Kapitel 33

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Am nächsten Morgen wachte ich komplett fertig auf. Ich hatte die Nacht kaum ein Auge zu getan. Die ganze Zeit musste ich an die Spiele denken, die heute beginnen und wie ich Tatjana dabei beschützen konnte. Ich habe mir tausend Pläne ausgedacht, doch alle wieder verworfen. Es war einfach zwecklos. Noch vor dem Morgengrauen kamen unsere Stylisten, gaben uns ein schlichtes Hemd, das wir anziehen sollten und führten uns auf's Dach. Das endgültige Ankleiden und die Vorbereitung finden in den Katakomben unter der Arena statt. Ein riesiges Hovercraft tauchte wie aus dem Nichts auf. Als eine Leiter heruntergelassen wurde gab ich Tatjana noch schnell einen stürmischen, aber doch liebevollen Kuss, bevor ich ihre Hand losließ und meine Hände und Füße auf den unteren Sprossen platzierte. Sofort kam ich mir wie festgefroren vor. Eine Art Strom ließ mich an der Leiter haften, während ich sicher nach oben befördert wurde. Ich erwartete, dass die Leiter mich oben angekommen freigeben würde, doch ich klebte weiterhin fest. Eine Frau in einem weißen Kittel kommt mit einer Spritze in der Hand auf mich zu. Verstört sah ich sie an. „Das ist nur dein Aufspürer. Je besser du stillhälst, desto effektiver kann ich ihn einsetzen.“ erklärt sie monoton. Stillhalten? Ich bin still wie eine Statue. Aber das bewahrt mich nicht davor, den stechenden Schmerz zu spüren, als die Nadel das Aufspürgerät aus Metall tief unter die Haut an der Innenseite meines Unterarms einsetzt. Jetzt können die Spielmacher mich jederzeit in der Arena aufspüren. Sie wollen wohl keinen Tribut verlieren. Sobald der Aufspürer an seinem Platz ist, lässt die Leiter mich frei. Die Frau verschwindet und Tatjana wird vom Dach heraufgeholt. Sie wimmerte kurz leise, als das Aufspürgerät eingesetzt wurde und wurde dann wieder freigegeben. Nachdem unsere Stylisten angekommen waren, führte uns eine Wache in einen anderen Raum, wo ein Frühstück vorbereitet ist. Trotz der Spannung im Bauch esse ich, so viel ich kann, obwohl keine der köstlichen Speisen irgendeinen Eindruck hinterlässt. Ich war echt unglaublich nervös und auch Tatjanas Hände zitterten wie verrückt. Der Flug dauerte etwa eine halbe Stunde, als die Fenster verdunkelt wurden. Offenbar näherten wir uns der Arena. Das Hovercraft landete und gemeinsam mit Miranda ging ich zurück zur Leiter, die diesmal durch eine Röhre in den Untergrund führte. Wir befanden uns jetzt also unter der Arena. Wir gingen los. Schnell schaute ich nocheinmal hinter mich, wo Tatjana gerade ankam und von ihrem Stylisten in die entgegengesetzte Richtung geführt wurde. Nur ganz kurz konnte ich ihren ängstlichen Blick erhaschen, bevor sie aus meinem Sichtfeld verschwand. Wir folgen den Hinweisschildern bis zu meinem Ziel, einer Kammer für meine Vorbereitung. Alles ist brandneu, ich bin der erste und einzige Tribut, der diesen Startraum je benutzen wird. Die Arenen sind historische Orte, die nach den Spielen erhalten bleiben. Sehr beliebte Ausflugs- und Urlaubsziele für die Bewohner des Kapitols. Es soll sogar Wiederaufführungen geben, an denen sie teilnehmen können. Ich gebe mir alle Mühe, das Frühstück bei mir zu behalten, während ich dusche und mir die Zähne putze. Dann werden die Kleider gebracht. Für jeden Tribut die gleichen. Miranda hilft mir die Unterwäsche, eine schlichte gelbbraune Hose, ein hellgrünes Hemd, einen derben braunen Gürtel und eine dünne schwarze Kapuzenjacke anzuziehen. Die Stiefel, die ich über die eng anliegenden Socken streife, sind aus weichem Leder, haben aber eine dünne, flexible Gummisohle mit Profil. Gut zum Rennen. Nachdem mir meine restliche Kleidung angezogen wurde blieb uns nichts anderes mehr übrig, als auf den Aufzug zu warten. Nervös ging ich im Kreis, bis plötzlich eine angenehme Frauenstimme verkündet, dass es Zeit für den Start sei. Miranda führt mich hinüber und ich stelle mich auf die runde Metallplatte. „Vergiss nicht. Renn weg. Misch dich nicht mit im Blutbad ein und finde Wasser. Ein Mensch kann bis zu drei Wochen ohne Essen auskommen, aber ohne Wasser nur wenige Tage. Viel Glück.“ Sie nimmt meine Hände und drückt sie fest. Dann senkt sich ein Glaszylinder über mich, trennt unsere Hände und lässt mich einer totenstille alleine zurück. Miranda tippt sich mit den Fingern unters Kinn und sofort hebe ich den Kopf, stehe so gerade wie möglich, während der Zylinder sich langsam aufwärts bewegt. Kurze Zeit bin ich in vollkommene Dunkelheit gehüllt, dann spüre ich, wie die Metallscheibe mich oben aus dem Zylinder herausstößt, ins Freie. Einen Augenblick lang bin ich vom hellen Sonnenlicht geblendet, doch ich merke schon den kalten Wind, der mich erschaudern ließ. Dann erschallte aus allen Richtungen die dröhnende Stimme des Moderators. „Meine Damen und Herren, die dreiundvierzigsten Hungerspiele haben begonnen!“

Die Tribute von Panem - Panik & CurrbiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt