Kapitel 6

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Jason

Drei Wochen und sechs Tage bis zur Hinrichtung

„Der nächste!", brüllt die vollbusige Küchenhilfe und ich rücke ein Stück weiter, damit sie mir meinen matschigen Haferbrei auf den Teller knallen kann.

Ich verziehe keine Miene, als ich den Fraß mustere und suche mir ein ruhiges Plätzchen, in dem Essensraum. Phil ist nirgendwo zu sehen. Vermutlich ist er beim Arzt. Immerhin ging es ihm gestern schon nicht so gut. Nur leider habe ich jetzt das Problem, dass mich die anderen Häftlinge wahrscheinlich nicht in Ruhe lassen werden.

Wenn Phil an meiner Seite ist, würdigen sie mich keines Blickes. Aus irgendeinem Grund haben sie riesigen Respekt vor ihm. Aber sobald ich alleine bin, stürzen sie sich auf mich. Als ich gerade mal den zweiten Tag hier drinnen saß, haben sie mir direkt die Nase gebrochen. Natürlich hätte ich zurückschlagen können, aber was hätte das gebracht, außer dass ich noch mehr Ärger provoziere?

Im hinteren Teil des riesigen Raums finde ich noch einen freien Tisch, an dem ich mich schließlich setze. Lustlos esse ich den Haferbrei. Diesen Scheiß werde ich mit Sicherheit nicht vermissen.

Mein Blick schweift immer wieder durch die Halle und ich bemerke, dass mich einige der Häftlinge schon böse mustern. Ich schätze, mir bleiben nur noch knapp zwei Minuten, bis sie zu mir kommen.

Was für ein toller Start in den Tag, denke ich mir schmunzelnd und setze mich aufrechter hin, als ich bemerke, dass tatsächlich ein kleines Grüppchen zu mir kommt.

Ich schiebe das Tablett von mir und mustere kurz die fünf Männer, die nun vor mir stehen. Samuel Chims, der Anführer dieser kleinen Gruppe, setzt sich mir gegenüber und blickt mich hasserfüllt an. Die anderen versammeln sich hinter ihm und schirmen uns so vor den Blicken der Wärter ab. Als würden die irgendetwas unternehmen, wenn sie mich angreifen, denke ich mir. Denen ist es scheiß egal, ob ich sterbe oder nicht.

„Was grinst du denn so dämlich, Strent?", blafft mich Samuel an und mustert mich mit seinen dunklen Augen. Seine Nase ist unnatürlich breit, was ein Hinweis darauf ist, dass sie bereits mehrmals gebrochen wurde. Alles an ihm schreit nach Ärger. Ich weiß nicht, weshalb er zur Todesstrafe verurteilt wurde. Aber ich kann mir vorstellen, dass es nicht nur ein Mord war, den er begangen hat.

„Was geht dich das an?", frage ich ihn gelangweilt und weiche seinem Blick keine Sekunde aus.

Er lächelt mich an und entblößt so ein paar Zahnlücken. „Oho, du lässt wohl heute den ganz coolen raushängen, was? Dabei ist dein kleiner Aufpasser gar nicht da, um dich zu beschützen."

„Glaub mir, ich brauche niemanden, der mich beschützt. Das kann ich ganz gut alleine", erkläre ich ihm und verschränke meine Arme vor der Brust. Wenn er gegen mich ohne seine Freunde antreten würde, hätte er keine Chance. Aber da seine vier Freunde hinter ihm stehen und mit Sicherheit Messer einstecken haben bin ich geliefert. Zumal wahrscheinlich auch die anderen Häftlinge mitmischen würden.

Fast alle hier drin, wollen mein Blut sehen.

Weil ich derjenige bin, der ihnen die einzige Möglichkeit die es gab um hier herauszukommen, genommen habe. Vielleicht wäre Aaron Jones tatsächlich mit seiner Abstimmung durchgekommen, dass die Todesstrafe abgeschafft wird?

Wir werden es nie erfahren.

Weil ich ihn getötet habe.

„Ich glaube, du brauchst noch einmal Auffrischung, wer hier drinnen der Boss ist und wer nicht, du mieser Verräter", sagt Samuel grinsend und zieht ein kleines Taschenmesser aus seiner Gefängniskleidung heraus. Ich frage mich jeden Tag aufs Neue, wie sie es schaffen, dass vor den Wärtern zu verstecken.

Aber womöglich haben sie hier drinnen ein paar Verbündete. Immerhin habe ich schon welche gesehen, die sogar Zigaretten hatten. Und die sind hier eigentlich strengstens verboten.

„Ach, meinst du? Du kannst mich nicht einschüchtern, Samuel. Ich sterbe so oder so. Alles los, nur zu", fordere ich ihn auf und breite meine Arme aus. Ich glaube kaum, dass er mich tatsächlich umbringen wird. Verletzen auf jeden Fall, aber töten? Nein, eher nicht.

Er springt keinen Augenblick später wie von der Tarantel gestochen auf und kommt um den Tisch herum.

„Häftling 3367, vortreten!", brüllt ein Wärter in diesem Moment und rettet mich so ungewollt aus dieser heiklen Situation.

„Das ist noch nicht geklärt", zischt mir Chims zu, bevor er seinen Freunden zunickt und mit ihnen verschwindet, da die Wärter mich nun im Blick haben.

Ich sehe der Gruppe hinterher, bevor ich unter feindseligen Blicken der anderen Häftlinge auf den Wärter am Eingang zugehe. Er legt mir gemeinsam mit einem Kollegen Fußfesseln und Handschellen an, bevor sie mich nach draußen führen.

Kein einziges Wort sagen sie zu mir, aber ich kann mir auch so denken, wohin sie mich bringen. Ich habe Besuch und ich ahne auch schon von wem.

*Hey ihr Lieben. <3 Etwas eher gibt es heute schon mal ein kurzes Kapitel. <3 :) Am Montag gibt es das nächste extralange. Was denkt ihr, von wem Jason Besuch bekommt? ;) Habt ein schönes Wochenende!*

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