21. Rache ist Blut

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Es war ein ungewohntes wie auch gleichermaßen altbekanntes Gefühl. Diese letzten Meter, zu dem kleinen Haus. Es kam mir fast schon wie Wochen vor, welche ich nicht mehr hier gewesen war, aber tatsächlich war es nur knapp über eine Woche und wenn ich ehrlich war hatte ich dieses Gefühl nicht vergessen.

„Ist was in den letzten Tagen passiert?", fragte ich und senkte betreten den Kopf, als ich Camdon am Pullover Ärmel davon abhielt die stufen weiter hoch zu steigen.

Einen kurzen Moment herrschte vollkommene stille. Lediglich sein Atem und das Gezwitscher der Vögel zusammen mit dem rauschen des Windes war zu hören, ehe er seien Hand auf die meine legte, was mich aufblicken lies.

„Nein", er lächelte sanft und doch konnte er mich nicht täuschen. Ich schluckte den Kloß, welcher sich einmal wieder am heutigen Tag in meinem Hals gebildet hatte, herunter und folgte im schlussendlich, wenn auch zögernd, zur Tür.

Camdon zog das klimpernde Schlüsselbund aus seiner Hosentasche und schloss darauf auf. Ein leichte Schwall an Alkohol und Zigaretten kam uns sofort entgegen und verursachte ein erneuten würgreiz, welche ich diesmal unterdrücken konnte.

Ich hatte schon fast vergessen was für eine Hölle hinter de, Hübschen Familienhäuschen steckte. Noch ehe mich der flucht Instinkt packen konnte folgte ich Camdon schnell ins inneren.

Es schien noch schlimmer aus zu sehen. Der Eingangsbereich wurde quasi von Bierflaschen und Müll überhäuft, sogar ein paar Reste der von mir zerbrochenen Flasche waren unter dem Müll noch zu erkennen.

Angewidert lies ich meinen Blick über den ganzen Dreck wandern. „Wo sind sie?", fragte ich fast panisch, als ich das klirren von Flaschen vernahm.

„Wo wohl", antwortete er nicht weniger verdrießlich als ich, was mich darauf schließen lies das er zumindest die letzten paar Tage nicht zuhause gewesen war.

„Lass uns hoch gehen", beschloss ich daraufhin und wollte ihn schon die Treppe hoch drängen, als wir von einer tiefen stimme gestoppt wurde.

„Die Verlorenen!", lachte unser Erzeuger mit widerlichen Ton und kam langsam auf uns zu. Es war ein wunder das er durch den Müll kam, geschweigeden überhaupt noch gehen konnte. Regelmäßigen Trinken machte wohl weites gehend immun gegen Beschwerden eines orthonormal Verbrauchers von Alkohol, mit Ausnahme des vernebelten Verstandes.

Umso näher er uns kam, desto stärker wurde die Fahne die er mit sich zog. Jetzt würde man nicht mehr meinen das er mal ein gut aussehender Mann gewesen war. Die dunklen Haare fettig und zerzaust, der drei Tage Bart ungepflegt im Gesicht hängend, elend lange Augenringe und leblose grüne Augen. Über den immer noch muskulösen Oberkörper ein zerrissenes Holzfäller Hemd gezogen, welches eher recht als schlecht hielt.

Seit ich denken kann trinken sie schon. In jungen Jahren hatte ich es nie bemerkt, vermutlich haben sie zu der Zeit auch noch nicht soviel getrunken. Doch je älter wir wurde desto schlimmer wurde es.

„Wo wart ihr hübschen den?", lachte er dreckig und kam immer näher, bis ich mit den Rücken an die Hauswand stieg. Glucksend lehnte er eine seiner Arme neben meinem Kopf an, während er mit der anderen die Flasche an seinen Mund hob und den letzten Schluck trank, ehe er diese achtlos hinter sich warf.

„hm, Kimi, willst du nicht mit Papa reden", angewidert drehte ich meinen Kopf zur Seite, während er mir immer näher kam und mit seinen fingern eine meiner Strähnen aufwickelte.

Immer wieder überkam mich eine welle der Übelkeit, während sein alkoholisierter Mundgeruch mir entgegen waberte und nicht weniger zu werden schien.

„na schön", ungeduldig griff er an mein Kinn und drehte meinen Kopf unsanft zu sich.

„Wenn du nicht reden willst selbst schuld", er lächelte mich sadistisch und voller Bosheit an ehe seine Hand gegen meine Wange klatschte, sodass mein Kopf zur Seite, gegen die Tür, donnerte.

Ich biss mir auf die Innenseite meiner Wange um ein Schmerzensschrei zu unterdrücken. Meine Augen schielten leicht zu ihm. Ich sah schon den nächsten hieb auf mich zukommen und schloss die Augen, doch der zweite schlag blieb aus.

Vorsichtig öffnete ich meine Augen wieder. Knurrend hielt Camdon den Arm unsere Vaters fest, welcher sich voller kraft dagegen werte, doch nichts bewirken konnte.

„Nimm die Finger von ihr!", knurrte er bedrohlich weiter. Ich beobachtete wie sich jeder Muskel in Camdons Körper anspannte.

„Bastard!", brüllte er Camdon voller Zorn und Verzweiflung an. Kurz darauf hörte man Knochen brechen zusammen mit einem ohrenbetäubenden brüllen, unter welchem unser Vater langsam zu Boden ging uns sich den nun deformierten Arm hielt.

Geschockt starrte ich auf Camdons rücken, welcher darauf ebenfalls zu Boden ging und unter Höllen Qualen sich verrenkte. Seine schreie schienen mir das Trommelfell zu zerreißen, während ich ihn  fast schon hypnotisiert musterte.

Das Geschrei verwandelte sich langsam in ein blutrünstiges knurren. Aus seinen Händen wurden klauen und aus seinen Zähnen Fänge.

Ich war unfähig weg zu sehen. Wie gebannt starrte ich auf meinen Bruder der mich kurz darauf aus Wolfsaugen anstarrte. In seinen Blick lag nichts außer liebe zu mir, ehe er an mir vorbei und durch die Haustür stürmte, welche er dabei fast aus den Angeln riss.

Hinter mir vernahm ich noch das vom Schmerz verzerrte stöhnen meines Vaters, ehe ich ohne weiter darüber nach zu denken Camdon nach lief.

Mein Kopf schien auf standby zu sein, während ich den Wald immer schneller näher kam und dann plötzlich von einem Arm zurück gerissen wurde, noch  ehe ich ihn betreten konnte.

Mein Herz hämmerte mir wild gegen die brust als ich geschockt auf die Person sah. Jared. Den konnte ich jetzt echt nicht gebrauchen.

„lass mich los", giftete ich ihn an, ohne einen wirklichen Grund dafür zu haben, naja irgendwie hatte ich den ja schon.

„Du kannst jetzt nicht in den Wald. Wir kümmern uns darum", ignorierte er meinen bissigen Ton und sah kurz über die Schulter nur um ein paar der anderen Jungs einen Befehl zu geben, welche darauf im Wald verschwanden. Ich hatte sie nicht einmal bemerkt.

Verwirrt starrte ich den Hünen vor mir an.

„Wie meinst du das? Ihr kümmert euch darum?", wütend verschränkte ich die Arme vor der Brust. Noch bevor er mir antworten konnte stieß Sam zu uns und legte Jared eine Hand auf die Schulter.

„Geh zum Rest. Ich hab Jacob, Embry und Quil angewiesen bei den Grenzen zu gucken, ob er schon dort lang ist. Ich geh davon aus du hast die anderen aufgeklärt", es war eher eine Feststellung als eine Frage, dabei sah er mich prüfend an.

„Du kannst da jetzt nicht rein", mit befehlshaberischen Ton und ernsten Blick starrte er mich direkt an. Die anderen konnte er von mir aus herumkommandieren, aber nicht mich - nicht jetzt, wo es um meinen Bruder ging.

„Und wieso nicht?", ich verengte meine Augen zu wütenden schlitzen.

„Bei einem Frisch verwandelten weiß man nie was als nächstes passiert. Es wäre besser wenn du dich erst mal von ihm fern hältst...", seine Worte waren ernst und lösten in mir dennoch Verachtung und Unverständnis aus.

„Frisch verwandelten?", misstrauisch musterte ich die beiden.

„Dein Bruder", war das einzige was Jared entgegnete.

„Ich erkläre dir alles später, aber tu mir den gefallen uns blieb hier", sagte er schon bevor ich etwas entgegnen konnte. Ich schlug seine Hand, von meinem arm weg, nachdem der griff sanfter geworden war.

Meine Geste schien ihn zu verletzten, das sah ich und doch verschwanden er und Sam im Wald nachdem ich zaghaft genickt hatte.

Das kam ja mal gar nicht in frage. Ich würde mich ganz sicher nicht von Camdon fernhalten, vor allem nicht nachdem er sich in einen riesigen Wolf verwandelt hatte, was so schon vollkommen suspekt war und die beiden auch noch da mit drinnen zu stecken schien. Allgemein die ganzen jungs schienen da mit drin zu stecken.

Von meinen Gefühlen geleitet rannte ich kurz darauf in den Wald rein. Ich würde schon selbst raus finden was los ist, auch wenn mein letztes Erlebnis im Wald nicht so glorreich verlaufen war, musste ich das jetzt für meinen Bruder riskieren. 

Quileute- Liebende SeelenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt