20. Kapitel: Alles verändert sich

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Lydia

„Wir waren daran jetzt auch nicht ganz unbeteiligt. Es hat dir nie jemand ein Zuhause angeboten, nur Finn und der ist tot." Beim Gedanke an meinen liebevollen Adoptivvater erreicht meine Stimmung einen neuen Tiefpunkt. „Außerdem würdest du niemals andere für dich leiden lassen, zumindest nicht, wenn du es verhindern kannst." Ich beuge mich vor und ergreife Viggos Hände. Sie geben mir irgendwie neue Kraft, auch wenn das zwischen Viggo und mir schon seit Jahren vorbei ist. „Egal wer deine Eltern sind, du bleibst immer das Mädchen, das mich am Abend eines Festes angerempelt hat, weil es so schnell wie möglich weg wollte. Du bleibst immer das Mädchen, das mir beim Entschuldigen ein echtes Lächeln geschenkt hat und du bleibst immer das Mädchen, das mir immer ehrlich geantwortet hat." Irgendwie ist es süß, wie er versucht mir zu helfen, obwohl ich eigentlich kein Teil seines Lebens mehr bin. Zumindest, bis die Tür aufgeht und irgendjemand herein kommt. Dann passiert alles gleichzeitig. Viggo zuckt zusammen. Der Neue gibt einen überraschten Laut von sich. Mir wird bewusst das Viggo nun ganz schön in der Klemme steckt. Allein mit der neuen, die eigentlich Drachenschützerin ist in einem Raum. Was werden die Leute denken? Ich fühle mich schuldig, weil ich ihm diese Probleme bereite. Ich bereite ihm Probleme, während er versucht mir zu helfen. Ich fühle mich schuldig und dann tue ich das einzig Richtige. Ich beuge mich noch etwas weiter vor und Küsse Viggo. Es fühlt sich vertraut und doch neu an. Irgendwann erwidert mein Exfreund den Kuss. Der Besucher gibt noch einmal ein Räuspern von sich. Einen Moment später schlägt die Tür zu, was ich aber nur am Rand mitbekomme. Viggo und ich lösen uns wieder von einander und schauen eine Weile verlegen an einander vorbei. Irgendwann lacht er verlegen und ich stimme ein. „Du weißt, wie schnell sowas bei uns die Runde macht?" Fragt er irgendwann. Ich nicke ernst. „Scheint so, als hätte ich aus uns gerade wieder ein Paar gemacht." Antworte ich ihm halb im Spaß halb ernst. Noch weiß ich nicht, was das bringen wird oder was ich davon halten soll. Aber es ist ein Neuanfang, ein neuer Versuch, der mein Leben verändern wird. Aber ich glaube ich war noch nie so bereit dafür.

Hicks

Mit zitternden Fingern schiebe ich den Brief zur Seite. Darunter finde ich einen Bauplan. Im Raum ist es so still, dass wir einen Blutstropfen hätten zu Boden fallen können, vorausgesetzt jemand von uns hätte geblutet. Fischbein steht jetzt direkt hinter mir und schaut an der Seite an mir vorbei. Direkt auf den Plan, den Plan für ein riesiges Kriegsschiff.

Es ist komplett aus drachensicherem Material und mit komplett verschließbaren Luken. Ein Segel oder Plätze für Ruder fehlen. Dafür hat das Schiff Platz für eine Mannschaft von ungefähr 15 Personen und an den Seiten Stellen, an denen riesige Hammer abgebildet sind. Darunter steht irgendwas von einem Granatenfeuer und eine gigantische Feuerkapazität, vielleicht noch höher als die vom roten Tod. Noch immer ist es still im Raum. Ich schaue Fischbein nur kurz ins Gesicht, dann lege ich den Plan zur Seite. Ich weiß nicht, wieso ich das gemacht habe, es war intuitiv und es war ein Volltreffer. Unter dem Plan kommt noch ein ungefähr gleich großes Papier zum Vorschein. Es muss aber etwas kleiner sein, da man es von oben nicht gesehen hat. Auf dem Papier stehen mehrere Wörter, die zum Teil mit Pfeilen verbunden sind. Es sieht aus, als hätten eine oder mehrere Personen ihre Gedanken einfach auf das Papier geschrieben. Plan steht da und ein Pfeil führt zu Granatenfeuer Drache? Von dort geht ein weiterer Pfeil ab. Fischbein hinter mir gibt ein Keuchen von mir. An dem Pfeil steht: Angriff, Berk Plan? Der Rest ist verwischt nur noch ein Name ist lesbar: Eva. Ich drehe mich wieder zu Fischbein. Für einen Moment starren wir uns fassungslos an. Dann packe ich die gefundenen Dokumente zusammen und Fischbein nimmt den Teppich. Ohne uns weiter umzusehen puste ich die bereits weit heruntergebrannte Kerze aus und wir verlassen fluchtartig den Raum. Zurück ins Tageslicht.

Astrid

Das Tagebuch in meiner Hand scheint auf meinem Weg mehrere Tonnen zu wiegen. Auch wenn ich es später abstreiten werde berührt mich die Geschichte dieser Eva jetzt schon und dabei habe ich nicht einmal diese eine Seite des Heftes ganz gelesen. Der Blick des Drachens liegt den ganzen Weg weiterhin auf mir. Es ist gut, denn sonst hätte ich ihn in der ganzen Aufregung ganz vergessen. Mit viel Elan klettere ich die letzten Stufen zurück ins Tageslicht. Sturmpfeil ist noch immer dicht hinter mir. Die Besatzungsmitglieder werden noch immer von Rotzbacke und den Zwillingen bewacht. Sie grinsen mich an, während ich nach Hicks Ausschau halte. Es dauert nicht lange, da kommt er aus der Luke des dritten Schiffes, war er nicht für das Mittlere zuständig? Er hält in der einen Hand einige Papiere und ihm folgt noch ein blonder Schopf, Fischbein. Dieser hält aus irgendeinem Grund einen grauen Flickenteppich mit rotem Muster in der Hand. Beide sehen zu tiefst verstört aus und brauchen ein wenig, bis sie sich aufrichten und uns anschauen können. Wie von selbst findet Hicks' Blick meinen. „Hast du irgendwas interessantes entdeckt?" Fragt er und die Besatzung von dem Schiff, auf dem ich stehe, beginnt zu lachen. Ich nicke aber nur und halte das Heft hoch. Das Lachen verstummt. Meine Freunde schauen mich verblüfft an. „Außerdem ist da noch ein seltsamer und aggressiver Drache." Füge ich noch hinzu. „Könntest du ihn dir mal ansehen?" Mein Freund nickt nur und steigt auf den Rücken seines Nachtschattens. Er drückt Fischbein die Dokumente in die Hand und ist im nächsten Moment schon bei mir. Gemeinsam gehen wir noch einmal in den Schiffsbauch.

Der fremde Drache knurrt uns wieder feindselig an. „Ein Feuerschweif." Erklärt Hicks mir. „Sehr selten, das Buch der Drachen hat eigentlich keine Infos über ihn." Mehr höre ich nicht, denn da war gerade noch etwas anderes ein Ruf, ganz leise, aber dich verständlich. Da hat jemand um Hilfe gerufen.

Jona

Seit Tagen sind wir nun schon in dieser Dunkelheit. Das heißt, es könnten auch Wochen oder Monate sein. Da es eigentlich immer gleich dunkel ist kann ich es immer sagen. Ich teile mir meine „Zelle" mit Helena, der die Dunkelheit nicht ganz so viel ausmacht. Wenn man sowieso nichts sieht macht es keinen Unterschied mehr. Aber die Frage nach unseren Freunden treibt auch sie um. Sind sie in den zu Zellen umfunktionierten Kajüten neben an, oder sind sie bereits tot? Sind wir die einzigen, die noch leben? Und wenn ja, wie lange dann noch? Wir sind uns beide einig, dass es einzig dem Status von meiner Familie zu verdanken ist, dass wir noch leben und der Tatsache, dass Helena Evas engste Vertraute war. Neben Nicolas versteht sich, aber von dem wissen sie nichts. Jedenfalls verheilen unsere Wunden gerade wieder etwas, als wir fremde Stimmen vernehmen. Es gibt einen Knall wie von einer Explosion und wir klammern uns aneinander, den Tod erwartend. Doch der hat heute wohl anderes zu tun, er holt uns nicht. Stattdessen hören wir was weiß ich wie lange danach eine leise Stimme. Helena horcht auf. Ein Lächeln breitet sich auf ihrem Gesicht aus, das kann ich sogar in dem wenigen Licht erkennen. „Da erklärt jemand etwas über den Feuerschweif." Flüstert sie mir zu. Auch in mir keimt Hoffnung auf. Das kann nur bedeuten, dass jemand fremdes auf dem Schiff ist, vielleicht ein paar von unseren Freunden oder Verbündeten. „Hallo?" Ruft Helena zaghaft das und mit leicht kratziger Stimme. „Hier sind wir!" „Hilfe!" Rufe ich nun auch etwas lauter als meine Freundin. „Kann uns irgendjemand hören?" „Kann uns irgendjemand helfen?" Fragt Helena nun auch lauter. Dann hören wir Schritte auf dem Gang. Die Hoffnung in mir wird noch stärker und ich kann sie nicht weiter zurückdrängen. „Hallo? Ist da jemand?" Fragt nun eine Stimme von draußen, die eindeutig weiblich klingt. Nun lache auch ich. „Ja, hier sind wir!" Rufe ich. Draußen ist es nun still, die Frau muss stehengeblieben sein. „Die Tür ist abgeschlossen, ich muss sie sprengen." Ruft sie dann und ist dieses Mal klar und deutlich zu verstehen. Es ist leider keine mir bekannte Stimme. „Geht am besten so weit wie möglich von der Tür weg!" Ruft die Frau wieder, was Helena und ich auch tun. „Drei, zwei eins!" Kommt es von draußen, dann werden wir von einem hellen Licht geblendet.

Ja, mal wieder eine neue Perspektive, die ich aber nicht sehr stark verfolgen werde. Im nächsten Kapitel wird es nur um Hicks, Astrid, die Drachenreiter und die zwei fremden gehen, da Lydia und Lorelei mit ihrem Erzählstrang bereits zu weit vorne sind und ich das aufholen muss. Bis dann, jolannasa

Fünf Jahre - und alles danachWo Geschichten leben. Entdecke jetzt