Kapitel 25

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Sura

Drei Wochen bis zur Hinrichtung

Abwesend streichle ich am nächsten Morgen über Hectors getigertes Fell. Das Foto von mir mit den nur allzu deutlichen Worten liegt vor mir auf dem Küchentisch und scheint mich zu verhöhnen.

Gestern Abend war ich so verängstigt, dass ich alle Vorhänge zugezogen und mich direkt in mein Bett verkrochen habe. Bei jedem Geräusch bin ich zusammengezuckt und habe mich selbst verflucht, weil ich mich so einfach erschrecken lasse.

Es ist nur ein Foto von mir, mit ein paar Worten. Was wollen sie schon machen? Mich töten? Wohl kaum. Oder doch?, frage ich mich selbst etwas zweifelnd.

Tatsächlich ist es nicht das erste Mal, das ich solche Drohungen erhalte. Der Job als Reporterin bringt das einfach mit sich. Meistens sind es nur harmlose Emails in denen ich auf jede Art und Weise beleidigt werde. So etwas lässt mich mittlerweile nicht einmal mit der Wimper zucken. Aber das ... Es wurde nicht anonym im Internet verschickt, sondern in meinen Briefkasten gesteckt. Sie wissen genau wo ich wohne und ich spüre, dass das erst der Anfang ist.

Aber wer sind die überhaupt? Wem könnte ich jetzt schon auf die Füße getreten sein? Klar, zu Jones Sekretärin war ich nicht nett und ich habe sie ziemlich an der Nase herumgeführt, doch wie konnten sie so schnell herausfinden, wo ich wohne? Das lag gerade mal ein paar Stunden zurück.

„Miau!"

„Ja, mein Süßer", sage ich zu Hector, der mich finster ansieht, weil ich aufgehört habe ihn zu streicheln. Er schnurrt auf meinem Schoß und ich mache schnell weiter.

Während ich ihn kraule und er vor sich hin schnurrt, beschließe ich, Susan anzurufen, um mir ihre Meinung einzuholen. Danach frage ich Leo, ob wir uns treffen können. Es muss eine Möglichkeit geben, dass ich mich mit Jason alleine unterhalten kann. Zehn Minuten würden mir ja schon reichen.

Kurze Zeit später hat mein Kater schließlich die Nase voll von mir und springt von meinem Schoß. Er tigert durch die Wohnung und spielt anschließend mit einem Fussel. Ich beobachte ihn einen Moment belustigt, bevor ich nach meinem Handy greife, dass neben dem Bild von mir liegt, und rufe Susann an.

Jedoch habe ich kein Glück. Lediglich die Mailbox geht ran und ich lege seufzend auf. Wahrscheinlich ist sie gerade in einer Besprechung und kann nicht rangehen. Wäre ich nicht so verängstigt gewesen, hätte ich sie ja gestern Abend noch anrufen können. Aber nein, ich habe ja gezittert wie ein Baby. Ich rolle über mich selbst die Augen und wähle stattdessen Leos Nummer.

„Hallo?"

Ich atme erleichtert aus, als ich wenigstens bei ihm Glück habe. „Hey, hier ist Sura", sage ich und versuche nicht so aufgeregt zu klingen, wie ich mich fühle.

„Hallo, Sura. Alles in Ordnung bei Ihnen?", fragt er und ich höre, laute Stimmen um ihn herum.

„Störe ich?", stelle ich als Gegenfrage und nehme das Foto erneut in die Hand.

„Ich bin auf dem Weg zu einem Gerichtstermin", antwortet er karg.

„Okay, ich mache es kurz. Können wir uns heute treffen? Ich müsste etwas mit Ihnen besprechen."

„Tut mir leid, heute ist schlecht. Ich werde bis abends in der Kanzlei sein. Wie wäre es morgen? Gleich früh um acht? Oder sind Sie da auf Arbeit?", fragt er und ich kaue auf meiner Unterlippe, da ich heute offenbar wirklich kein Glück habe.

„Nein, ich habe frei. Wo treffen wir uns?"

„Wie letztes Mal?"

„Ja, das passt."

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