Epilog

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Die Rauchschwaden am Horizont waren dicker als beim letzten Mal. Innerhalb von drei Monaten wurde die Insel von zwei Schlachten erschüttert. Wenn die Informationen des Jungen stimmten und das taten sie immer, dann würde diese Schlacht alles zerstören. Sein Großvater stand neben ihm und schaute wie er auf den Punkt am Horizont. Seine Miene war mal wieder unleserlich. Der Junge war das inzwischen gewohnt. „Das ist also die Entscheidung." Murmelte der alte Mann. Der junge war sich nicht einmal sicher, ob die Worte für seine Ohren bestimmt waren. Seit Beginn der Schlacht hatte das runzlige Gesicht des Älteren etwas wehmütiges. Er hatte seinen Großvater noch nie sentimental erlebt und das, obwohl sie schon oft über die Vergangenheit gesprochen hatten.
- Und über die Zukunft.
Auch dem Jungen war bewusst, dass die Zukunft nur von dieser Schlacht abhing. Es machte ihn traurig, dass so viele Leute, die so lange gekämpft hatten, heute keinen Einfluss auf ihren Ausgang haben würden. Er wandte den Blick von dem dunklen Rauch ab, der sich von dem Licht der aufgehenden Sonne abhob. Lieber beobachtete er den Blick seines Großvaters. Er sah anders aus als sonst. Irgendwie schien er heute verletzlicher zu sein.
Schließlich hielt der Junge es nicht länger aus. „Was denkst du?" Fragte er den alten Mann und meinte damit sowohl dessen persönliche Gedanken, als auch den Ausgang der Schlacht. „Egal, wie es enden wird, es endet heute." Meinte sein Großvater nur. Der Junge war sich sicher, dass er irgendjemanden mit diesem Satz zitierte. Ihm fiel im Moment nur nicht ein, wen. Der Lärm, der als leises Flüstern zu ihnen auf die Insel gedrungen war, verstummte. Der Junge hatte es satt nur da zustehen und abzuwarten. Er hatte das Gefühl seit seiner Geburt nur zu warten und das brachte ihn langsam aber sicher um seinen Verstand, benebelte sein denken. „Meinst du es ist vorbei?" Fragte er seinen Großvater, der immer noch nachdenklich auf den Horizont starrte. In seinem rechten Augenwinkel schimmerte eine Träne. Der Junge hatte seinen Großvater noch nie weinen sehen. Gerne erinnerte er sich jedoch an den Tag, der jetzt fast drei Monate zurücklag. Es war der Tag an dem die erste Schlacht von Berk zu Ende ging. An diesem Tag hatte er seinen Großvater das erste Mal lachen sehen. An diesem Tag, drei Monate später, weinte er. Der Junge fragte sich, ob er mal wieder mehr gewusst hatte, als er zugegeben hatte. Sowie bei der Schiffsreise vor einer Weile. Er erinnerte sich zurück an das Geräusch der Wellen, die gegen den Bug des Schiffes schlugen, während er auf die Antwort des älteren wartete. Doch da kam nichts.
Noch einmal schaute der Junge zu seinem Großvater auf. Dem alten Mann liefen die Tränen stumm über das Gesicht und das Herz des Jungen zog sich bei dem Anblick zusammen. Er fragte sich, ob Mitgefühl eine Stärke oder eine Schwäche war. Es war der erste Gedanke in diese Richtung, den er nicht mit seinem Großvater teilte. Als dieser Schließlich doch seine Antwort auf die Frage des Jungen gab wurde diesem bewusst, dass es Zeit war, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. „Es wird nie vorbei sein." Sein Großvater sprach die Worte nüchtern und ohne Emotionen in der Stimme aus. Das war der Grund, weshalb der Junge die Wahrheit in ihnen erkannte.
Und Kälte breitete sich in ihm aus, denn es würde niemals vorbei sein, bis zu seinem Tod.

Fünf Jahre - und alles danachWo Geschichten leben. Entdecke jetzt