und rannte los.

Elurín nickte voll Sorge zurück und sah zu den Hobbits. Schließlich ging es um sie.

Die Wächter der 9 GefährtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt