Die Ruhe vor dem Sturm

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"Du stehst starr wie ein Stock! Beinarbeit!",
Rief Eluréd und schlug nach dem Hobbit. Pippin ächzte, befolgte aber seinen Rat und wich zur Seite aus. Als er jedoch zum Gegenschlag ausholte, senkte er unwillkürlich seine Verteidigung und machte es Eluréd möglich, ihm das Schwert an die Brust zu setzen.

Pippin erstarrte, als er sich der Klinge gegenüber sah und ließ seine eigene Waffe sinken. Eluréd senkte sein Schwert ebenfalls und nickte.
"Nicht schlecht. Du wirst besser."
Der Hobbit seufzte und zuckte die Achseln.
"Wenn du das sagst."

Eluréd lächelte sanft.
Heute morgen war Pippin plötzlich zu ihm gekommen und hatte ihn gebeten, mit ihm den Schwertkampf zu üben. Der Elb hatte nach kurzem Zögern zugestimmt und nun bereitete er Pippin so gut er konnte auf die bevorstehende Schlacht vor.

Sie trugen beide ihre Rüstung, damit sich der Hobbit an das Gewicht gewöhnte. Als Übungsraum benutzten sie einfach den Hauptraum ihres Hauses, nachdem Eluréd den Tisch an die Wand geschoben hatte.
Außerdem hatten sie beschlossen, dass es an der Zeit war, die Förmlichkeiten zwischen ihnen fallen zu lassen.

Eluréd hob das Schwert wieder und bedeutete Pippin, es ihm gleichzutun.
"Wir schaffen das doch nie."
Murmelte der Hobbit plötzlich leise, als auch er wieder Kampfhaltung annahm.

Der Elb seufzte und trat einen Schritt nach vorn. Dann ging er vor dem Hobbit in die Hocke und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Dessen Arme hingen mittlerweile mutlos herab und zeigten endlich die Verzweiflung, die Eluréd schon den ganzen Tag an ihm bemerkt hatte.

"Du unterschätzt dich, Pippin. Ja, es stimmt, Orks sind größer und stärker als du und du hast kaum Ausbildung. Aber du bist viel schneller. Verstehst du? Du kannst sie besiegen."
Pippin hob den Kopf und sah Eluréd in die Augen. In seinem Blick stand solche Mutlosigkeit...

"Das meinte ich nicht, Lûmdir."
Erwiderte der Hobbit leise.
"Aber ich habe Faramir reden hören. Ich habe gehört, was er beschrieben hat. Was auf uns zukommt. Selbst ich habe mittlerweile begriffen, dass wir das niemals überstehen werden."

Eluréd seufzte.
Der Hobbit hatte recht.
Wenn die Rohirrim nicht rechtzeitig kämen, dann wären sie verloren.
Er wusste das durchaus.
Er wusste, dass diese Schlacht ihre letzte sein konnte.
Aber er kannte diese Angst und auch, wie man damit umzugehen hatte.

"Pippin,"
Begann er langsam und eindringlich.
"Ich weiß, wie du dich fühlst, glaub mir, ich weiß es wirklich. Aber du darfst jetzt nicht den Mut verlieren, ja? Es ist noch nichts verloren. Hörst du? Noch nichts."
Der Hobbit nickte kaum merklich. Aber das änderte nichts an dem Ausdruck in seinen Augen.
"Ich weiß...Aber ich habe das Gefühl, als sei alles, wofür wir kämpfen vergebens. Als sei alle Hoffnung vergebens."

Seufzend stand Eluréd auf und legte gedankenverloren eine Hand auf sein Schwert.
Und als er das tat fiel ihm plötzlich Andún wieder ein, die Worte, die er vor so langer Zeit zu ihm und Elurín gesagt hatte. Er wandte sich wieder Pippin zu und erwiderte leise:

"Ein alter Freund sagte einmal zu mir:
Solange es auch nur einen Narren gibt, der für das Gute kämpft und aufrecht steht, solange wird es Hoffnung geben.
Diese Hoffnung ist niemals vergebens. Genauso wenig wie unser Kampf. Und der Ausgang dieser Schlacht hat darauf keinen Einfluss."

Pippin hob den Kopf.
"Wie kannst du das wissen? Wie kannst du nur so zuversichtlich sein?"

"Weil ich, Peregrin Tuk," erwiderte Eluréd, "Schon viele Schlachten erlebt habe, die ähnlich waren wie diese hier sein wird. Und egal, wie schlimm sie auch ausgingen, unserem Feind war es nie möglich, uns gänzlich zu vernichten. Warum sollte es jetzt anders sein?"

Die Wächter der 9 GefährtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt