Mitte August war es endlich soweit. Marie hatte drei Wochen Urlaub.
Dieses Jahr hatte Thomas sogar zur selben Zeit Urlaub bekommen und sie hatten sich vorgenommen, eine Woche wegzufahren.
Marie hatte vorgeschlagen, campen zu gehen. Das war nicht so teuer und man hatte die Möglichkeit zwischendrin einmal den Standort zu wechseln.
Aber Thomas hatte keine Lust auf Camping.
Also fiel die Entscheidung auf ein Familienhotel in Spanien direkt am Meer mit eigenem Strand. Marie freute sich auf ihren wohlverdienten Urlaub. Ausserdem hoffte sie inständig, dass sie in gelöster Urlaubsstimmung noch intensiver an ihrer Beziehung arbeiten würden und sie endlich den Moment erleben durfte, an dem sie Thomas Umarmungen wieder genießen konnte, so wie früher.
Der erste Tag war einfach wundervoll. Yasmin flog zum ersten Mal und für Marie war es auch erst der zweite Flug ihres Lebens. Yasmin schaute während des Fluges immer wieder fasziniert aus dem Fenster und wollte einfach nicht glauben, dass das weiße, dass sie erblickte, die Wolken waren, die für sie sonst unerreichbar weit entfernt waren.
Thomas war den ganzen Flug über schlecht. Er saß kreidebleich neben Marie am Gang und wurde regelmäßig von einer Stewardess besucht, die ihn mit allem versorgte, was ihm Linderung verschaffen sollte.
Als sie ausgestiegen waren und das Gepäck geholt hatten, ging es Thomas bereits besser. Die Tatsache, endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, trug dazu bei, dass sich seine Beschwerden schnell in Luft auflösten.
Da sie früh am Morgen geflogen waren, blieb ihnen noch genug Zeit, die Umgebung um das Hotel zu erkunden, nachdem sie ihr Zimmer bezogen hatten.
Es war wirklich ein sehr schönes Hotel, das auch außer einem schönen Sandstrand genug zu entdecken bot.
Nach einem aufregenden Tag war Yasmin am Abend schnell eingeschlafen und Thomas und Marie ließen den Tag auf ihrem kleinen Balkon bei einem Gläschen Wein ausklingen.
Zum ersten Mal seit langem verspürte Marie in seiner Gegenwart so etwas wie Glücksgefühle. Das Gefühl war nur sehr schwach, aber sie wusste, dass es stärker werden könnte, wenn es die nächsten Tage so weiter gehen würde.
Doch der Schein hatte getrügt. Schon am nächsten Tag gab es den ersten Streit. Marie wollte sich eine nahe gelegene Sehenswürdigkeit ansehen. Thomas hingegen wollte den Tag ganz relaxed am Strand verbringen. Als Marie den Vorschlag brachte, dass man ja auch beides machen konnte, winkte Thomas ab.
„Aber was soll denn Yasmin den ganzen Tag mit uns am Strand? Sie wird sich sicher nicht stundenlang auf ein Handtuch legen um zu entspannen!" argumentierte Marie.
„Wir können ja mit ihr Ball spielen und schwimmen!" erwiderte Thomas. Also gab sich Marie geschlagen. Schließlich konnte man auch noch an einem anderen Tag etwas unternehmen.
Zwar ahnte sie, dass sie diejenige sein würde, die Yasmin bespaßen musste, aber sie wollte jetzt nicht streiten.Leider wurden die nächsten Tage nicht besser und Marie war viel mit Yasmin alleine unterwegs, während Thomas die Angebote der Animateure nutzte.
Sicher sagte er immer, Marie solle mit Yasmin einfach mitkommen. Aber Marie fand es für Yasmin nicht schön zwei Stunden in der prallen Sonne Fußball zu spielen oder zu zusehen, wie Thomas das Bogen schießen lernte.
Stattdessen erkundete sie mit Yasmin die Gegend oder nahm an Animationsprogrammen teil, die für Kinder geeignet waren. Dabei schloss sie schnell Kontakt zu ein paar deutschen Familien. Auch Yasmin hatte sehr viel Spaß mit den anderen Kindern zusammen zu spielen.
Wenn Thomas dann wieder da war, machten sie meistens nicht mehr viel.
Sicher verstand Marie, dass jeder auch einmal etwas Zeit für sich brauchte, vor allem im Urlaub. Aber musste das permanent der Fall sein?
Am vierten Tag wollte Marie dann auch einmal Zeit für sich haben.
Thomas sagte zwar nichts dagegen, aber an seiner genervten Reaktion merkte Marie, wie unrecht ihm das war. Als Marie dann ihr Buch aus der Tasche zog, sich ein Handtuch schnappte und sich verabschiedete, wollte Thomas wissen, was sie denn jetzt machen wollte. Als Marie ihm dann sagte, sie wolle ihr Buch lesen, schüttelte er verständnislos den Kopf und meinte: „Na wenn du meinst, dass du die Zeit so nutzen willst!"
Marie schloss schnell die Türe hinter sich, bevor sie es sich noch anders überlegte.
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Ein Geschenk des Himmels
Hayran KurguMarie ist verzweifelt. Der Traum ihrer heilen Familie scheint zerstört, ihre Ehe am Ende. Selbstzweifel plagen sie , sie ist am tiefsten Punkt ihres Lebens angelangt. Doch plötzlich geschieht etwas, das ihr Leben komplett auf den Kopf stellt.