Kapitel 63

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Sura

Fünf Tage bis zur Hinrichtung

»Wir haben es geschafft!«, ruft Leo aufgeregt und hebt mich kurzerhand einfach hoch. Ich schreie dabei vor Freude laut auf und ignoriere die Blicke, der umstehenden Wärter.

Ich kann es immer noch nicht fassen, dass Jasons Gnadengesuch bewilligt wurde! Dank dem Video, das Brandon mir zugeschickt hat, konnten wir Jasons Unschuld beweisen und das er einfach nur zur falschen Stelle, am falschen Ort war.

Leo setzt mich wieder ab und grinst glücklich. »Ich freue mich so«, sage ich und hüpfe wie ein kleines Kind aufgeregt auf und ab.

»Ich hätte nie gedacht, dass wir den Beschluss bewilligt bekommen und das in letzter Sekunde!« Ich nicke eifrig und denke an die vergangenen Stunden zurück. Es war wirklich ein Wettlauf mit der Zeit und beinahe wäre es zu spät gewesen. Aber die Hinrichtung wurde rechtzeitig abgebrochen und Leo konnte wenig später die Papiere für Jasons Entlassung unterschreiben.

»Jetzt wird alles gut«, murmle ich und mein Herz klopft aufgeregt. Gleich werde ich Jason in die Arme schließen können. Das erste Mal, ohne das wir es heimlich machen müssen und wir erwischt werden könnten.

Mein Puls beginnt zu rasen und Hitze steigt mir die Wangen hoch. Mein Körper ist so vollgepumpt mit Adrenalin, dass ich am liebsten eine Runde rennen würde, um mich etwas abzureagieren, doch in diesem Moment geht das große Tor vom Gefängnis auf.

Der Gefängnisdirektor tritt nach draußen und bleibt abwartend stehen. Einen Augenblick später kommt Jason hinter ihm hervor und er strahlt über das ganze Gesicht. Er hat einen Rucksack bei sich und wirkt so glücklich wie auf den Bildern zu seiner Sealzeit.

Mr. Rinz schüttelt ihm die Hand und hat dabei ein gezwungenes Lächeln auf seinem Gesicht. Offenbar scheint er nicht so erfreut über die Freilassung zu sein. Jason stört das jedoch keineswegs, denn er läuft die Treppen runter, ohne sich noch einmal umzudrehen.

Mit großen Schritten kommt er auf Leo und mich zu und ich kann mich gerade so davon abhalten, ihn entgegenzurennen.

Ich öffne meinen Mund um ihn zu begrüßen, doch als er, ohne mich eines Blickes zu würdigen, direkt zu Leo geht und die zwei freudig mit den Händen einklatschen, bleiben mir die Worte im Hals stecken.

Irgendwie hatte ich erwartet, dass er mich sofort an sich ziehen und ... Reiß dich zusammen, Sura, ermahne ich mich gedanklich selbst und versuche mein breites Lächeln aufrecht zu halten.

Die Beiden unterhalten sich und als Jason nach einigen Minuten immer noch keine Notiz von mir nimmt, trete ich einen Schritt nach vorne und greife nach seiner Hand. »Hey«, sage ich, als er sich langsam zu mir umdreht. Ein beklemmendes Gefühl breitet sich in meinem Magen aus, als er mich kalt mustert. Was zum ...?

»Was willst du?«, blafft er und ich zucke überrascht zusammen.

»Wie bitte?«, frage ich verdutzt und er entzieht seine Hand meinem Griff, während er sich Leo wieder zuwendet. Ich fühle mich, als wäre ich im falschen Film.

»Hast du es ihr nicht gesagt?«, fragt Jason seinen Anwalt und ich ziehe die Augenbrauen zusammen.

»Was gesagt?«, mische ich mich ein und verschränke die Arme vor der Brust. Plötzlich ist mir unendlich kalt.

Jason dreht sich zu mir und mustert mich mit so einem abschätzigen Blick, dass sich eine Gänsehaut auf meinem Körper ausbreitet. »Das du nur ein Mittel zum Zweck warst.«

»Ein Mittel zum Zweck?«, wiederhole ich stammelnd und weiche einen Schritt zurück.

»Hast du etwa wirklich geglaubt, ich würde mich in dich verlieben? Das du mir etwas bedeuten würdest? Das ich etwas für dich empfinden könnte?« Er lacht spöttisch auf und Tränen bilden sich in meinen Augen. Mein Blick huscht zu Leo, doch er sagt nichts, sondern starrt peinlich berührt auf den Boden. Hat er etwa gewusst, dass Jason so denkt? Nein, das kann nicht sein!

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