13

751 45 2
                                    

Verwirrt schaute ich auf die Nachricht. Was meinte sie? Hoffentlich war es nichts Schlimmes. Sie freute sich, dass ich noch lebte. Ich grinste in mich hinein und antwortete ihr schnell.

"Was ist denn?"

Sie brauchte lange, bis sie mir zurückschrieb. Bestimmt zehn Minuten, wenn nicht sogar länger. Mir fiel auf, dass ich zu versessen darauf war, zu erfahren, was denn so dringend war. Und gerade, als ich mir etwas zu trinken holen wollte, machte mein Handy wieder den Ton.

"Ich denke das ist was für ein persönliches Gespräch...machst du mir die Tür auf?"

Ich stutzte. Die Tür aufmachen? Sie stand jetzt nicht wirklich vor meiner Haustür. Ich starrte zum Eingang des Hauses und überlegte, wie realistisch das jetzt war. Ein weiteres Piepen erklang.

"Hallo? Ich stehe immernoch draussen..."

Oh mein Gott. Als hätte ich auf heissen Kohlen gesessen sprang ich auf und rannte zur Tür. Dort angekommen hielt ich an und machte eine kurze Atempause, bevor ich aufmachte. Draussen stand Clarke, die ein freundliches Lächeln trug und mir direkt in die Augen sah. "Was hat denn so lange gedauert?" Ich fuhr mir durch die Haare und entschuldigte mich. "Sorry, ich war oben. Komm doch rein." Sie lachte und steckte die Hände in ihre Bauchtasche. "Achso. Ich würde gerne rein kommen, aber ich hab da was anderes im Sinn.", grinste sie verschwörerisch und nickte in Richtung Strasse. Verwirrt schaute ich sie an, doch sie sah nicht so aus, als würde sie einen Witz machen. "Okay..?", zog ich meine Antwort fragend in die Länge und nahm meine Jeansjacke von der Garderobe. Ein kurzer Blick zurück, hatte ich alles? Schlüssel, Handy, Geld.  Ich wusste ja nicht einmal was sie vorhatte, woher sollte ich denn wissen, was ich mitnehmen musste? Als hätte sie meine Gedanken gelesen, sagte sie: "Passt schon, du brauchst nichts Bestimmtes." Ich nickte langsam und schloss die Tür hinter mir. Fragend sah ich sie an, um ihr die Führung zu überlassen. Sie nahm den Hinweis an und lief voraus. Der Weg führte uns zur Bushaltestelle. "Wir führen diese ernste Unterhaltung also in einem Bus?", lachte ich ungläubig und setzte mich ans Fenster. Clarke nahm neben mir Platz und sah mich an. "Was sagt dir, dass sie ernst wird?"

Ich fühlte mich ertappt und plötzlich auch etwas nervös. Was wenn es um uns ging? Oh gott, was würde sie mir sagen? "Naja, ähm, persönlich heisst meistens ernst, oder nicht?", fragte ich unsicher. Sie lachte kurz auf und lächelte mich dann an. "Verdammt, du hast recht. Vielleicht ist sie ja ernst. Es könnte aber auch ganz locker ablaufen." Das war alles. Ich hätte mir eine bessere Antwort gewünscht, eine, die irgendetwas verrät. Aber nein. Natürlich war das zu viel erwartet. Ich seufzte und legte meinen Kopf resigniert ans Fenster. Sie schmunzelte und legte ihre Hand kurz auf mein Knie. "Du wirst schon sehen." Ich wusste einfach nicht mehr, was ich denken sollte. Wir sassen still da und sahen beide aus dem Fenster. Es war keine unangenehme Stille, das war es nie mit Clarke. Irgendwann stand sue auf und deutete mir mit einer Handbewegung an, dass wir aussteigen mussten. Es war die Haltestelle am Waldrand, wo ein kleiner, verwachsener Weg zum kleinen See führte. Der See, an dem wir uns richtig kennengelernt hatten, an der Party. Bei der Erinnerung daran musste ich grinsen. "Ich weiss, wohin wir gehen!" Sie machte einen gespielt überraschten Blick und legte erschrocken eine Hand an ihre Wange. "Nein, ehrlich? Wieso bloss?" Sie machte sich über mich lustig. Ich legte beleidigt den Kopf schief und stiess sie mit der Schulter etwas zur Seite. Sie lachte und stiess zurück. Glaubt mir, ich wollte wirklich wütend sein, aber ich konnte es nicht. Dieses Lachen war einfach zu ansteckend. Und so liefen wir lachend nebeneinander her, bis wir das Seeufer erreicht hatten. Es war still, bis auf einige Frösche, die leise Geräusche von sich gaben und das Wasser, das sich langsam bewegte, wenn ein Fisch nahe an der Oberfläche entlang schwamm. Der Himmel hatte schon eine leicht rosa Färbung angenommen. Es war wirklich schön hier. Plötzlich blieb Clarke stehen und setzte sich in den Sand. Als ich mich immernoch nicht zu ihr gesetzt hatte, klopfte sie mit ihrer Hand neben sich. Ich liess mich auf ihre linke Seite plumpsen und sah aufs Wasser, weil ich zu viel Angst vor der grossen Enthüllung hatte. "Also...", druckste sie herum, wahrscheinlich weil sie nicht wusste, wie sie anfangen sollte. "Fang einfach an.", ermutigte ich sie und drehte mich zu ihr, sodass wir uns nun gegenüber sassen. Sie seufzte und lachte peinlich berührt. Dann holte sie tief Luft und sah mir in die Augen. "Ich bin verliebt."

Mein Herz blieb stehen und fing gleichzeitig an wie wild zu klopfen. Komm runter Sky, bilde dir nichts ein. Reiss dich zusammen. Sie schaute mich an und wartete auf eine Reaktion, von der nicht einmal ich wusste, wie sie sein sollte. "Ah..und jetzt?" Das war mal wieder eine super Leistung von mir. In Gedanken schlug ich mir meine Hand an die Stirn. Sie wandte ihren Blick nach unten, wo sie den Sand zwischen uns mit einem Stöckchen löcherte. "Ach mann, ich bin so schlecht darin...", murmelte sie und schloss die Augen, um sie kurz danach entschlossen wieder zu öffnen. "Ich bin verliebt in ein Mädchen. Sie ist wirklich toll."

Der Klang ihrer Worte hallte noch lange in meinem Gedächtnis nach. Ich hatte immer gewusst, dass sie auch auf Frauen stand, oder es zumindest geahnt. Es war keine grosse Überraschung. Der Grund, wieso gerade die ganze Welt stehen blieb, war, dass ich auf einmal hoffte, dass sie von mir redete. Also nahm ich all meinen Mut zusammen und fragte sie.

"Wer ist es?"

WirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt