55: Takk stóri bródir!

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Disse:

Mit verschwommenem Blick fand ich mich immer noch in der Umkleidekabine vor. Rune und Lukas saßen neben mir und strichen mir tröstend über die Schulter und versuchte mich irgendwie wieder beruhigen zu können, doch es war aussichtslos. Andi hingegen rätselte was zwischen Gisli und mir vorgefallen sein könnte, während Niko nach dem Isländer suchen wollte. Ich war froh, dass bis jetzt nur die vier da waren und mich in dieser Verfassung sahen. Nicht auszudenken, wenn die anderen mich wie ein Schwächling heulend auf dem Fußboden vorfinden. Das ganze passte nicht zu mir! Ich zeigte sonst nie was in mir los ist. Ich ließ niemanden in dem Sinn an mich ran. Ich hatte immer ein Schutzschild um mich gebaut, weil ich nicht wollte, dass ich mich zu sehr an eine Person binde. Bei Rune und Lukas hatte das bereits nicht geklappt und ich hab ihnen zu viel Einblick gegeben. Doch Askja hat diese ganzen Mauern um mich gelöst. Zum ersten Mal hatte ich jemanden von Anfang an vertraut. Sonst brauchte ich immer so meine Zeit, bis ich Vertrauen aufbauen konnte, doch bei Askja hatte ich dieses Vertrauen sofort gespürt. Und dann kam er! Irgendetwas an ihm hatte mir von Anfang an gesagt, dass ich ihm vertrauen konnte. Vielleicht hatte ich es auch von Anfang gewusst, dass ich ihm mehr Einlass gewähren will. Mich nicht mehr so verschließen wollte. Doch was hat dies alles mit mir gemacht. Es hatte mich zerstört. Nun sitze ich hier auf einem dreckigen Kabinenboden, heule vor mich hin und hasste mich selbst am meisten. ich bereute alles. Einfach alles! Wieso musste ich das machen? Wieso musste ich alles zerstören? Ich könnte mich selbst ohrfeigen. Zu allem Überfluss wurde jetzt auf Dauerschleife die Tür aufgerissen und einer nach dem anderen kam in die Kabine. Wieso bin ich eigentlich so früh zur Halle gefahren? ich spürte die verwirrten und besorgten Blicke meiner Mitspieler auf mir heften. "Jetzt hört auf zu gaffen und macht euch fertig fürs Training", fauchte Lukas genervt und schloss die Badezimmertür. Jetzt war ich mit den beiden alleine. Am liebsten wäre ich jedoch ganz alleine. Ich wünschte niemand müsste mich so sehen. So Schwach! "Disse was ist los?", versuchte Rune mich zum Sprechen zu bekommen. Aber ich will darüber einfach nicht reden. Ich weiß selbst nicht was mit mir los ist. Ich weiß selbst nicht, wie ich diese ganze Sache einzuordnen habe. Wie wollen sie mir helfen, wenn nicht mal ich selbst weiß wer ich bin? "Ich kann das nicht", schluchzte ich schließlich, weil nicht antworten wäre auch unhöflich gewesen. "Weswegen darf ich Gisli verprügeln?", freute sich der Schwede und ballte die Fäuste. Wieso denken sie, dass es Gisli Schuld ist? Wieso denken sie nicht, dass ich einen Fehler gemacht habe? Wieso sieht niemand, was für ein schlechter Mensch ich eigentlich bin? Wie krank ich bin? "Lukas kannst du uns bitte kurz alleine lassen", wollte Rune Lukas nach draußen schicken. "Ich will es aber auch wissen", protestierte Lukas. Murrend stand er schließlich doch auf und wollte gehen, doch ich hielt ihm am Unterarm fest. "Es ist nichts Gislis Schuld", sagte ich mit einer fast beängstigt wirkender Stimme, als würde ich ihn erpressen wollen. "Disse jetzt sag schon! Wir sind dir nicht böse egal was es ist", langsam wurde selbst Rune ungeduldig. "Ich will nicht, dass ihr diese hässliche Seite von mir kennenlernt. Ich will so nicht sein. Ich erkenne mich selbst nicht mehr wieder", jammerte ich vor mich rum. Ich hatte schon solche jämmerliche Probleme. Askjas komplettes Leben wurde gerade auf den Kopf geworfen und sie steckt die ganze Adoptionssache, so leicht weg. Sie sollte heulen dürfen, nicht ich. Und ich sitze hier, heule mir die Seele aus dem Leib, als wäre etwas tragisches passiert, derweil war das einzige was geschehen ist, dass ich meinem Mitspieler etwas zu nahe gekommen bin. "Disse, jetzt sag doch was los ist! Wir wollen dir nur helfen", versuchte Lukas es nun auch auf mich einzureden. Lange halte ich das nicht mehr aus. "Ihr könnt mir nicht helfen, niemand kann das", schrie ich wie ein wütendes und bockiges kleines Kind. Oder wie so ein Teenager, der sich mit seinen Eltern zofft. Doch ich wollte und konnte es ihnen einfach nicht sagen. Ich riss mich wortlos los und rannte aus der Halle. Ich musste einfach weg von hier. Ich brauchte frische Luft, musste auf andere Gedanken kommen. Einfach mal raus. Leider vergaß ich jemand, während die Zeit dahinflog. Irgendwo wartete jemand ungeduldig auf mich und ich enttäuschte sie.


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