Kapitel 18

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Ich wendete meinen Blick wieder von Tatjana und sah zu den Karrieros rüber. Ein blondes Mädchen hatte gerade ein Schwert in der Hand und attackierte laut schreiend eine Trainingspuppe. Nachdem sie gefühlt fünfzig Mal auf sie eingeschlagen hatte trat sie noch einmal gegen die Puppe, bevor sie schweratmend das Schwert weitergab. Ich schluckte schwer, als ich ihnen weiter beim trainieren zusah. Ich würde es niemals schaffen. Ich hab es nicht mal geschafft, dass das Messer in der Zielscheibe stecken bleibt. Wie soll ich dann gegen solche Leute kämpfen und nebenbei noch eine zweite Person beschützen? Ich sah verzweifelt zu Tatjana rüber, die sich gerade mit Curry freute. „Alles klar bei dir?“ fragte mich eine tiefe Männerstimme zögerlich hinter mir. Blitzschnell drehte ich mich um und versteckte meine Verzweiflung schnell wieder. Tatjana hatte Zuhause immer gesagt, dass ich meine Gefühle immer hinter meiner äußeren Schale aus Eis verstecken würde und deshalb keiner verstehen würde, warum sie so einen emotionslosen Mann liebte. Im Grunde genommen war es also meine Schuld, dass mich keiner mochte. Als meine beiden Eltern gestorben waren, hatte ich viel geweint, selbst in der Schule. Alle hatten mich ausgelacht und gesagt ich sei ein Weichei, doch sie hatten leicht reden. Sie hatten noch keinen Verlust erlebt. Doch ich wollte kein Weichei mehr sein, nicht mehr ausgelacht werden, also begann ich eine Mauer zu bauen. Eine Mauer um meine Gefühle, durch die niemand eindringen konnte. Nur wenn man schon drinnen war, konnte man mein wahres Ich noch sehen. Wie Tatjana. Alle anderen sahen nichts als die Mauer. Eine Mauer aus Eis.
Ich sah hinter mich und entdeckte wieder den kleinen braunhaarigen Jungen. Ich nickte nur und ging nicht weiter auf seine Frage ein. Er schien ein wenig unschlüssig zu sein, was er jetzt tun sollte, weshalb er mir seine Hand entgegen hielt. „Ich bin Tobi.“ Ich nahm seine Hand und spürte allein an seinem Handdruck, dass er ziemlich stark sein musste. „Ich bin-“ „Erik. Ich weiß.“ unterbrach er mich und ließ meine Hand wieder los. Fragend sah ich ihn an. „Alle kennen dich. Dich und Tatjana. Es kommt nicht so oft vor, dass in den äußeren Distriken sich jemand freiwillig meldet. Und dann habt ihr auch noch bei der Eröffnungsfeier die ganze Aufmerksamkeit auf euch gezogen.“ Die ganze Zeit sah ich ihn fragend an. Woher weiß er das alles? Tobi sah mich auch nur fragend an, dann wurde sein Blick aber wieder klarer. „Oh. Ihr habt während der Zufahrt gar nicht die Ernte geguckt.“ Jetzt wurde mir klar, warum selbst Curry die Namen der Karrieros kannte und selbst während der Vorbereitung für die Eröffnungsfeier uns alle so skeptisch angesehen haben. „Hey Hase! Du-“ hörte ich Tatjana von hinten, die dann mit Curry zu mir rüber kam. Sofort griff sie nach meiner Hand und stellte sich ein wenig hinter mich. Sie sah etwas fragend zu mir hoch und nickte dann zu Tobi rüber. „Oh ja. Das ist Tobi.“ sagte ich schnell zu Curry und Tatjana. „Hi.“ sagte Tatjana schüchtern und sah Tobi nur kurz in die Augen. „Ähm.. hi.“ sagte auch Curry. Curry hielt Tobis Blick jedoch stand und schien sich gar nicht mehr losreißen zu können. Leise lachte ich in mich hinein. Was das mit den beiden nur wird?

Die Tribute von Panem - Panik & CurrbiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt