Jason
Zwei Wochen und drei Tage bis zur Hinrichtung
Nachdenklich sitze ich auf einer der Bänke im Hof und sehe auf, als eine Person vor mir stehen bleibt. Mein Gesicht hellt sich auf, als ich bemerke, dass es Phil ist. Ich dachte schon, er wäre wieder krank.
»Hey, Kumpel«, begrüßt er mich und ich schlage in seine dargebotene Hand ein. Er lässt sich danach ächzend neben mir fallen und lehnt sich an.
»Alles klar bei dir?«, frage ich und er nickt halbherzig.
»Wo ist denn Dean?«, erkundigt er sich nach einem Moment des Schweigens und ich sehe nicht zu ihm, sondern beobachte stattdessen weiter die anderen Häftlinge auf dem Hof.
»Keine Ahnung. Vielleicht hat er Besuch.«
Phil brummt etwas als Antwort, dass ich nicht verstehe und ich bemerke, dass Chimes und seine beknackten Freunde uns schon wieder im Visier haben. Heute begnügen sie sich jedoch nur mit Starren. Zum Glück. Ich habe keinen Bock auf irgendwelche Diskussionen.
»Wie geht es dir? Siehst heute ziemlich mitgenommen aus«, bemerkt Phil und reißt mich aus meinen Gedanken. Zeitschindend fahre ich mir mit der flachen Hand über das Gesicht. Ich hatte gehofft, dass ihm das nicht auffällt. Aber nach all den Monaten hier drinnen, kann ich ihm wohl nichts mehr vormachen.
»Hab nicht wirklich geschlafen diese Nacht«, antworte ich karg und hoffe, dass er nicht weiter nachfragt.
»Und warum? Ist irgendetwas passiert?« So viel dazu, dass er das Thema fallen lässt.
Ich ringe kurz gedanklich mit mir und beschließe, es ihm zu sagen. Was soll schon passieren? »Noch ist nichts geschehen. Aber ich befürchte, dass es nicht mehr lange dauern wird.«
»Wovon sprichst du?« Aus dem Augenwinkel bemerke ich, wie er mir einen fragenden Blick zuwirft.
»Von Sura. Der Reporterin.«
»Und?«, bohrt er weiter nach, als ich keine Anstalten mache weiterzusprechen.
»Sie kniet sich ziemlich rein in die Story und ich ... Ich habe irgendwie das Gefühl, als würde ich sie ausnutzen, wenn ich weiterhin ... naja ... ihr die Chance gebe mich kennenzulernen. Weißt du wie ich meine?«
Ich drehe mich zu ihm, um ihn ansehen zu können. Er begegnet nachdenklich meinem Blick. »So wirklich nicht, mein Junge. Also erkläre es einen alten Mann doch bitte etwas deutlicher.«
»Sura recherchiert zu meinem Fall und ist dabei schon auf ein paar Ungereimtheiten gestoßen. Letzte Woche als sie mich besucht hat, war sie total angespannt und ist meiner Frage ausgewichen, ob sie ihm jemand bedroht hätte. Das war für mich schon Antwort genug. Ich finde es ja gut, dass sie sich so für mich einsetzt und nichts unversucht lässt. Aber was ist, wenn all das völlig sinnlos ist? Sie kämpft immerhin für einen Mann, den es, seitdem ich hier drinnen bin, nicht mehr gibt.«
»Denkst du nicht, dass sie vielleicht etwas herausfindet? Wenn sie so wie du sagst, schon auf Ungereimtheiten gestoßen ist, dann dauert es doch auch nicht mehr lange, bis sie alles aufdeckt«, versucht er mich zu beruhigen, aber ich schüttle vehement mit dem Kopf.
»Du missverstehst mich, Phil. Ich glaube daran, dass sie die Wahrheit herausfindet. Aber was ist, wenn ich tatsächlich ein Mörder bin und Jones umgebracht habe? Was passiert dann? Sie riskiert für mich so viel, nur um dann womöglich etwas herauszufinden, was im Prinzip sowieso schon alle wissen. Ich habe das Gefühl, als würde ich sie dann damit enttäuschen. Herrje, es klingt selbst in meinen Ohren seltsam.« Es tut gut, diese Worte endlich einmal laut ausgesprochen zu haben, denn der Knoten in meinen Magen hat sich ein wenig gelockert.
Phil wirft mir einen nachdenklichen Blick zu, bevor er seinen Kopf wegdreht und auf den Hof starrt. Er presst die Lippen zusammen, reibt seine Hände aneinander und verschränkt sie anschließend wieder.
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Jason. Möglich ist es natürlich, aber nach wie vor glaube ich nicht daran, dass du ein kaltblütiger Mörder bist. Du bist nicht so wie die anderen Häftlinge hier. Stell dich nicht mit ihnen auf eine Stufe. Und sollte sie widererwarten tatsächlich herausfinden, dass du es warst, dann weißt du wenigstens die Wahrheit. Seh es einfach mal von dem Aspekt. Vielleicht erinnerst du dich dann auch wieder an etwas. Womöglich brauchst du nur einen kleinen Schups in die richtige Richtung.«
Ich seufze und denke einen Moment über seine Worte nach. »Ich will nicht, dass Sura etwas passiert«, sage ich leise und sehe wieder zu Chimes auf der gegenüberliegenden Seite des Hofes rüber, der mir prompt den Mittelfinger zeigt, als er bemerkt, dass ich zu ihm blicke. Reine Provokation von diesem Arschloch.
»Willst du etwas von ihr?«, fragt mich Phil direkt und das erste Mal bin ich bereit, eine ehrliche Antwort zu geben.
»Sie löst auf jeden Fall etwas in mir aus. Aber vielleicht liegt es auch nur daran, weil sie die einzige weibliche Person ist, die ich in dem letzten halben Jahr so wirklich zu Gesicht bekommen habe«, rede ich mich schleunigst wieder heraus, als ich aus dem Augenwinkel sehe, was für ein breites Grinsen sich auf seinen Lippen bildet.
»Rede dir das nur weiter ein, Jason. Du fährst total auf sie ab. Schade, dass ich sie wohl niemals sehen werde.« Kaum hat er die Worte ausgesprochen, entsteht in meinem Kopf eine Idee.
»Vielleicht wirst du das noch«, antworte ich verschwörerisch.
Er grinst mich an und die ernste Stimmung zwischen uns ist nun vollends verflogen.
»Dann hoffe ich für dich, dass sie attraktiv ist. Ich bin nämlich schonungslos ehrlich und sage dir, wenn ich sie hässlich finde«, zieht er mich auf.
Ich lache bei seinen Worten laut auf und es fühlt sich so befreiend an, dass ich für einen Moment alle Sorgen vergesse.
*Aktuell ist es hier etwas ruhig, doch ich bin momentan voll im Schreibfieber und werde, wenn es weiterhin so gut läuft, den ersten Teil von Enemies noch dieses Jahr beenden. <3 Sobald ich fertig bin, gibt es auch mehr Updates. :) *
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ENEMIES
RomanceKann aus einem gefeierten Navy-Seal ein kaltblütiger Mörder werden? Und sollte man sich in ausgerechnet so einen Mann verlieben? »Sometimes the love is fake, but the hate is always real.« Jason Strent ist ein angesehener Navy-Seal. Kein Einsatz ist...