Schatten im goldenen Wald

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Elurín

Gandalfs Tod hatte die Gemeinschaft schwer getroffen. Sie hatten kurz vor dem Ausgang von Moria verweilt, doch Aragorn trieb sie zur Eile an. Wenn sie Lothlorien nicht vor Sonnenuntergang erreichten, wären sie leichte Beute für die Orks.

Elurín kniete im Gras, nicht weit entfernt von der Gemeinschaft, aber auch nicht weit weg von Eluréd. Die beiden hatten sich getrennt, um mögliche Angriffe schnell zu bemerken. Denn trotz ihrer Scheu vor dem Licht und ihrer daraus folgenden Schwäche, waren die Orks für die angeschlagene Gemeinschaft dennoch ein Gegener, der zu besiegen nicht unmöglich war.

Sie entfernten sich rasch aus dem Schatten Morias, hintereinander folgten die Gefährten Aragorn, der sie sicher auf den großen Wald vor ihnen zuführte.

Als die Gefährten den Waldsaum schließlich erreicht hatten und in den Bäumen verschwanden, blieb Elurín, gelehnt an den großen Stamm eines alten Baumes, stehen und wartete auf seinen Bruder, der keine zwei Minuten später unvermittelt neben ihm auftauchte.

Elurín sah ihn an. Auch Eluréd  war der Schrecken von Gandalfs Tod noch ins Gesicht geschrieben, doch man sah auch die eiserne Entschlossenheit, die Elurín von ihm kannte.

Morethir, der sich geweigert hatte, Moria zu betreten und erst vor kurzem wieder zu ihnen gestoßen war, hatte seinen Stammplatz auf Eluréds Schulter wieder eingenommen und musterte ihn ebenfalls aus seinen klugen, schwarzen Augen.

"In Lothlorien werden sie sicher sein. So sicher wie man heutzutage nur irgendwie sein kann." Sagte Eluréd und blickte in den Wald hinein. Selbst hier, an seinem Rand, strahlte er eine uralte Macht aus. Wenn diese Macht die Orks nicht aufhalten konnte, konnte es nichts und niemand.

Elurín trat an seine Seite:" Du hast recht. Aber wir? Lothlorien ist nur so sicher, weil es ununterbrochen bewacht wird. Und weil Galadriels Macht diesen Wald schützt. Für jemanden, der ungesehen bleiben will, keine sonderlich guten Bedingungen. Vielleicht sollten wir den Wald umgehen und am Anduin auf sie warten- das ist der wahrscheinlichste  Weg, den sie gehen werden."

Eluréd lehnte sich schwer an einen Baum und Morethir, über den plötzlichen Positionswechsel empört, stieß ein heiseres Krächzen aus.

"Weißt du, Elurín,"  begann sein Bruder leise," In vielerlei Hinsicht gebe ich dir recht. Aber glaubst du nicht, dass wir sie aus den Augen verlieren würden? Außerdem wimmelt es in der Nähe der Emyn Muil nur so von Orks, und wer weiß, wie lang die Gefährten in Lothlorien bleiben. Und wir haben  noch ein anderes Problem."

Elurín, der ihm bisher missmutig zugehört hatte, sah überrascht zu ihm auf.Was war denn jetzt schon wieder?
"Und das wäre?"
Eluréd seufzte und klopfte auf das leichte Bündel, das er, genauso wie Elurín, bei sich trug. "Uns gehen langsam die Vorräte aus."

Der Elb musste sich zusammenreißen, damit ihm die Kinnlade nicht herunterfiel. Das kann doch nicht wahr sein! Sie hatte sich das Essen doch streng aufgeteilt, damit genau so etwas nicht geschah.

Aber trotz der Rationen, die wirklich karg gewesen waren, hatte es für eine so lange Reise wohl doch nicht gerreicht. Jetzt schienen sie keine Wahl mehr zu haben.

"Naja". Sagte er achselzuckend "Jetzt müssen wir wohl rein. Und ich glaube, ich hab eine Idee."
Eluréd zog die Augenbraue in die Höhe. "Und die wäre?"

Elurín zeigte auf die Baumriesen vor ihnen." Wir benutzen die Bäume. Die Gemeinschaft dürfte mittlerweile einer Wache in die Arme gelaufen sein. Wir könnten uns an ihre Fersen heften und ihnen ungesehen in den Baumwipfeln folgen."

Sein Bruder nickte. Der grauäugige Elb blickte Elurín an, dann sagte er:"Das könnte funktionieren. Doch das Risiko, dass wir entdeckt werden, ist immer noch sehr hoch. Wir sollten uns aufteilen. Allein sind wir leiser. Und wenn wir an dem Punkt angelangt sind, an dem wir nicht mehr weiterkönnen,  sende ich dir Morehtir. Der wird dich finden."

Die Wächter der 9 GefährtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt