Merkwürdigerweise stürmte keiner der Fans die Kirche, wie Marie vermutet hatte.
Einige sahen sogar sehr ergriffen aus, als sie die wunderschöne Atmosphäre spürten, die den Raum erfüllte.
Aber leider gab es trotzdem wieder unangenehme Fans, die meinten, sie wären die einzig wahren Fans und dürften sich alles erlauben. So auch Maries alte Bekannte, mit der sie schon am Nachmittag Bekanntschaft gemacht hatte.
Natürlich wollte diese sich mit zwei anderen ihrer Sorte in die erste Bank setzen, obwohl da ein riesiges Reserviert-Schild lag.
Marie blieb also nichts anderes übrig, als sich erneut mit ihr anzulegen.
„Es tut mir leid, aber die erste Bank ist reserviert. Setzt euch doch bitte in die zweite Bank!" wies sie Marie freundlich zurecht. Dabei lächelte sie sogar und versuchte, sich ihr Unverständnis nicht anmerken zu lassen.
Aber der besagten Dame schien das absolut nicht zu gefallen.
„Wegen solcher Krüppel müssen wir jetzt weiter hinten sitzen?" fragte sie erbost und zeigte auf eine ältere Frau mit Krücken, die sich gerade in die erste Bank setzte.
„Hat sie denn etwa mehr bezahlt als wir?" fügte sie schnippisch hinzu.
Selbst ihre Freundinnen schienen bestürzt zu sein über diese Aussage.
Marie war im ersten Moment so baff, dass sie gar nicht wusste, wie sie auf diese Aussage reagieren sollte. So etwas hatte sie wirklich noch nie erlebt. Trotzdem versuchte sie so freundlich wie möglich zu bleiben, auch wenn es ihr sehr schwer fiel.
„Ich denke wir können das auch ohne persönliche Beleidigungen klären. Ich bitte euch einfach, in der zweiten Bank einen Platz zu suchen. Die erste Bank ist von Paddy reserviert worden und er persönlich entscheidet, wer dort sitzen darf!"
Die beiden Freundinnen der jungen Dame steuerten sofort auf die zweite Bank zu. Aber ihr schien das nicht zu gefallen. Sie sah Marie provozierend an und sagte schnippisch:" Was willst du eigentlich von mir? Du hast mir gar nichts zu sagen. Bildest du dir ein, dass du jetzt was Besseres bist, nur weil du einen Schlüssel hast?"
Marie bekam es langsam mit der Angst zu tun. Diese Person schien sehr aufgewühlt zu sein. Durch die lange Warterei konnte man ja auch etwas durchdrehen.
Marie legte beruhigend die Hand auf ihre Schulter und wollte gerade etwas Schlichtendes sagen, da spürte sie plötzlich einen starken Schmerz in ihrem Gesicht und merkte nur noch wie sie den Halt verlor, ......Sie musste einige Minuten ohnmächtig gewesen sein. Als sie wieder zu sich kam, konnte sie verschwommen einige Gestalten um sich herum erkennen.
Rechts neben ihr saß Marvin, der sie besorgt ansah und ihre Hand hielt. Auf der anderen Seite kniete ein Sanitäter und hielt ihr ein Tuch unter die Nase. Erst jetzt nahm sie den heftigen Schmerz war, der von ihrer Nase ausging.
„Marie? hörst du mich?" fragte der Sanitäter.
„Ja", antwortete Marie etwas benebelt. „Wir setzen dich jetzt mal aufrecht hin, damit die Nase ausbluten kann", sagte er und stützte ihr den Rücken, als sie sich aufrichtete.
Marie kamen die Tränen. Die Nase tat wirklich gehörig weh. Auch ihr Kopf schmerzte ein wenig. Der Sanitäter legte ihr etwas Kaltes in den Nacken und fragte sie nach ihren Schmerzen. Aber Marie plagte ein anderer Gedanke. Sie drehte sich zu Marvin um und fragte: „Wie spät ist es denn? Müssten wir nicht längst anfangen?"
„Paddy weiß bescheid, dass es sich etwas verzögert. Wir fangen an, wenn es dir besser geht", beruhigte sie Marvin.
Nachdem sie noch einige Minuten so auf dem Boden gesessen und ihr Kreislauf sich etwas stabilisiert hatte, stand sie mit Hilfe von Marvin und Sandra auf, die inzwischen auch herbeigestürmt war.
In der Sakristei setzten sie Marie auf einen Stuhl. Paddy wartete schon und schien sehr besorgt zu sein. Er kniete sich vor Marie auf den Boden und fragte, wie es ihr ginge. Er brachte ihr eine Flasche Wasser und entschuldigte sich mehrmals.
Marie sagte nur: „Es ist ok. Mir geht es gut. Jetzt geh endlich da raus, die Fans warten schon!"
Paddy strich ihr sanft über die Wange, hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn und gab seinen Musikern zu verstehen, dass es jetzt losgehen würde.Die Band nahm ihre Plätze ein und begann mit leisen Tönen zu spielen. Schließlich stimmte Paddy das erste Lied an, während er in der Kirche noch nicht zu sehen war. Nur Marie und Sandra hatten das Glück ihn dabei beobachten zu dürfen. Er wirkte etwas angespannt, was sicher an dem Zwischenfall mit Marie lag.
Marie genoss es, seine Stimme so nah zu hören und dabei die positive Ausstrahlung zu spüren, die von ihm ausging.
Unweigerlich erinnerte sie sich an den Moment am Lagerfeuer, wo seine Stimme ganz alleine für sie gesungen hatte. Sie spürte seine starken Arme, die sie damals so liebevoll umarmt hatten und die Wärme, die von ihm ausgegangen war. Die Erinnerung zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht. Genau in diesem Augenblick drehte sich Paddy noch einmal um. Er sah sie liebevoll an und erwiderte ihr Lächeln. Dann ging er langsam in den Altarraum.
Nachdem er das erste Lied beendet hatte, legte er seine Gitarre kurz zur Seite und begrüßte die Fans. Er sagte, dass er sich freue , dass so viele gekommen waren und erklärte noch einmal kurz, was die Fans erwarten würde und welche Bedeutung so ein Abend für ihn habe.
Dann sagte er mit ernstem Ton: „Agape bedeutet Nächstenliebe. Leider gibt es Menschen, die sich rücksichtslos gegenüber Anderen verhalten und auch vor Gewalt nicht zurückschrecken. Diese Personen haben die Botschaft des heutigen Abends nicht verstanden!"
Einige Fans begannen zustimmend zu klatschen. Jeder wusste, worauf Paddy mit dieser Ansprache hinaus wollte und wer damit gemeint war. Auch die besagte Person schien genau zu wissen, dass sie gemeint war. Sie lief rot an und schaute verlegen zu Boden.
Die Security hatte entschieden, sie nicht der Kirche zu verweisen, um eine Eskalation zu vermeiden. Sie wurde lediglich sehr weit hinten platziert und von einer Security die ganze Zeit beobachtet. Mit Sicherheit eine noch größere Strafe. Vor allem, weil jeder gesehen hatte, was passiert war und sie von allen Seiten beäugt wurde.
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Ein Geschenk des Himmels
FanfictionMarie ist verzweifelt. Der Traum ihrer heilen Familie scheint zerstört, ihre Ehe am Ende. Selbstzweifel plagen sie , sie ist am tiefsten Punkt ihres Lebens angelangt. Doch plötzlich geschieht etwas, das ihr Leben komplett auf den Kopf stellt.