sixty six (the end)

451 22 46
                                    

Hastig klopfe ich gegen die Fensterscheibe, doch nichts passiert. Wieder klopfe ich gegen die Fensterscheibe, wieder nichts. Ich werde panisch und schlage dagegen. Endlich steht er vor mir und macht das Fenster auf. Sofort steige ich rein und schaue ihn mir an. Geschockt streiche ich ihm über das Gesicht.

"Josh...", flüster ich und in meinen Augen sammeln sich Tränen. Ich lehne meine Stirn an seine und lege meine Arme um seine Hüfte.

"Es tut mir so leid..."

"Tyler...entschuldige dich nicht. Es ist alles gut...", murmelt er und ich kralle mich an ihm. Ein Schluchzen kann ich mir nicht mehr verkneifen.

"Nichts ist gut. Nichts!", weine ich und er hebt mein Kinn. Seine Augen haben einen Schleier. Sie strahlen nicht mehr.

"Was hat er mit dir gemacht?! Du musst hier weg Josh!" Ich versuche ihn zum Fenster zu ziehen doch er bleibt stehen.

"Josh..bitte komm mit", flehe ich doch er bleibt nur stehen. Ich fange an zu weinen.

"Josh bitte gib nicht auf"

"Ich hab mit meinem Buch abgeschlossen", sagt er und ich kralle mich wieder an ihn.

"Nein Josh! Du hast noch nicht abgeschlossen! Nein! Nein! Nein!", schreie ich ihn an. Josh legt sein Kinn auf meinen Kopf und ich weine. Ich klopfe gegen seine Brust.

"Du hast noch nicht! Du. Hast. Noch. Nicht."

"Tyler...bitte beruhige dich. Es geht nicht mehr. Es ist zu spät. Mein Buch macht keinen Sinn mehr. Es ist schrecklich. Niemand will es lesen"

"Doch Josh! Ich will es lesen! Ich will alles lesen und ich will nicht dass es so endet! Ich will weiterlesen!", weine ich wieder und er seufzt.

"Nein Tyler...bitte...Ich kann es dir nicht antun" Wieder fange ich an heftig zu weinen. Er streichelt mir über die Wange.

Um uns herum - Stille.

Stunden vergehen, wie damals. Mein Herz brennt. Es schreit. Es weint. Mein Kopf liegt an Joshs Brust.

"Tyler...", bricht Josh das Schweigen. "Ich liebe dich..."

"Ich dich auch Josh...mehr als alles andere auf der Welt..." Vorsichtig streichelt er mir über meinen Kopf und küsst mich auf die Stirn. Ich hebe meinen Kopf und er legt seine Hand auf meine Wange. Vorsichtig legt er seine Lippen auf meine. Tränen fließen wieder über meine Wange. Josh streicht sie mit seinem Daumen weg und küsst mich wieder. Dieses Gefühl in diesem Kuss ist so viel mehr als wie jemals hatten. Es könnte unser letzter Kuss sein. Trauer und Schmerz sind eines in diesem Gefühl doch Geborgenheit auch. Wir lösen uns wieder und schauen uns an.

"Josh...ich lass dich hier nicht allein. Niemals. Wenn du nicht gehst, dann bleib ich bei dir...", sage ich und er schaut mich an.

"Er würde uns beide töten...", flüstert Josh und ich greife nach seiner Hand.

"Besser als ohne dich, Josh"

"Tyler...", flüstert der Junge mit den verbleichten roten Haaren, die einst ihm Schnee so kräftig waren, dass ich dachte es wäre Blut und umarmt mich wieder.

"Wer ist da?!", brüllt eine Stimme und ich schrecke auf.

"Fuck Tyler! Hau ab! Schnell!", schreit mich Josh an und dich bleibestehen.
"Tyler!"

Aus Angst klettere ich sofort aus dem Zimmer und er schließt es. Ein letztes Mal schauen wir uns in die Augen. Diesen Gesichtsaudruck werde ich nie mehr vergessen. Er ist erschrocken, ängstlich und tot. Schnell renne ich zu meinem Auto und starte es. Es hat ein paar  Schwierigkeiten und das Radio funktioniert nicht. Ich schlage drauf doch es funktioniert noch immer nicht. Schnell fahre ich los. Meine Gedanken sind außer Kontrolle. Vor mir sehe ich nur mehr Josh und diesen Gesichtausdruck und hinter ihm ein Mann mit einer Kette.

"Fuck!", schreie ich doch es ist zu spät.

Pov Josh

"Wer war das!", schreit Er mich an und ich bleibe wie erstarrt stehen. Er zuckt die Kette und sie schnallt auf meinem Arm. Sofort schreie ich auf. Wieder schlägt er zu.
"Zieh den Pullover aus!"

Er schnallt die Eisenkette, auf meine wunden und rot-blauen Flecken. Immer wieder. Die ganze Zeit. Er schreit immer weiter mit mir. Ich höre ihn schon gar nicht mehr. Plötzlich verspüre ich in mir einen noch tieferen Schmerz. Immer wieder schlägt er zu. Alles brennt.

Ich liege nun zwei Stunden nachdem Tyler das Haus verlassen hat in meinem Zimmer und starre an die Decke. Dieser plötzliche Schmerz den ich bekommen hatte ist noch da. Er ist tiefer als der den Er mir zugefügt hat. Er ist vergleichbar mit dem von Mum und ich werde panisch. Mein Herzschlag wird schneller. Mein Blut gefriert. Meine Hände werden kalt. Ein Schauer zieht über meinen Rücken. Sofort stehe ich auf, reiße die Zimmertür auf und renne die Treppen runter. Er brüllt mich an, was das soll, doch ich renne aus dem Haus. So schnell es geht renne ich zu Tyler. Vorbei an dem Wald, vorbei an dem Park, in dem ich mir das Leben nehmen wollte, weil ich dort immer mit Mum war und ich mich dort bei ihr so nah fühle. Diese halbe Stunde die ich zu ihm renne fühlen sich an wie Stunden, da ich kein Zeitgefühl mehr habe. Es scheint als würden die Uhren schweigen und die Zeit scheint zu erliegen. Alles hier ist so still. Es ist so verdammt still. Meine Beine werden schwach doch ich renne immer weiter bis ich an Tylers Haus ankomme. Dort stehen vier Autos und ein Polizeiauto. Schnell renne ich zur Tür und schlage dagegen.

Ein Mann mit weißen Turnschuhen und einem grauen Pullover öffnet sie. Sein Gesichtsausdruck - wie gefroren und leer. Dieses Stechen in meinem Herzen hört nicht auf. Das kleine Mädchen, das einst so glücklich war, weint und die Brüder die einst so laut waren und stritten, schweigen. Alles hier ist so still.

"Was ist passiert...?", frage ich und in mir steigt der Adrenalin ich habe Angst. Ich habe so verdammt große Angst. Alles hier ist so still.

"Autounfall", antwortet der Mann nur wie erstarrt und das Mädchen vergräbt ihren Kopf in den Rücken des Vaters. Alles hier ist so still.

"Und Tyler...?", bekomme ich gerade so heraus. Die Augen des Mannes füllen sich mit Tränen und in mir ein Schmerz den ich nie vergessen werde, genau so wenig wie den Gesichtsausdruck des Vaters. Alles hier ist so still.

"Tot"

- Stille

I'm so sorry...

Silence || JoshlerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt