In der nächsten Woche begann für Marie wieder der ganz normale Alltagswahnsinn.
Dazu kamen die immer wiederkehrenden Gedanken, die sie Thomas, Yasmin und auch Paddy widmete.
Manchmal dachte sie, ihr würde gleich der Kopf platzen.
Dann versuchte sie sich eine Auszeit zu gönnen, indem sie in die Kirche flüchtete, eine Kerze anzündete und Gott ihr Herz ausschüttete. Manchmal, wenn sie sicher war, dass keiner da war, setzte sie sich in die Marienkapelle und sang „Thanking blessed Mary".
Diese kurzen Auszeiten in der Kirche kräftigten sie auf eine Weise, die sie nicht erklären konnte.
Gegen Ende der Woche meldete sich Thomas bei Marie. Er wollte reden.
Also verabredeten sie sich am Samstag in einem Restaurant, in dem sie auch früher schon öfter gegessen hatten.
Anfangs herrschte großes Schweigen. Dann traute sich Thomas, das Schweigen zu brechen und entschuldigte sich erst einmal bei Marie, dass er sich so lange vor dem Gespräch gedrückt hatte. Irgendwie konnte Marie ihn ja auch verstehen. Sie war mit Yasmin einfach ausgezogen.
Aber sie machte ihm auch klar, warum sie das getan hatte und dass sie es so nicht mehr aushalten konnte. Thomas war sehr verständnisvoll und zeigte Einsicht. Scheinbar hatte er begriffen, wie nah ihre Beziehung am Abgrund stand.
Kurz überlegte Marie, ob sie ihm von dem Kuss erzählen sollte. Aber sie entschied sich dagegen. Es würde nur unnötig Staub aufwirbeln.
Letztendlich entschieden sich beide dafür, dass Marie erst einmal bei ihren Eltern bleiben sollte und sie gemeinsam eine Eheberatung aufsuchen würden.
Marie war sehr überrascht von dem Gespräch und der Offenheit, die Thomas gezeigt hatte.
Immer häufiger kamen ihr die Gedanken, sich mit Thomas zu versöhnen und wieder „zu Hause" einzuziehen.Die folgenden Wochen vergingen wie im Flug. Marie arbeitete fleißig daran, dass Paddys Konzert im Juni ein Erfolg werden würde. Immer wieder telefonierte sie mit Marvin, um Einzelheiten zu besprechen. Ihre Arbeit im Kindergarten absolvierte sie mit Leichtigkeit, weil sie sich schon während der Arbeit auf die Organisation des Konzertes freuen konnte.
Sie genoss die Telefonate mit Marvin und fragte ihn regelmäßig über Paddy aus, der sich leider schon seit Wochen nicht bei ihr gemeldet hatte.
Die Therapiestunden, die sie nun regelmäßig mit Thomas besuchte, brachten sie einander wieder näher.
Trotzdem fand es Marie komisch Thomas zu umarmen. Ihre Gefühle wollten einfach nicht zurückkehren. Immer wieder schweiften ihre Gedanken auch zu Paddy und seinem atemberaubenden Kuss, der ihr noch heute einen Schauer über den Rücken jagte.
Draußen war es inzwischen richtig warm geworden. Der Mai brachte die Sonne so richtig zum Glühen und die Wiesen wurden immer bunter.
Auch Yasmin machte unheimliche Fortschritte. Sie sprach inzwischen schon so viel, dass sich Marie manchmal am liebsten die Ohren zugehalten hätte. Den ganzen Tag ging das kleine Mündchen auf und zu. Sie verbrachten viel Zeit draußen auf dem Spielplatz oder auf der großen Terrasse von Maries Eltern. Oft saß Marie dann auf der Hollywoodschaukel mit einem Block in der Hand und Yasmin planschte im Planschbecken herum.
Marie liebte diese Jahreszeit. Aber es wurde ihr immer wieder schmerzlich bewusst, dass ihr gerade jetzt die Liebe sehr fehlte.
Überall sah man verliebte Pärchen herumschlendern und jedes Mal, wenn sie sich küssten, musste Marie an diesen einen Kuss denken.
Wann hört das denn endlich auf? dachte Marie. Es tat so weh immer wieder daran zu denken.
Eines Abends saß Marie am Computer, um sich wieder einmal auf den neuesten Stand zu bringen. Da entdeckte sie auf mehreren Seiten immer und immer wieder dasselbe Gerücht.
Paddy hat eine Freundin. Die Fans zerrissen sich ihre Mäuler und es gab sogar Fotos mit der vermeintlichen Freundin. Marie durchforstete das ganze Internet. Und überall gab es ähnliche Gerüchte. Marie wurde ganz komisch im Bauch. Ja klar, dachte sie. Das wäre eine Erklärung, warum er sich so lange nicht gemeldet hatte. Aber war Paddy wirklich so sprunghaft? Andererseits war es ja eigentlich klar, dass er sich nicht mit einer Verheirateten einlassen würde. Schließlich war er sehr gläubig und ausserdem hatte sie ihm ja klar zu verstehen gegeben, dass sie sich ihrer Gefühle nicht sicher war.
Verwirrt rief Marie bei Marvin an. Wer sollte es schon besser wissen?
„Hey Marie", meldete sich Marvin fröhlich. „Schön, dass du dich meldest. Hast du das mit den Anschlüssen schon geklärt? Es wäre gut, wenn wir wüssten, wo wir welche ........"
„Ja, hab ich, mail es dir zu", unterbrach sie Marvin schnell.
„Jetzt muss ich erst einmal etwas anderes klären"
„Was ist denn los mit dir? So redest du doch sonst nicht mit mir!"
entgegnete Marvin verwundert.
„Entschuldigung. Ich bin grad etwas aufgebracht", erklärte sich Marie.
„Weißt du etwas von einer neuen Freundin, die Paddy haben soll?"
„Du hast es also schon gelesen", antwortet Marvin etwas ernster. „Ich habe geahnt, dass du mich das bald fragen wirst!"
„Es stimmt also?" fragte Marie etwas bedrückt.
„Marie, ich weiß nicht was ich dir sagen soll. Paddy ist in den letzten Wochen sehr verschlossen. Er weicht dem Thema regelrecht aus und verkriecht sich immer wieder.
Ich hab dir ja schon erzählt, dass er zu Jimmy abgehauen ist, nachdem wir mit der groben Planung fertig waren. Als er von dort zurückkam, war er wie ausgewechselt.
Marie, ich weiß, dass er sich in dich verliebt hat. Das hat er mir selbst gestanden. Aber er wollte von Anfang an deiner Ehe nicht im Weg stehen. Ich kann dir nicht sagen, was an den Gerüchten dran ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich so schnell in eine andere verlieben kann. Dazu ist er absolut nicht der Typ. Aber ich kann dir leider nichts Genaues sagen."
„Vielleicht hat er ja Recht. Ich habe mich ja immer noch nicht festgelegt und mit Thomas klappt es immer besser. Ich denke, ich sollte zu ihm zurückgehen und Paddy nicht länger festhalten. Er hat etwas Besseres verdient."
„So würde ich das nicht unterschreiben", entgegnete Marvin.
„Du bist eine tolle Frau. Das hat auch Paddy immer wieder betont. Er hat dir nicht umsonst sein geliebtes Kreuz geschenkt. Da hing er sehr dran! Abgesehen davon, solltest du deine Entscheidung nicht von Paddy abhängig machen. Du musst ganz für dich alleine überlegen, ob eine Beziehung zu Thomas noch Sinn macht, oder nicht."
„Ja, du hast ja Recht. Danke Marvin. Wenn du mehr weißt, sag mir bitte Bescheid. Ich mail dir jetzt mal den Plan mit den Anschlüssen zu. Bis bald!"
„Ok, bis bald und lass den Kopf nicht hängen. Ach, und glaub nicht allen Gerüchten, die du so findest", fügte Marvin noch hinzu und legte auf.
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Ein Geschenk des Himmels
FanfictionMarie ist verzweifelt. Der Traum ihrer heilen Familie scheint zerstört, ihre Ehe am Ende. Selbstzweifel plagen sie , sie ist am tiefsten Punkt ihres Lebens angelangt. Doch plötzlich geschieht etwas, das ihr Leben komplett auf den Kopf stellt.