Elf

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Dilay.
"Euer heißgeliebter Sohn ist da", rief Besim, nachdem Medina die Tür mit ihrem Schlüssel aufgesperrt hatte.
"Liegt vermutlich daran, dass du unser einziger Sohn bist", ertönte die tiefe Stimme von Besims Vater, was mich grinsen ließ.
"Auch wenn ich nicht euer einziger Sohn wäre, wäre ich euer heißgeliebter Sohn." "Und zu dieser Erkenntnis kommst du, weil?"
"Na das liegt doch auf der Hand, Baba. Weil ich cool und heißgeliebt bin."
"Das erste lasse ich unkommentiert, will dein Weltbild nicht zerrütten und zu dem zweiten; außer von uns gibt es niemanden, bei dem du heißgeliebt bist, tut mir leid mein Sohn." Auf diese Worte lachten Medina und ich laut, während wir das Wohnzimmer betraten, wo seine Eltern saßen.

Als seine Mutter mich erblickte, stand sie lächelnd auf und lief direkt auf mich zu. Total warmherzig, so wie sie eben immer war, zog sie mich in ihre Arme.
"Schön dich wieder hier zu sehen! Seit dem Besim ausgezogen ist, kommst du uns gar nicht mehr besuchen."
"Stimmt, tut mir leid", entschuldigte ich mich bei ihr. Nach ihr zog Besims Vater mich zur Begrüßung in seine Arme.

"Wie gern ich dich doch als Schwiegertochter hätte. Wenn ich einen zweiten Sohn hätte, dem ich dich mit gutem Gewissen in die Hände geben könnte, würde ich keine Sekunde zögern."
"Was gefällt dir an mir nicht? Wieso kannst du sie nicht in meine Hände geben?", hakte Besim mit zusammengezogenen Brauen nach.
"Brauche ich dazu wirklich was sagen? Ich will dieses hübsche anständige Mädchen doch nicht ins Feuer schmeißen."
"Dieses hübsche anständige Mädchen hat aber eine ziemlich große Klappe." Auf diese Worte von Besim streckte ich ihm die Zunge raus, was alle Anwesenden zum Lachen brachte.

"Vermutlich hat dir Medina davon schon erzählt-"
"-jap und nein, ich werde dort nicht anfangen zu arbeiten."
"Ich wusste gar nicht, dass du dein Auto abgeben willst", sprach sein Vater erstaunt. Jeder der Besim kannte, wusste, dass ihm sein Auto heilig war.
"Baba, ich werde studieren."
"Ach ja? Seit wann bietet der Club ein Duales Studium an?" Auf diese Frage hätte ich am liebsten laut losgeprustet. Besim hatte seinen Humor eindeutig -ziemlich ziemlich eindeutig- von seinem Vater.

"Je älter du wirst umso anstrengender wirst du, ich schwöre."
"Älter? Ich bin fitter als du."
"Da müssten wir meine Mutter fragen." Meine Augen wurden groß, während sein Vater einen Stift nach Besim schmiss und fluchte, während dieser nur total amüsiert lachte.

"Also, was willst du studieren?"
"MaWi."
"MaWi?", hakte sein Vater verständnislos nach. Da ich in Besims Augen das freche Funkeln bemerkte, wusste ich, dass er die Sache unnötig in die Länge ziehen würde um seinen Vater zu ärgern. Weswegen ich eingriff.
"Materialwissenschaften."
"Danke Dilay", bedankte er sich, da auch er gemerkt hatte, dass sein Sohn diese Sache unnötig in die Länge ziehen würde.

Sein Vater holte sein Handy raus und googlete -vermutlich den Studiengang. Er versuchte erst gar nicht Informationen von Besim zu bekommen -schlauer Mann.
"Scheint ein interessanter Studiengang zu sein, wenn du etwas draus machst, hast du sogar gute Jobchancen."
"Das alles hättest du nicht googlen müssen, hätte ich dir auch sagen können." Sein Vater hob seine Brauen kritisch in die Höhe. Natürlich hätte es Besim ihm gesagt, aber das hätte die ganze Prozedur mindestens eine halbe Stunde in die Länge gezogen. Wieso also etwas in die Länge ziehen, wenn es auch kurz geht?
"Ach ja Zeit ist Geld, stimmt ja."
"Nein, das nicht mein Sohn, aber meine Nerven sind mir viel Wert, ich brauche sie noch bis zu meinem Tod, da will ich sie nicht in unnötige Dinge -wie dich- investieren."
"Also willst du mir sagen, dass ich -dein heißgeliebter Sohn- unnötig ist?" Sein Vater seufzte.
"Beantworte dir diese Frage selber."

Nach dem gemeinsamen Essen fuhren wir zu Besims Wohnung.
Besim war so ziemlich kurz nach seinem Achtzehnten ausgezogen. Nicht weil es Zuhause Stress gab oder er aus schwierigen Familienverhältnissen kam.
Nein, ganz und gar nicht. Nur war Besim Besim und Besim liebte eben nichts mehr als seine Freiheit. Und da sein Vater seiner Meinung nach ihn viel zu sehr gestresst hatte, vor allem auch was seinen Job anging -den er einen Tag nach seinem Achtzehnten nachgegangen war- war er einfach ausgezogen.
Die Situation damals war wirklich etwas angespannt gewesen, doch Besin trug Mitschuld dran. Denn er konnte manchmal ein sehr extrem gleichgültiges Verhalten haben. Natürlich brachte es nichts sich wegen allem und jedem den Kopf zu zerbrechen, das waren weder die Sorgen noch die Menschen wert. Aber es ging nicht darum sich den Kopf zu zerbrechen oder nicht. Es ging darum, sich Gedanken zu machen und sich mit Thematiken zu beschäftigen, vor allem wenn diese Thematik der Abschluss und die eigene Zukunft war.

Binjak⚓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt