Der Samstag kam schneller als gedacht und so fand ich mich plötzlich, zusammen mit einer unglaublich hibbeligen Nelly, in meinem Zimmer wieder. "Du musst unbedingt dieses Kleid anziehen! Es steht dir ganz bestimmt toll.", hielt sie mir einen schwarzen Fummel hin, den sie von zu Hause mitgenommen hatte. Ja, es war nicht hässlich, aber ich mochte einfach keine Kleider. Darum schüttelte ich den Kopf und liess mich auf mein ungemachtes Bett fallen. "Kannst du vergessen, du weisst genau, dass ich so etwas nie anhabe." Sie schmollte, legte den Kopf schief und stemmte die Hände in ihre Hüften. "Sky, es ist nur ein Kleid, es beisst nicht." Ich verdrehte gespielt genervt die Augen und zeigt auf sie. "Das kannst du nicht wissen. Nee aber mal im Ernst, kann ich nicht einfach bei Hoodie und Jeans bleiben? Ist aich viel bequemer..." Nelly seufzte und gab sich dann, nachdem sie mich kurz gemustert hatte, geschlagen. "Na gut. Aber dann wenigstens etwas MakeUp. Nur Mascara, versprochen." Sie bettelte mich mit ihren grossen Augen förmlich an und faltete die Hände. Ich lachte leicht und lenkte ein. "Okay, mach mich gut aussehend." Sie klatschte begeistert, drehte sich um und holte die Schminke aus ihrem MakeUp-Koffer. Ja, den hatte sie extra zu mir nach Hause geschleppt. Als hätte sie gewusst, dass ich sie machen lassen würde.
Unsere Freundschaft war schon immer ein Bisschen komisch gewesen. Wir waren noch nicht lange befreundet, doch hatten uks sofort gut verstanden. Sie war lustig, ein kleiner Nerd mit einem Faible für Animes und Mangas und ausserdem wirklich gut im Zeichnen. Deswegen war auch MakeUp ihr grosses Hobby. Sie war aber auch ein wenig launisch, was es uns manchmal schwer machte, den Tag gemeinsam zu bestreiten. Es gab gute Tage und eher schlechte, doch wir liebten uns. So wie Freunde es eben tun. So wie ich auch Clarke liebte.
Ich war nun, nach ein paar Tagen Denkpause, zum Schluss gekommen, mir einfach selbst einzureden, dass ich sie gar nicht mehr mochte, als ich es sollte. Dass wir ganz einfach sehr gute Freunde waren. Ich wusste zwar selber, dass ich niemandem etwas vormachen konnte, doch ich hielt es für dringend nötig. Ich wollte unsere Freundschaft nicht zerstören, dafür war sie mir zu viel Wert.
"Ich bin fertig. Willst du es dir anschauen?", fragte mich Nelly, die ein paar Schritte zurück getreten war, um mich als Ganzes zu sehen. "Was?" Ich blickte verwirrt in ihr Gesicht, gerade erst aus meiner Traumwelt zurück. Sie schien aus allen Wolken zu fallen und riss die Augen auf. "Na mein Meisterwerk, dein atemberaubend tolles, unglaublich sexy MakeUp." , schmückte sie mein, wahrscheinlich stink langweiliges, ganz normales Aussehen mit einigen grossen Adjektiven aus. Wahrscheinlich, um mir zu zeigen, dass es wirklich gut geworden war. "Achja, zeig her.", forderte ich sie auf und war sogar ein wenig gespannt auf das Resultat. Sie drehte sich erneut um, holte einen kleinen Spiegel hervor und hielt ihn mir vor die Nase. Ich sah aus wie ich, mit Schminke um die Augen. Also eben nicht wie ich, irgendwie war es ungewohnt, mich zu sehen. Ich schminkte mich sonst nie. Nelly zuliebe lächelte ich aber und lobte sie. "Das ist wirklich gut, danke. Ich mag den Lidstrich." Das war wohl das beste Kompliment, das man ihr geben konnte, denn sie strahlte von Ohr zu Ohr und umarmte mich. "Das wird ein toller Abend, Sky. Endlich machen wir mal richtig Party zusammen." Ich erwiderte ihre Umarmung und nickte zustimmend, auch wenn ich mir dabei nicht so sicher war.
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Wir kamen vor dem Haus an, wo die Party stattfinden sollte. Es stand still in der Dunkelheit der Nacht, in einigen wenigen Fenster leuchtete Licht. Nelly lief schnurstraks darauf zu, ich folgte etwas langsamer, skeptisch. "Und du bist dir sicher, dass wir hier richtig sind? Wir können auch nochmal um den Block fahren...?" Unsicherheit schwang in meiner Stimme mit und ich sah meine beste Freundin fragend an, die verwirrt zurücksah. "Sky, ich weiss, dass wir richtig sind. Und jetzt komm.", drängte sie mich und drückte einfach die Türklinke hinunter. Ich schüttelte verblüfft den Kopf und trottete ihr hinterher. Im Innern des Hauses war es noch immer ziemlich ruhig, doch ich spürte den Bass der Musik trotzdem leicht. Nelly führte mich durchs Haus, auf die andere Seite. Überall hingen Familienbilder, auf denen mir ein hübsches Mädchen besonders auffiel. Länger konnte ich sie nicht begutachten, denn Nelly zog mich weiter in die Küche. Sie war sehr sauber, bis auf ein paar Pizzaschachteln, die auf der Anrichte lagen. Hier sah es schon eher mah Jugendlichen aus. Wir kamen zu einer langen Treppe, die in den Keller führte. Es musste ein schalldichter Raum sein, sonst stünde die Polizei schon vor der Tür mit einer Lärmbeschwerde. Nelly liess mir den Vortritt und ich stieg die Treppenstufen hinunter, als würde dort unten Fluffy, der dreiköpfige Hund aus Harry Potter, schlafen. Nelly stupste mir in den Rücken und sagte etwas, dass ich nicht verstand, da die Musik mit jedem Schritt lauter wurde. Es war nicht so dunkel, wie ich es mir vorgestellt hatte. Die Lichter waren an und die Musik hämmerte in den Ohren. Nelly stürzte sich sofort ins Getümmel, während ich mich fragte, ob ich jemals zuvor eine so grosse Menschenmasse gesehen hatte. Als ich merkte, dass ich alleine herum stand, kam meine bese Freundin auch schon zu mir zurück, mit zwei kleinen Gläschen in der Hand. "SHOTS!", schrie sie mir hinüber und ich nickte verstehend. Das brauchte ich, als Mutmacher. Ich stiess mit Nelly an und schüttete die brennende Flüssigkeit in meinen Hals. Das Schütteln, das mich bald darauf überkam, ignorierte ich und so steuerte ich auf die Bar zu, die ich vorher am Ende des Raums ausmachen konnte. Nelly folgte mir, ihre Hand meine umfassend. Ich goss uns noch mehr Shots ein, denn sie waren wirklich gut. Nach dem vierten wurde ich auf die Tanzfläche gezogen und wippte hin und her. Tanzen war nicht meine Stärke, doch in dieser riesigen Menge von betrunkenen Kindern fiel ich gar nicht auf. Es fühlte sich gut an. Ich konnte nicht über Dinge nachdenken, die ich sowieso vergessen sollte. Irgendwann liess ich mich auf ein Sofa fallen. Jedenfalls wollte ich das, doch meine Gleichgewichtssinn machte mir einen Strich durch die Rechung und ich landete ein paar Zentimeter daneben. Den Schmerz, der sofort durch meine Beine fuhr, spürte ich nicht, weswegen ich nur lachte und den Kopf in den Nacken legte. Wo war eigentlich Nelly? Und wann hatte ich sie verloren? Ich lachte erneut und liess mich dann von warmen Händen, die meine umfassten, hochziehen. "Danke.", murmelte ich lächelnd und schloss die Augen. Als ich erneut drohte umzukippen, wurde ich gegen einen Körper gelehnt, der etwas grössee war als ich. Dieser Geruch, wer war das? Jemand fremdes. Oh gott, war das peinlich. Ich wollte mich entschuldigen, doch als ich den Mund aufmachte, wurde ich sofort unterbrochen. "Ist schon gut." Die weiche Stimme meines Gegenübers liess mich erneut lächeln und ich hob den Kopf. Vor mir stand ein Mädchen, schwarze Haare, braune Augen. Das Mädchen von den Fotos. Oh mann. "Hey.", flüsterte ich. Sie konnte es unmöglich gehört haben, doch sie grinste und erwideete meine Begrüssung. "Ich glaube wir sollten dich nach Hause schaffen, was? Komm, ich fahr dich." Ich liess mich von ihr mitziehen und schloss meine Augen. Als ich sie wieder öffnete stützte mich das Mädchen die Treppen hinauf. "Sind deine Eltern gar nicht da?", fragte ich sie neugierig und konzentrierte mich auf die Stufen von mir. Sie kicherte und schüttelte den Kopf. "Nein, die sind ausgeflogen." Ich nickte verstehend und bereute diese heftige Bewegung sofort, denn mir wurde schlecht. Reiss dich zusammen, Sky.
Wir sassen in einem Auto, das mir nicht bekannt war. Es roch nach dem Mädchen, das sich gerade anschnallte und den Motor anliess. "Hast du nix getrunken?", hakte ich skeptisch nach, obwohl ich mich vielleicht mehr um mich selbst kümmern sollte. Wenn ich nicht mit ihr nach Hause fuhr, dann würde ich nie in meinem Bett ankommen. Doch andererseits kannte ich sie gar nicht. Ich wollte sie abee kennenlernen. Bis betzt war es mir nicht bewusst, doch als sie mich wieder angrinste, dasste ich diesen Gedanken. "Nein, ich habe nichts getrunken, ich bin lieber nüchtern. Dann kann ich schöne Mädchen wie dich nach Hause fahren." Okay wow, das hatte ich nicht erwartet. Sie stand auf Mädchen? Dabei gab es von uns doch fast keine. "Ich steh auch auf Frauen.", murmelte ich und sah aus dem Fenster, bereit es hinunter zu lassen, falls ich mich übergeben musste. "Das freut mich.", lachte sie leise und blickte weiter auf die Strasse. Ich musste lächeln, auch wenn ich nicht wusste, wieso ich ihr das erzählt hatte.
"Wir sind da.", stupste sie mich an und beugte sich zu mir. "Woher weisst du wo ich wohne?" Ich beobachtete sie mit halb geöffneten Augen und freute mich schon auf mein warmes Bett. "Du hast es mir gesagt, Dummerchen. Komm, ich bring dich zur Tür. Ausziehen musst du dich aber selber, das mach ich erst beim nächsten Mal." Ich schüttelte den Kopf und liess mich von ihr aus dem Auto und zur Haustür bugsieren. "Du bist aber stürmisch.", tadelte ich sie und schloss die Tür auf. Das hatte ich erstaunlicherweise noch im Griff. Sie lachte wieder und verabschiedete sich.
Im Bett fiel mir erst auf, dass mein Plan funktioniert hatte. Clarke war den ganzen Abend nicht in meinen Gedanken gewesen. Bis jetzt.
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Wir
RomanceFortsetzung. Ich empfehle euch, zuerst "Sie", auch auf meinem Profil, zu lesen. Es geht aber auch gut ohne, da es eine ganz neue Geschichte ist, die nur die gleichen Charaktere enthält. ~ Die Sommerferien beginnen schlecht und je mehr Wochen vergehe...