Kapitel 15

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Jason

Die Wärter bringen mich nach der kurzen Kontrolle beim Arzt in den Besuchsraum und ich bin verblüfft, dass ich nach meinem kleinen Ausraster überhaupt Besuch empfangen darf. Normalerweise dürfte ich jetzt mit niemanden reden und müsste in Einzelhaft schmoren.

Als ich in die Kabine gebracht werde, ist mir alles klar. Leo ist hier. Wahrscheinlich können sie es nicht verbieten, dass ich mit meinem Anwalt spreche.

Ein Grinsen bildet sich auf meinem Gesicht, als ich ihn mir gegenüber sitzen sehe. Ich setze mich und reibe meine Handgelenke.

„Hey, Kumpel. Mit dir hatte ich gar nicht gerechnet", sage ich freudig überrascht und bin froh, endlich mal wieder ein anderes Gesicht zu sehen, als nur das von den Wärtern.

„Ich bin eben immer für eine Überraschung gut", antwortet er und ich höre sofort noch etwas anderes aus seiner Stimme heraus.

„Was hast du ausgefressen?", frage ich ihn und lehne mich ein wenig nach vorn.

Sein Lächeln wird breiter und ich versuche mich zu erinnern, wann ich ihn das letzte Mal so zuversichtlich gesehen habe.

„Womöglich deine Fahrkarte hier raus", sagt er leise und meine Augen weiten sich.

„Was? Wie das denn?"

„Ich habe vorhin mit der Reporterin gesprochen, die auch schon bei dir war."

„Mit Sura?", frage ich überrascht und er nickt. „Wieso das denn?"

„Sie ist auf ein paar Beweise gestoßen und glaube mir, sie wird nach noch mehr suchen. Ich bin daran gescheitert, aber vielleicht hat sie Glück und findet etwas heraus, wo sich das Gericht nicht herausreden kann."

Er klingt so überzeugt, dass ich sofort misstrauisch werde. Offenbar hat Sura ihm nicht erzählt, dass ich sie fertig gemacht und wir uns gestritten haben.

„Leo, es tut mir ja leid, dich enttäuschen zu müssen. Aber ich habe es mit ihr verbockt. Anfangs fand ich sie ganz nett, doch das Einzige, worauf sie aus ist, ist eine große Story. Sie interessiert sich nicht für mich", sage ich, doch sein Lächeln verblasst nach wie vor nicht.

„Keine Sorge, sie wird wiederkommen. Sie hat offenbar ein Auge auf dich geworfen", erklärt er mir verschwörerisch und ich ziehe die Augenbrauen zusammen.

„Quatsch. Sie hasst mich."

„Ganz und gar nicht, Jason. Glaub mir. Aber jetzt kommst du ins Spiel", sagt er leise und wirft einen Blick zu der geschlossenen Tür, hinter der die Wärter warten.

„Was meinst du?", frage ich, obwohl ich ahne, dass seine Idee mir nicht gefallen wird.

„Lass deinen Charme spielen. Wickle sie um den Finger und bring sie dazu, sich in dich zu verlieben", erklärt er mir und ich lache auf.

„Wie soll das gehen? Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, ich sitze hinter einer dicken Glasscheibe, wenn ich mit ihr rede, und kann sie nicht berühren."

Er rollt mit den Augen. „Das du sie mit deinen körperlichen Attributen nicht beeindrucken kannst, ist mir klar. Sei nett zu ihr, mach ihr schöne Augen und zeig ihr, was für ein charmanter Kerl du bist. Sura ist in dich verknallt und das, obwohl du dich wie ein Idiot benommen hast. Gib dir einfach etwas Mühe und schon wird sie sich noch mehr auf die Story stürzen, als bereits jetzt", erklärt er mit einem diabolischen Grinsen.

„Ich soll sie also für meine Zwecke benutzen?", frage ich nach und irgendwie fühlt sich der Gedanke nicht richtig an.

„Wenn das deine einzige Chance ist, um hier herauszukommen, dann ja."

Er sieht mich ernst an und mir wird bewusst, dass er recht hat. „Okay, wie du meinst", willige ich ein und unterdrücke das schlechte Gewissen.

Sura will eine Story und ich will hier raus. Also ist es doch für uns beide eine Win-Win Situation, oder nicht?

Sura

Nach dem Treffen mit Jasons Anwalt bin ich verwirrter wie vorher. Den Zettel, den er mir gegeben hat, habe ich in das Geheimfach meiner Handtasche gesteckt. Noch habe ich ihn mir nicht angesehen.

Erneut stellt sich mir eine Gänsehaut auf, wenn ich daran denke, in was für einer Story ich hineingeraten bin.

Aufgeben ist keine Option und dennoch habe ich ein mulmiges Gefühl, sobald ich mich an Leos Warnung erinnere. Wenn da wirklich Leute von ganz oben mit drin stecken, wie soll ich das dann bitte aufklären?

Ich atme tief durch und beschließe es wenigstens zu versuchen. Es gibt immer irgendwo eine Schwachstelle und die muss ich finden.

Und was ist, wenn dir Leo falsche Informationen hat zukommen lassen? Was ist, wenn alles eine Lüge ist?, meldet sich die kleine Stimme in meinem Kopf und spricht somit meine größten Ängste aus.

Immerhin darf ich nicht ausschließen, dass Leo und Jason mich nur benutzen um einen Gnadengesuch bewilligt zu bekommen. Ich schüttle mit dem Kopf, um diese Gedanken ganz schnell zu vertreiben. Leo hat so ehrlich besorgt um Jason gewirkt und auch in seiner Miene habe ich keine Regung einer Lüge erkannt, als er die Infos bestätigt hat. Zumindest hoffe ich, dass ich damit richtig liege.

Die Neuigkeiten brennen mir förmlich auf der Seele und ich beschließe, mit Susan darüber zu reden. Ich weiß, dass ich ihr vollkommen vertrauen kann. Jeff natürlich ebenfalls, aber er wirkt derzeit so fertig und ausgelaugt, dass ich ihn nicht mit dieser Story weiter belasten möchte. Es reicht schon, dass er mir die Infos besorgt hat. Auch wenn ich es immer noch nicht so recht fassen kann, dass sie tatsächlich von Leo stammen sollen.

Ich denke nicht weiter darüber nach, sondern ziehe stattdessen mein Handy aus der Handtasche und wähle Susans Nummer.

„Hey", meldet sie sich fast augenblicklich und sofort fühle ich mich ein wenig erleichtert.

„Hallo, Susan. Wann hast du heute Feierabend?", frage ich sie und lehne mich in dem Autositz zurück.

„Hmm, schätze mal so gegen sechs. Ich muss noch ein paar Sachen recherchieren und ein Interview führen. Danach stehe ich für dich zur Verfügung, wenn du magst."

„Super! Komm einfach nach der Arbeit zu mir", schlage ich vor.

„Alles klar. Bin ich richtig in der Annahme, dass es um Jason geht?", fragt sie und ich höre die Neugierde aus ihrer Stimme heraus.

Ich knirsche mit den Zähnen, weil ich mich offenbar selbst verraten habe. „Bis später", brumme ich nur und höre sie lachen, bevor ich auflege.

Nachdenklich sehe ich aus der Windschutzscheibe meines Autos nach draußen und überlege was ich jetzt mache. Ich könnte zurück ins Büro fahren, immerhin ist es erst früher Nachmittag, aber dann müsste ich wahrscheinlich wieder Rede und Antwort bei meiner Chefin stehe. Nein, danke.

Ich beschließe stattdessen, nach Hause zu fahren und erste Infos zu recherchieren. Zumindest kann ich versuchen mir schon mal einen Überblick zu verschaffen. Bevor ich es mir anders überlege und den Zettel von Leo gleich lese, starte ich den Motor und fädle mich in den Verkehr ein. 

*So langsam wird es ernst und die Geschichte nimmt Fahrt auf. ;) Ich hoffe, es hat euch wieder gefallen.<3*

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