38 | Soley

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           - Perspektive: Violet -
Auch, wenn wir alle zusammen auf einer Lichtung wohnten, die doch kleiner ist als sie scheint, hatte ich Newt noch nie Oberkörperfrei gesehen.
Ja, ich hatte ihn mir schon so vorgestellt und die Realität schweifte nicht wirklich stark von meinen Fantasien ab, nur die Narben und blauen Flecke kamen dazu.
Vorsichtig berührte ich ein paar der dicken, älteren Narben indem ich über sie strich.
Newt's Oberkörper sah schrecklich aus.
Schrecklich, nicht im Sinne von hässlich sondern schrecklich, im Sinne von grausam, grausam traurig, dass es richtig schmerzte es anzusehen..
Diese Narben kamen nicht von der Feldarbeit, nicht nur..., das wusste ich..
Ich mag nun theatralisch wirken, doch es trieb mir beinahe Tränen in die Augen.
„Nicht gerade anturnend, ich weiß.", scherzte Newt, doch ich war gerade nicht im Stande über derartige  Witze zu lachen.
„Was hat man dir nur angetan...?", fragte ich zitternd mit bebender Stimme und versuchte meine Emotionen bloß annähernd zu kontrollieren.
Während ich dies fragte, strich ich vorsichtig über seine ganze Brust.
Wenn man meinen Freund kennenlernte, würde man sowas nie und nimmer von ihm erwarten.
Zumindest hatte ich das nicht, als ich hier ankam.
So sehr ich es versuchte, so stark ich auch auf meine Unterlippe biss, die Tränen lösten sich bereits aus meinem Augenwinkel, wurden jedoch von Newt gestoppt, der diese sanft wegwischte.
„Hey.. Vi.. es ist alles gut, es ist vorbei, wie du gesagt hast...", flüsterte der Blonde besorgt und sah mir in die Augen.
„Entschuldige.. , ich weiß einfach nur, dass du dir das angetan hast, Newt und .. es tut einfach weh..., die Vorstellung von dir..-"
Meine Stimme brach mitten im Satz ab und ich schluckte daraufhin erstmal.
„Bitte, es ist okay...
Ich bin okay, mehr als das, dank dir.",flüsterte Newt vorsichtig und strich mir über die Wange.
„Ich kann nicht begreifen, was für ein Glück ich habe.
Ich kann nicht glauben, dass das hier alles echt ist, dass wir zusammen sind, richtig zusammen..", ergänzte er liebevoll und drückte mir einen Kuss auf die Stirn.
Newt zog sich einen weißen Pullover an und wir setzten uns anschließend gemeinsam, gegenüber auf mein Bett.
„Auch wenn es erst ein Tag ist, es fühlt sich länger an..", meinte Newt nach einer Weile lächelnd und strich mir über die Wange.
„Weil wir uns schon vorher so nah waren.",sagte ich daraufhin sofort und grinste wieder leicht.
„Ich liebe dich Violet.", sagte Newt nun etwas ernster aber lächelte dabei stets.
„Ich habe es schon, seit du hier angekommen bist.
Und ich kann mich nicht genug dafür entschuldigen, was ich dir mit Madison angetan habe."
Ich schüttelte sofort den Kopf und legte dem Blonden meine Hände auf die Wangen.
„Können wir nicht.. einfach bitte die Vergangenheit hinter uns lassen?
Einfach im Jetzt leben?"
Newt nickte lächelnd, beugte sich dann endlich vor um mich sanft zu küssen.
Wir redeten den ganzen Abend lang, auch noch, als wir auf unseren Liegen lagen, die wir aneinander geschoben hatten.
Es schien mir unmöglich, sich derart lange zu unterhalten, doch wir fanden immer wieder ein neues Thema bis ich irgendwann, mitten in der Nacht keine Antwort mehr bekam.
Newt war eingeschlafen, seine Augen waren geschlossen, er atmete ruhig und er sah dabei absolut friedlich und süß aus.
„Gute Nacht.", flüsterte ich lächelnd, ehe ich meinem Freund sanft die Decke über die Schultern zog und ihm anschließend einen Kuss auf die Wange drückte, um mich danach selbst zuzudecken und langsam einzuschlafen.
- Traum -
„Wusstest du, was Dad tut?!", fragte ich meine Schwester sauer, die verzweifelt versuchte mich zu beruhigen.
„Nein, Vio, das wusste ich nicht.", meinte die dunkelblond-haarige ruhig und sah mir eindringlich in die Augen.
Ihre Halskette, dessen Anhänger die Form eines Halbmondes trug, blitzte mir währenddessen golden entgegen.
„Wir müssen was unternehmen, bitte!"
„Was können wir unternehmen, Violet?
Nichts!
Wenn wir uns gegen die Leute auflehnen, dann geschieht mit uns dasselbe, wie mit den anderen Kindern!", beteuerte sie und packte mich beherzt an den Schultern.
„Wie kannst du so egoistisch sein?", rief ich entsetzt und riss mich von meiner Schwester.
„Was ist daran egoistisch?
Violet, ich finde es genauso falsch, wie du, aber wir können nichts machen!", meinte die Blonde traurig und sah zu Boden.
„Ich kann sie rausführen, wir beide können das, das weißt du!
Wir wissen wie!".
Im nächsten Moment befand ich mich plötzlich im Labyrinth.
Gott, ich hatte gehofft, ich müsse nie wieder an diesen Ort zurück.
Doch im Gegensatz zu Thomas, stand nun meine Schwester neben mir.
„Das ist alles deine Schuld!", brüllte sie wütend, als wir, wie aus dem Nichts , einen riesigen Griewer vor uns erblickten.
Wir schrieen beinahe synchron auf und rammten los, doch der Griewer war schneller.
Er packte meine Schwester mit seinem gewaltigen, metallischen Skorpionsschwanz und riss sie hoch in die Luft.
„NEEEEEEEEEEIN!", kreischte ich und sah zu, wie der Griewer meine Schwester durch die Luft wirbelte.
„DAS IST ALLES DEINE SCHULD!
DEINE SCHULD!", wiederholte sie dabei immer wieder.
„SOLEY!
NEIN! NEIN NEIN NEIN!", brüllte ich.
Traum Ende
„NEIN NEIN NEEEEEEIN! BITTE BITTE!", kreischte ich und trat um mich, bis ich plötzlich eine andere stimme wahrnahm.
Nein, bitte nicht auch noch Newt, bitte!
„NEIN! NEWT!! NEEEIN BITTE NEWT, BITTE!", kreischte ich verzweifelt.
Alles um mich rum war schwarz, ich hörte nur seine Stimme, die andauernd meinen Namen rief.
„NEWT?! WO BIST DU?", schrie ich verzweifelt und versuchte irgendwas zu sehen, was mir misslang.
„Ich bin hier, Schatz, ich bin doch hier, öffne die Augen!", rief seine Stimme und schlagartig schlug ich die Augen auf, um mich in der Hütte wiederzufinden.
Das Erste was ich sah, war Newt's Gesicht, das sich direkt über meinem befand und mich besorgt ansah.
Als ich mich langsam aufgesetzt hatte, erblickte ich auch Bratpfanne, Thomas, Teresa und Minho, die mich mit dem selben Gesichtsausdruck ansahen wie Newt, der sich nun direkt neben mir befand.
„Entschuldigt bitte...", murmelte ich und hielt die Tränen noch zurück.
Meine Freunde drückten mich kurz und legten sich dann wieder einzeln in ihre Betten.
Nach wenigen Sekunden dann,
blickte ich Newt eine Weile lang an, ehe ich plötzlich in Tränen ausbrach und er mich schnell in den Arm nahm.
Zu zweit legten wir uns dann auf seine Liege und kuschelte uns dicht aneinander, während ich weiter in seine Brust weinte.
„Was hast du geträumt?", fragte Newt vorsichtig und strich mir sanft über den Rücken, doch ich war noch völlig paralysiert und traumatisierte von dem Albtraum.
„Vi, was hast du gesehen?", fragte er nun ernster und drehte mein Gesicht zu ihm hinüber.
„Wollen wir sonst raus gehen?
Es hat aufgehört zu Regnen, wir können draußen reden..", schlug Newt, nun wieder sanfter, vor, woraufhin ich nickte und wir beide rausgingen.
Newt und ich stellten uns ein wenig entfernt von der Hütte gegenüber und ich begann zu erzählen.
„Da war dieses Mädchen.. ein Mädchen mit dunkelblondem Haar.., irgendwoher wusste ich, dass sie meine Schwester war, obwohl mir ihr Gesicht fremd vorkam.
Wir redeten wirres Zeug, was ich nicht verstand, ich sagte ihr dass wir etwas unternehmen müssten, wegen einer Sache die unser Vater tat.
Sie meinte, dass wir nichts tun könnten..
Dann war alles wie in meinen anderen Albträumen, ich befand mich plötzlich an einem ganz anderen Ort, wie als würde ich teleportiert.
Ich war im Labyrinth, meine Schwester war bei mir..
Ein Griewer ergriff sie und während ich zusehen musste, wie dieser sie grausam durch die Luft schleuderte, schrie sie, dass alles meine Schuld gewesen sein.
Als du versucht hast mich zu wecken, dachte ich der Griewer hätte auch dich gefasst...", erzählte ich leise und starrte dabei die ganze Zeit auf meine Füße, ehe ich dann am Ende des Satzes immer leiser wurde.
Newt hörte mir die ganze Zeit über aufmerksam zu und hielt meine Hand sanft.
„Ich weiß, jedes Mal, nachdem du mir von deinen Träumen erzählst, sage ich dir dasselbe; nämlich, dass es nunmal nur ein Traum war.. doch.. es ist merkwürdig, findest du nicht?
Vor allem nach dem Brief, alles macht irgendwie mehr Sinn..
Du siehst Dinge, Dinge die andere nicht sehen können... du hast mit deinem ersten Traum sowas wie die Zukunft voraus gesagt.
Weißt du noch, das mit dem Griewer in deinem ersten Traum, dessen Aussehen du zu dem Zeitpunkt gar nicht hättest kennen können?
Was, wenn deine Träume Erinnerungen sind?
Erinnerungen die nur kommen, wenn du schläfst?", philosophierte Newt nachdenklich und schaute mir dabei tief in die Augen.
„Newt, wenn diese Träume tatsächlich reale Erinnerungen sind, dann haben Madison und Gally mit ihren Gerüchten Recht, dann habe ich tatsächlich etwas mit dem Ganzen hier zutun, zumindest mein Vater.", murmelte ich ängstlich darüber; dass er tatsächlich Recht haben könnte.
Doch dann kam mir plötzlich eine Idee:
„Newt!
Wenn du Recht hast... Gott, wenn du Recht hast, dann kann ich uns vielleicht hier rausführen..!", rief ich und sah meinen Freund hoffnungsvoll an, der im Gegensatz dazu nur verwirrt dreinschaute.
„In meinem Traum... oder meiner Erinnerung, was auch immer, sagte ich zu meiner Schwester dass wir euch rausführen können, dass wir wissen wie das geht!"
Newt's Blick hellte sich auf und er blickte mich überrascht, wie erfreut an und drückte meine Hand etwas fester.
„Es ist ein Puzzle.. ich muss mehr träumen Newt.
Wir kommen hier raus!", erfreut und voller Hoffnung warf ich mich in die Arme meines lächelnden Freundes, obwohl wir nichtmal wirklich wussten, ob alles stimmte, was wir da so wild vermuteten.
„Vi? Das ist unglaublich! Also wirklich, wirklich unglaublich.", flüsterte er grinsend in mein Ohr und küsste meine Wange lächelnd ab.
„Und weißt du was wir ziemlich sicher wissen?"
Ich schüttelte den Kopf.
„Von wem die Nachricht aus der Box ist, sie war mit einem S unterzeichnet.
Du hast den Namen deiner Schwester gebrüllt, während du geträumt hast.
Es war Soley, Vi."
Ich dachte einen Moment lang darüber nach und als es mir logisch erschien, nickte ich grinsend.
„Aber... ob du nun träumst oder nicht, wir sollten schlafen gehen.", schlug Newt leicht lächelnd vor, woraufhin ich, ebenfalls lächelnd nickte und gemeinsam mit ihm zur Hütte zurück schlenderte.

Violet - The Maze RunnerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt