Dilruba.
Als ich in meinem Zimmer saß, fiel mir ein, dass ich mich bis jetzt gar nicht bei Vesna gemeldet hatte, dass sie sich nicht meldete, zeigte mir nur, dass Dilay mit ihr gesprochen haben musste. Ich wusste, dass meine Zwillingsschwester mir nichts Böses wollte, ganz im Gegenteil. Und auch wusste ich das sehr zu schätzen. Dennoch verdiente es Vesna, dass ich mich bei ihr meldete.
Mein Handy hatte ich wieder, da es Dilay von Vesna abgeholt hatte. Wenn ich gewusst hätte, dass sie zu Vesna geht, um es abzuholen, wäre ich auf jeden Fall mitgegangen. Aber so wie Dilay nun mal war, hatte sie mir natürlich nichts gesagt.„Wie geht es dir?", ertönte Vesnas besorgte Stimme.
Wie ging es mir? Erst jetzt merkte ich, dass ich mir die letzten Tage nie diese Frage gestellt hatte. Gefühlt jeder fasste mich mit Samthandschuhen an, doch war es das, was ich wollte? Dass sie Mitleid mit mir hatten? Selbst Zeynel gab mir das Gefühl, als ob ich ständig von ihm umgeben war, dennoch war dieses unausgesprochene störende Ding zwischen uns.„Dilruba?", hörte ich Vesnas Stimme aus meinem Telefon.
„Tut mir leid, Vesna. War gerade nur in Gedanken."
„Ist alles gut bei dir?"
„Ich glaube schon. Hast du gleich Zeit?"
„Wo bleibst du, alter!", hörte ich im Hintergrund eine mir bekannte Stimme und schloss schmerzerfüllt meine Augen.
„Ich-" „-ich habe schon verstanden, Vesna."
„Dilruba...", hörte ich ihre gequälte Stimme. „Wieso-", wollte ich meinen Satz anfangen, doch als ich erneut Toluns aggressive Stimme im Hintergrund hörte und seinen respektlosen Ton wahrnahm, atmete ich tief durch.
„Mädchen, wo bleibst du!"
„Lass ihn am besten nicht warten, wir telefonieren später", sprach ich und legte auch direkt auf. Es tat mir so weh, dass sie sich so von ihm behandeln ließ, denn Vesna verdiente im Gegensatz zu unseren "Freunden" etwas viel besseres. Ihr Herz war noch nicht so schmutzig, ich wusste, dass sie nur einen Halt brauchte. Doch Tolun war der letzte Mensch, der ihr das bieten konnte.>Lass uns am Abend treffen, ja? Dann können wir in Ruhe reden.< Auch wenn ich auf Vesnas Nachricht nicht antwortete, wusste sie, dass ich es nicht ablehnte.
Seit einer halben Stunde saß ich am Schreibtisch und versuchte mich auf das Lernen zu konzentrieren, was nicht sonderlich klappte. Eine Nachricht weckte mich aus meinen Gedanken. Zeynels Name auf dem Display ließ mich lächeln.
>Was machst du?<, hatte er mir geschrieben, ich wusste, dass es eine andere Art zu fragen war, wie es mir ging. Er fragte mich nicht explizit danach, weil das im Moment jeder tat und es die Sache nicht sonderlich besser machte.
>Versuche zu lernen, klappt aber nicht ganz so gut. Du?<
>Geht mir auch so.< Meine Blicke glitten zu der bedeutungsvollen Kette, welche auf meinem Schreibtisch lag. Meine Fingerkuppen strichen sanft über die goldfarbene feine Kette mit den zwei Vögeln. An dem Z blieb mein Zeigefinger hängen und fuhr es immer wieder nach. Mit einem Mal fasste ich einen Entschluss.>Kannst du in einer halben Stunde dort sein, wo wir uns getroffen hatten, als ich dir eine Nachricht von Dilays Handy aus geschickt hatte?<
>Klar, bis gleich.< Lächelnd packte ich die Kette ein, auch wenn ich bedenken hatte, ich wusste, es war das einzige Richtige.
Vor dem Spiegel blieb ich stehen, meine Hände wollten zu meiner Schminke greifen, doch ich zog sie mit einem Mal zurück. Denn ich war mir bewusst, dass Zeynel mich liebte und nicht den Menschen, der sich hinter all der Schminke versteckte und zu jemand anderem wurde.Als ich das Haus verließ, bellte mich Boncuk an, weswegen ich lachend zu dem Husky - mit den wunderschönen Augen- lief. Eine Weile streichelte ich ihn, nachdem ich mich von ihm trennte, jaulte Boncuk traurig auf, weswegen ich lachen musste.
„Dann komm mit, du kleiner Racker", sprach ich lachend, worauf Boncuk glücklich mit dem Schwanz wedelte und mich ansprang. Nachdem ich ihn an die Leine nahm, liefen wir in die Richtung, in welcher ich mich mit Zeynel verabredet hatte.
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Binjak⚓
Teen Fiction"Shared Dreaming" ein Phänomen, welches die Wissenschaft noch nicht untersucht hat. Doch Dilay und Dilruba können darauf schwören. Denn die Zwillinge hatten so oft denselben Traum. So oft, dass sie es irgendwann sein lassen haben mit zuzählen. Obwoh...