Kapitel 45

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Kapitel 45:

Jeta

Nach Stunden stillen Wimmerns war ich schließlich eingeschlafen. Ich hatte die ganze Zeit von Luan geträumt. Luan, wie er mich küsst, Luan wie er mir traurig in die Augen blickt und mich nicht gehen lassen will. Luan, wie er reagiert, als er den Brief liest.

Als ich aufwachte fühlte sich mein Kopf schwer an, mein Körper war schlapp und mein Gesicht war aufgedunsen. Ich blickte in den Autospiegel und sah ein total angeschwollenes, gerötetes Gesicht voller Blutergüsse. Völlig unfreiwillig entkam mir ein: „Verflucht". Ich fuhr mit dem Finger über die Blutergüsse, die Albert durch seine Schläge verursacht hatte und biss mir die Zähne vor Schmerz zusammen. Tränen brannten mir wieder in den Augen. Nicht nur wegen des körperlichen Schmerzes, sondern wegen allem drum und dran.

Albert sah mich angewidert an und sagte knapp: „Schmink dir dein Gesicht. Wir sind in einer Stunde da. Ich will keinen Verdacht schöpfen, bei niemandem".

Ich wusste noch immer nicht wo wir hingehen würden, wir fuhren weiterhin die Autobahn entlang und jedes Mal, wenn ein Schild kam, konnte ich nur verschwommen sehen, ob der Tatsache, dass mein Auge auch angeschwollen war.

Mühsam zog ich die Handtasche nach vorne und begann mich zu schminken. Mir tat alles weh. Sogar die kleinste Bewegung verursachte Schmerzen. Unfreiwillig dachte ich an die Zeit, als ich mein erstes Date mit Luan gehabt hatte und mich für ihn schön gemacht hatte. Jetzt, jetzt würde ich ihn nie wieder sehen. Er würde glauben, dass ich ihn nicht liebe. Dabei liebte ich ihn – mehr denn je. Man sagt, man erkennt erst den Wert eines Menschen, wenn man ihn nicht mehr sieht. Mit Luan ging es mir genauso, nur dass ich seinen Wert immer erkannt hatte, aber jetzt, jetzt wusste ich ihn mehr denn je zu schätzen.

Er war völlig unerwartet in mein tristes Leben getreten und hatte alles schöner gemacht. Er war wie ein Engel, der mir zeigte, wie man leben sollte. Binnen weniger Wochen, die wir uns kannten, wussten wir beide, dass wir Seelenverwandte waren und zusammen gehörten.

Schmerzhaft dachte ich darüber nach, dass ich mit ihm den Rest meines Lebens verbringen wollte. Dass ich Kinder von ihm wollte. Dass ich mit ihm die Welt bereisen wollte. Dass ich ihn meiner Familie vorstellen wollte. Dass ich ihn bereits wahnsinnig liebte. Mit all meinem Sein.

Eine leise Träne rannte mir die Wange entlang als Erkenntnis darüber, dass das wohl jetzt der Vergangenheit angehörte.

Ich hatte gar nicht gemerkt, dass wir bereits die Ausfahrt genommen hatten. Als ich mich umsah sah ich nur unbekanntes Terrain. Alles wirkte anders. Wir fuhren weiter und schließlich erkannte ich, wo wir waren. In Bern – in der Schweiz. Warum waren wir so weit weg gegangen? Das verstand ich nicht. Hatte er solche Angst, dass ich zurück zu Luan gehen würde, dass er diese Maßnahme ergriffen hatte?

Vielleicht hatte er auch gewusst, dass Luan nicht so einfach aufgeben würde. Luan – mein kämpferischer Luan. Mein Herz machte einen Stich.

„Los, steig aus" sagte er schließlich und parkte das Auto.

Ich wollte fragen, wo wir waren, doch ich traute mich nicht.

Schließlich gingen wir in ein Reihenhaus. Er zog ein paar Schlüssel raus und schloss auf. Eine große, geräumige Wohnung, die wohl gut erhalten war. Wenn er so schnell eine Wohnung hatte besorgen können, dann hatte er das Ganze wohl schon länger geplant. Vermutlich schon seitdem ich bei Onkel Azem war. Ich hatte mich ja so in Albert getäuscht. Ungläubig schüttelte ich den Kopf als ich darüber nachdachte, wie ich vor kurzem noch geglaubt hatte, dass er ein guter Mensch war und es nur der Alkohol und die Drogen waren, die ihn zu einem schlechten Menschen machten. Scheinbar war er immer so gewesen, nur hatte er es gut zu verstecken gewusst.

Ich fragte mich zudem, wie er sich sowas leisten konnte. Er arbeitete nicht und von mir hatte er sich auch kein Geld genommen...

Seine Stimme riss mich aus meinem Gedanken.

„Pack unsere Sachen aus, ich werde mich ausruhen" befahl er mir und ging ins Schlafzimmer.

Ich war froh um die Einsamkeit, denn ich wollte in Ruhe sein. Skeptisch betrachtete ich unser neues Zuhause. Alles wirkte so steril. Die Wohnung war sogar bereits möbliert. Da wir in der Schweiz waren, bedeutete das, dass hier viele Albaner waren. Albert wollte wahrscheinlich die perfekte Ehe vorspielen. Mir wurde schlecht. Der ganze Stress, die ganze Angst, der ganze Frust, der sich den ganzen Tag verstaut hatte kam jetzt raus. Ich sank auf den Boden und weinte, während ich mit aller Macht versuchte jegliche Geräusche zu unterdrücken.

Es war bereits 24 Uhr und nach dem ich mich etwas beruhigt hatte begann ich die Sachen einzuschlichten.

Schließlich klopfte es laut an der Tür. Ich erstarrte. Meine Finger wurden ganz kalt und ich zitterte wie wahnsinnig. Was wenn ...

Er kam aus dem Schlafzimmer: „Bleib wo du bist. Ich mache auf ..." befahl er mir streng. Er steckte sich die Waffe hinter sein Hosenbund und öffnete die Tür ...

Një jet me tyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt