[13] ༊*·˚ Schmerzliche Erinnerungen

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Newt

Wir hatten uns geküsst.

Das war das Einzige, was mir derzeit durch den Kopf ging.
Ich hatte meine Augen nach wie vor geschlossen als Violet plötzlich aufsprang und davonlief.

Erschrocken sah ich ihr nach, jedoch ohne jegliche Anstalten ihr nachzulaufen.
Waren wir uns jetzt nähergekommen oder hatte dieser Kuss uns weitere Lichtjahre voneinander entfernt?
Mir schwor der Kopf vor lauter Fragen, Gedanken und Gefühlen und ihr ging es gerade sicherlich nicht anders.

Langsam setzte ich mich auf den Baumstamm, auf dem vor wenigsten Minuten noch Violet saß und kniff kurz meine Augen zusammen.
Ich versuchte mich zu konzentrieren, alles in meinem Kopf wieder halbwegs zu ordnen.
Ohne jeglichen Erfolg.

Ich blieb bestimmt noch eine Stunde lang auf dem Baum sitzen und starrte einfach in die Dunkelheit, während ich mich ständig dasselbe fragte;
Was passiert jetzt?
Hasst sie mich nun dafür?

Irgendwann fand ich schließlich den Weg zur Schlafhütte, doch als das geschah war schon Ruhe auf der Lichtung eingekehrt.
Leise hörte man das Schnarchen einiger Jungs.
Ich vernahm das Verschieben der Mauern des Labyrinthes gemischt mit dem Geschrei einiger Griewer.
Zu Anfang hatte mir genau dieser Ton den Schlaf geraubt, doch nun mit dem Vertrauen darin, dass sie niemals durch die Mauern kommen würden, hatte ich mich daran gewöhnt.

Leise schlich ich mich in die Schlafhütte, in die Richtung meines Bettes.
Auf dem Weg sah ich mich immer wieder links und rechts um.
Ich erblickte Thomas, wie er mit offenem Mund, sabbernd, auf dem Bauch lag.
Ich sah Bratpfanne, wie dieser, mal wieder, aus seinem Bett auf den Boden gefallen war, aber dennoch tief und fest schlief.
Genauso fest wie Minho und Teresa.
Davon konnte ich nicht mal träumen, nicht in dieser Nacht, nicht, nach dem was passiert war.

So langsam wie möglich ließ ich mich auf meinem Bett nieder.
Das bekannte Quietschen der Äste, aus denen das Bett gebaut war, war deswegen nun leiser als sonst.

Vorsichtig wagte ich es zu Violet hinüber zu sehen.
Sie lag mit dem Rücken zu mir und schien genauso tief zu schlafen wie alle anderen.
Sie hatte sich zusammengerollt und ihre Haare verdeckten ihr wunderschönes Gesicht.
Vorsichtig beugte ich mich zu ihr herüber und zog ihre Decke, die nur noch auf Höhe ihrer Hüften lag, bis über ihre Schultern.
Anschließend strich ich ihr die paar Strähnen aus dem Gesicht und sah sie eine Weile an.
Ihre Augen waren zusammengekniffen und sie zitterte ein wenig.

Ob sie wieder Albträume hat?

Vorsichtig strich ich über ihren Arm, ohne jedoch sie dabei wecken zu wollen.
Tatsächlich wurde sie nach einigen Minuten ein wenig ruhiger, sodass ihre Augen nur noch locker geschlossen waren.
Sie atmete ruhiger, lag ruhiger und sah total friedlich aus.

Du starrst sie an, schon wieder.

Schnell schüttelte ich den Kopf und legte mich leise auf den Rücken.
Nachdenklich starrte ich die Decke an und war mittlerweile tatsächlich verzweifelt.
Verschiedenste Gefühle durchfluteten mich.
Zum einen wäre da das immer noch anhaltende Glücksgefühl, welches durch den Kuss entstanden war.
Und zum anderen wäre da die unglaublich große Angst vor dem morgigen Tag.
Oder eigentlich jedem anderen zukünftigen Tag, an dem sie mich auf diesen Kuss ansprechen und mir berichten würde, dass sie mich nun hasste.

Ich wusste nicht, ob ich das ertragen oder wieder zusammenbrechen würde.
Es lief mir jedes Mal kalt den Rücken herunter, als ich an all das dachte was damals passiert ist.
Deshalb tat ich es auch in der Regel nicht.
Doch ausgerechnet jetzt überkamen mich die Erinnerungen.
Wie ein Schwarm Bienen schwirrten sie unkontrolliert in meinem Kopf herum.
Die Bilder, die Gefühle, der Schmerz, alles kam auf einmal wieder hoch,was dazu führte, dass ich kurz die Augen zukniff und in eine Schnappatmung verfiel. Eine Panikattacke.

Schnell fuhr ich mir durch die Haare und erinnerte mich an die Verzweiflung, die mich damals beinahe getötet hatte.
Violet hatte mich das alles gewissermaßen vergessen lassen, doch jetzt, wo ich dabei war sie zu verlieren kamen die Erinnerungen zurück.

Ich schaffte es, wie ich es schon vermutet hatte, nicht einzuschlafen und lag die ganze Nacht wach.
Dementsprechend war ich auch der erste, der sich morgens am See frisch machte.
Es war nicht mal richtig hell, sodass ich auf dem Weg zum Wald ein paar Mal über irgendwelche herumliegenden Dinge stolperte und beinahe hinfiel.
Kurze Zeit später hatte ich den ruhigen, klaren Waldsee endlich erreicht.

Total übermüdet spritzte ich mir das eiskalte Wasser ins Gesicht und zog mir anschließend das Shirt über den Kopf.
Vorsichtig blickte ich an mir herab und strich langsam über die Narben und blauen Flecke, die meinen Brustkorb und meinen Bauch zierten.
Manche von den Narben waren durch die Feldarbeit entstanden, manche durch...andere Dinge.
Ich schüttelte schnell alle negativen Gedanken ab und begann meinen Oberkörper zu waschen.

„Was machst du denn hier, du Strunk?"
Blitzschnell wirbelte ich herum und erblickte Tommy, der mit verschränkten Armen am Seeufer stand und frech grinste.
„Bin früh aufgestanden.", log ich und verließ anschließend das Wasser um mich abzutrocknen und schließlich wieder anzuziehen.
Thomas ließ das alles einfach so im Raum stehen und machte sich anschließend ebenfalls fertig.

Nach und nach kamen die anderen Läufer dazu.
Sie waren meist die Ersten die aufstanden, um so früh wie möglich ins Labyrinth zu kommen.

Ruhig lief ich zurück auf die Wiese und ließ mich auf einem Stein nieder, um auf die Läufer zu warten.
Als diese dann fertig waren, verabschiedete ich sie an der Mauer und sah zu wie jeder von ihnen langsam aus meiner Sicht verschwand.
Nun ja, mit Ausnahme von Minho, da dieser ja bei uns bleiben musste um seine Strafe auszuführen.

Ich bemerkte wie immer mehr der anderen Lichter wach wurden und sich langsam zum See begaben, wiederkamen und mit ihrer Arbeit begannen.
Violet hatte ich noch nicht gesehen. Ob ich das jetzt gut fand oder nicht wusste ich selbst nicht.

Nach einer Weile kam auch Minho zu mir, ehe wir dann gemeinsam zu Bratpfanne gingen, der uns unsere Aufgaben nannte.
Wir erledigten diese so schnell wie konnten, ohne auch nur ein Wort zu wechseln.
Minho sah mich nicht mal richtig an.

Hatte Violet ihm alles erzählt?

Ich blickte andauernd zu dem Schwarzhaarigen hinüber, doch er sah die ganze Zeit zu Boden.

Er weiß sicherlich Bescheid.

Ich schluckte bekümmert und beendete meine Arbeit um danach so schnell wie möglich aus der Küche zu verschwinden.
Ich würde es nicht ertragen beide zu verlieren.
Minho wäre stinksauer auf mich wenn er erfährt, dass ich Violet geküsst habe.
Oder vielleicht war er es gerade auch, falls er es schon wusste.

Seufzend vergrub ich meine Hand in meinen Haaren und blickte mich um, ohne eine Ahnung zu haben, was ich jetzt machen sollte oder wohin ich gehen sollte.
Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als ich einen lauten Schrei vernahm.
Erschrocken blickte ich zum Eingang des Labyrinthes, von wo dieser gekommen war.

Violet - The Maze RunnerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt