Zwei

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Dilay.
"Dilruba, wollen Sie diese Frage beantworten?", fragte unser Physiklehrer meine Schwester. Ich sah, wie meine Schwester schluckte und dann mit dem Kopf verneinend schüttelte. Natürlich wollte sie diese Frage nicht beantworten, das Thema war neu und wir hatten alle keine Ahnung davon.
"Arbeitsverweigerung also. Sie wissen, dass das mit einer 6 benotet werden kann. Also wollen Sie mir eine Antwort geben?" Ich sah, wie sich Dilrubas Augen füllten.
"Sie können keine Fragen stellen, wenn wir das Thema noch nicht behandelt haben", schritt ich ein und merkte aus den Augenwinkel, wie Zeynel seine Hände zu Fäusten zusammengeballt hatte.
"Ich entscheide hier über die Fragen." "Gut, dann lassen Sie uns das doch vor dem Rektor klären. Wie wäre es?", fragte ich unschuldig lächelnd, worauf ich merkte, wie er wütend wurde. Kurz schloss er seine Augen, öffnete sie, drehte sich zur Tafel und fing an etwas niederzuschreiben.
"Bastard", hörte ich Zeynel leise zischen und drehte meine Blicke zu meiner Zwillingsschwester, die vor sich hinstarrte. Doch sie musste meinen Blick bemerkt haben, weswegen sie ihren Kopf hob und in meine Richtung sah. Ihre rosaroten Lippen formten sich zu einem leichten matten Lächeln, während ich ihr einen Luftkuss zuwarf und somit ihr Lächeln größer wurde. 'Danke', formte sie mit ihren Lippen. Danke, dass es dich gibt. Danke für alles.
Ich schüttelte meinen Kopf. Sie war meine Schwester. Mein Zwilling. Meine Zwillingsschwester. Niemals würde ich sie da im Stich lassen.
"Was für ein Problem hat dieser Spast mit Dilruba?", fragte mich Besim.
"Ich weiß es nicht", sagte ich meine Blicke erneut zu meiner Schwester drehend. Irgendwas war da, doch ich wusste nicht, was es war. Irgendwas belastete sie. Doch als ich sie vor geraumer Zeit darauf angesprochen hatte, war sie komplett ausgetickt, was mir die Bestätigung gab. Unschöne Gedanken kamen mir ständig in den Kopf, während es um mein Herz schwer wurde. Dilrubas Verhalten war nicht normal. Ich kannte meine Zwillingsschwester. Irgendwas war geschehen.

Besim brummte nach einer Weile neben mir laut und auch ich merkte ziemlich schnell, dass ich keinen Nerv auf zwei Stunden Physik hatte, weswegen ich grinsend zu ihm sah, als er mein Grinsen wahrnahm, grinste auf er und nickte mit dem Kopf. Wir holten unsere Laiserpointer raus und fingen an mit diesen an die Tafel zu projizieren. Ich merkte wie die Kreide in der Hand von unserem Lehrer anfing zu zittern. Während ich kurz zu Dilruba sah, die mich dankbar anlächelte, bevor ich mich nach vorne drehen konnte, wurde meine Hand mit einem Mal runtergedrückt, weswegen ich erschrocken zu Besim sah.
"Fast hätte er dich erwischt", sprach er seine Lippen kaum bewegend. "Danke Binjak." "Bitte Zemer." Als sich unser Lehrer erneut zur Tafel drehte, fingen wir an die Laiserpointer auf der ganzen Tafel zu bewegen, worauf er sich wütend umdrehte, Besim und ich hatten natürlich schnell genug gehandelt, weswegen er uns nicht erwischt hatte.
"Raus hier!", sprach er mit zitternder Stimme. "Raus! Der Unterricht ist für heute beendet, raus!" "Geschieht dir Recht, du Bastard", murmelte ich leise, während ich meine Tasche nahm und Besim seinen Arm um mich legte.
"Aber sowas von. Jetzt können wir aber zur Clique?", fragte er mich unschuldig, weswegen ich grinste. "Ach endlich man! Ich schwöre, ständig frage ich mich, was ich hier eigentlich mache." "Dein Abi vielleicht?" "Wozu?" Ich seufzte. "Heute nicht Besim." Er lachte, worauf wir meinen Namen hörten und ich mich im Flur umdrehte.
"Was war das wieder für eine kindische Aktion?", hörte ich Funda fragen.
"Sorry, hatte vergessen, dass du ja ach so erwachsen bist!", spottete ich.
"Na ja immerhin erwachsener als du." Auf ihre Worte lachte ich laut. "Alles klar Funda." "Ist doch so. Zumindest lege ich mich nicht unter einen Jungen, der jedes Wochenende sich durch die halbe Stadt vögelt." Auf ihre Worte musste ich nur noch lauter lachen, während sich Besim neben mir jedoch anspannte.
"Funda", keuchte meine Zwillingsschwester auf. "Was denn? Ist doch so. Du hast mir doch erzählt, dass es Tage gibt, wo Dilay bei Besim schläft." Mein Blick glitt zu meiner Schwester. Ehrlich? Hatte sie sowas diesen Mädchen erzählt? Wozu?
"Ja bei Besim aber nicht mir Besim!", sprach sie jetzt streng.
"Hör auf", sagte ich ruhig. "Ob nun bei Besim oder mit Besim, das geht niemanden etwas an. Im Gegensatz zu dir lege ich mich nicht unter jedem, der mir etwas Geld in den Arsch steckt, Funda. Also wenn du mit mir über das Thema Ehre diskutieren willst, dann wirst du als Verliererin aus dieser Sache rausgehen." "Du tust das vielleicht nicht, aber Besim tut das jedes Wochenende. Und du akzeptierst das." "Noch ein Wort und ich schwöre dir, ich tue etwas, was ich bis jetzt noch nie getan habe und erhebe gegenüber einem Mädchen die Hand. Wobei ich nicht weiß, ob du es verdienst als Mädchen betitelt zu werden, da du eine Schande für die Mädchen darstellst", kam es von Besim. Funda sah uns noch kurz hasserfüllt an und drehte sich dann um und ging mit ihren Freunden. "Dilruba, wir warten auf dich!", rief sie nach meinem Zwilling, welche zu mir sah, dann zu ihnen und dann wieder zu mir.
"Es tut mir leid", murmelte sie, worauf ich mit dem Kopf schüttelte, Besim an der Hand griff und ihn hier wegzog, denn ich wusste meine Worte würden sonst meine Schwester verletzen.

Binjak⚓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt