Fünfunddreißig (Ende)

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Dilay.
Den Freitag vor den Prüfungen ließen wir den Abi-Streich stattfinden. Während alle Schüler aus ihren Klassen geholt wurden, hatten Besim und ich uns überlegt die Lehrer aus dem Lehrerzimmer zu locken. Dafür klopfte Besim erstmal an der Tür an und sobald diese geöffnet wurde, traten wir mit einem Topf und Kochlöffel in der Hand in das Zimmer, wo wir unheimlichen Lärm stattfanden ließen, in dem wir mit dem Kochlöffel auf den Topf schlugen. Eigentlich hatten wir geplant Spielzeug Ratten durch das Zimmer laufen zu lassen, doch wollten wir dann wenige Tage vor den Prüfungen uns selber nicht ins Aus schießen.
"So, ihr beiden das reicht dann", ertönte die Stimme unseres Mathelehrers laut.
"Hat gerade doch so Spaß gemacht", kommentierte ich, was dafür sorgte, dass unser Lehrer seine Braue hob.
"Okay, dann eben nicht", sprach ich schulterzuckend.
"Aber Sie müssen nun raus aus dem Zimmer", forderte Besim unseren Mathelehrer auf, der darauf mit den anderen Lehrern das Lehrerzimmer verließ.

Auf dem Pausenhof lief ganz laut Deutsch-Rap.
Wir -Daniel, Besim und ich- hatten riesige Wasserpistolen vorbereitet, mit denen wir jeden -ausnahmslos jeden- nass spritzten.
Besim richtete die Wasserpistole auf unseren Direktor und als er diesen direkt im Gesicht traf, rief Daniel: "Headshot!" und brachte uns zum Lachen.
Die Wasserballons, die wir zusätzlich vorbereitet hatten, warfen wir auch immer wieder in die Menge. Unser Direktor konnte von Glück reden, dass das Wetter gut war und wir alles auf dem Schulhof stattfinden ließen, denn sonst hätte die Aula darunter gelitten, das hätte für eine riesen Sauerei gesorgt.

Nachdem wir die schriftlichen Prüfungen hinter uns hatten, saßen wir wie üblich in der Shishabar.
"Wieso sind Zeynel und Dilruba nicht mitgekommen?", fragte Sinem.
"Weder Zeynel noch Dilruba mögen solche Orte", antwortete ich ihr, was sie nickend zur Kenntnis nahm.
"Zemer?", Besims Stimme lenkte mich vom Gespräch meiner Freunde ab, weswegen ich fragend zu ihm sah.
"Sag nicht direkt nein. Zieh bei mir ein, sobald wir studieren." Laut seufzte ich.
"Zemer bitte."
"Wenn du dich doch so alleine fühlst, wieso ziehst du nicht wieder zu deinen Eltern?"
"Weil ich mich viel zu sehr daran gewöhnt habe alleine zu leben."
"Und deswegen willst du mich bei dir?"
"Das ist was anderes!"
"Binjak-" "-man Zemer bitte!" Verzweifelt raufte ich mir die Haare.
"Besim, das macht keinen Sinn. Wieso sollte ich zu dir ziehen? Ich zahle Zuhause keine Miete, muss nicht kochen. Muss nichts machen."
"Als ob ich dich Miete zahlen lassen werde! Und kochen kann ich für uns beide. Und irgendwas anderes musst du auch nicht tun." Über das Letztere hätten wir beide lachen können, das wusste er. Besim war der Unordentlichste Mensch überhaupt und das war Grund genug, um den Verstand zu verlieren.
"Man Besim", meckerte ich, doch merkte, wie tief sein Wunsch war. Auch wenn er es niemals zugeben würde, gefiel ihm das alleine Sein nicht mehr so sehr. Die meiste Zeit über fühlte er sich einsam. In den letzten Wochen hatte ich das noch besser bemerkt, da wir immer zusammen am Lernen waren und sobald ich nach Hause gehen wollte, Besims Laune sich schlagartig änderte. Es hatte viel auch damit zu tun, dass sich unsere Beziehung zueinander geändert hatte. Wir waren nicht mehr nur beste Freunde, wir waren mehr. Und vermutlich war Besims Wunsch das Normalste auf der Welt, doch war ich gedanklich noch nicht so weit. An unsere Beziehung hatte ich mich schon lange gewöhnt, aber alles was darüber hinausging, machte mir Bedenken. Ich war einfach noch nicht soweit.
Meine Stirn an seine lehnend lächelte ich ihn an, während mein Finger anfing über sein Anker-Tattoo zu streichen.
"Ich werde nicht zulassen, dass du dich einsam fühlst. Fürs Erste kann ich nicht komplett bei dir einziehen, aber ich werde so oft wie nur möglich bei dir sein, versprochen." Auch wenn Besim etwas erwidern wollte, unterließ er es, weil ihm bewusst wurde, dass er mit seinem Wunsch mich überforderte.
Er nickte -unzufrieden- griff dann nach meiner Hand und drückte einen Kuss auf mein Tattoo. Lächelnd legte ich meinen Kopf an seine Brust und er zog mich noch enger an sich. Wir widmeten uns wieder unseren Freunden und langsam fiel die Unzufriedenheit von Besim ab, auch wenn diese ihn nicht ganz verließ.

Binjak⚓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt