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Vier Tage lang halte ich mich von Tonis Bar weg. Mathe lerne ich nun alleine und lasse mir von YouTube alles erklären. Um Rick laufe ich einen großen Bogen, wenn ich ihn den Mal zu Gesicht bekäme. Er war anscheinend in den letzten Tagen nur sporadisch in der Schule. Mir Solls recht sein. Doch egal wie sehr er mich blamiert und gedemütigt hat, ich hasse es noch viel mehr das ich einen Bogen um meine Lieblingsbar mache. Es ist meine Lieblingsbar. Ich war schon öfter da. Ich kenne Toni besser als er, hin oder her mit der Verwandtschaft der beiden. Ich stehe vor seiner Bar. Im strömenden Regen. Durch die fetten Regentropfen erkenne ich das Licht in der Bar und das rege Treiben der Besucher.

Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Das Handy vibriert nun schon zum dritten Mal. Vor einer Stunde hat Toni mich herbestellt. Er hat angerufen, keine Begrüßung, kein Abschiedswort nichts. Nur ein Satz. Um 4 in meiner Bar." Dann hat er aufgelegt. Inzwischen ist es halb 5. Ich bin ein Feigling. Gerade als ich beschließe mir eine andere Lieblingsbar zu suchen wird die Tür aufgeknallt und ein Mann tritt raus. "MEGAN JOHNSON! BEWEG DEINEN ARSCH IN MEINE BAR, ABER PRONTO!" trotz Wind und Regen kommt jedes Wort sehr gut bei mir an. Langsam trottete ich zu ihm rein. Den Blick auf meine tropfenden Klamotten gerichtet. Als ich drinnen von warmer Luft begrüßt werde schaue ich auf. In der Bar sitzen drei Leute, hinter der Theke steht niemand. Zum Glück. Ich atme aus.

Toni steht mit Handtuch neben mir. Dankbar nehme ich es entgegen und kuschle mich darin ein. Wie ein nasser Pudel folge ich Toni zur Bar, setzte mich pitschnass auf einen Hocker. Leicht betreten warte ich ab. Toni sagt nichts. Noch nichts. Er macht in Ruhe meinen Eistee fertig. Vor Vorfreude bekomme ich schon ganz große Augen. Er stellt ihn vor mich, sofort hebe ich ihn an meine Lippen und trinke gierig das gesüßte Getränk. "Willst du mir sagen was los war oder soll ich raten?" Toni hat sorgenvoll die Brauen zusammengezogen und mustert mich. "Mir geht's gut." Spucke ich aus. Mir geht es ja auch gut. Das war nicht gelogen. "Ist mein Neffe das Problem wieso du seit Tagen meine Bar meidest?" Ich verschlucke mich. Und huste.

"Woher weißt du das?" frage ich hustend. "Du bist so gut wie jeden Tag hier gewesen, egal wie es dir früher ging oder was du für einen Stress hattest. Also konnte es damit schon mal nichts zu tun haben. Also habe ich weitergedacht. Rick hat sich in den letzten Tagen mehr wie ein Arsch aufgeführt als wie er es die ganze restliche Zeit getan hat. Da habe ich eins und eins zusammengezählt. " Zufrieden mit sich selbst lächelt Toni mich an. Rick verhält sich komisch? Was hat er den für ein Problem, schließlich wurde er nicht gedemütigt und beleidigt.

"Megan, ich möchte nie wieder das du mich oder diesen Ort hier meidest nur weil mein Neffe sich danebenbenommen hat. Ich würde eher ihn hier rausschmeißen als dich." Er zwinkert mir zu. Ich kichere. "Das ist lieb von dir, aber du musst Rick nicht rausschmeißen nur weil er sich wie ein blöder Idiot verhalten hat, denn sonst kann er gleich auf der Straße leben." "Wo du recht hast..." wärme breitet sich in meinem Bauch aus. Zu wissen wie wichtig ich Toni bin mach mich glücklich. Sehr. Denn er ist wie ein großer, und sehr viel ältere Bruder für mich. Ich bleibe noch eine, weil da. Höre Toni zu, beobachte die Gäste und trinke meinen Eistee aus. Ich bin schon eine Weile hier, die Gäste Scharr hat langsam abgenommen, so wie der Regen.

Vereinzelt fallen orangefarbene Sonnenstrahlen in die Bar und kündigen den Abend an. Tief seufze ich auf. Meine Beine sind eingeschlafen vom langen sitzen, sie bitzeln. Müde fahre ich mit dem Finger die Kondenswasser Spur an meinem Glas entlang. Toni geht langsam an meinem Platz vorbei und nimmt mir das leere Glas aus den Händen. Ich schaue verwundert hoch. Die Bar ist so gut wie leer. Nur noch vereinzelt sitzt ein älterer Mann und zwei Frauen an den Tischen. Es wird wohl auch für mich Zeit heimzugehen. Ich schnappe mir meine Handtasche, krame mein Handy hervor und schaue auf die Uhr. 18:30 Uhr.

Ich muss wirklich langsam heim. Den Mund schon geöffnet um mich zu verabschieden als die Tür zum Hinterzimmer aufgeht und Rick in die Bar tritt. Sofort verschließt sich mich mein wieder und ich schaue weg. Ich tue so als suche ich etwas Wichtiges in meiner Handtasche, schließlich krame ich nur einen Kaugummi raus. Stecke ihn mir in den Mund. "Tschau, Toni! Bis dann." Kurz hebe ich die Hand, lächle Toni an, schnappe mir meine Tasche und flitze zur Tür. "Hey Megan! Warte mal!" Aber da bin ich schon draußen an der frischen Luft und die Tür ist ins Schloss gefallen. Schnell gehe ich weiter den Weg zur Straße. Mit schnellen großen Schritten laufe ich am Strand Richtung Heim.

Das Wetter ist angenehm kühl. Der Teer riecht nach Regen und die Sonne tunkt den Strand in herrliche Rot Töne. Ich strecke meine Nase der restlichen Sonne entgegen und lausche den Wellen. Nur langsam komme ich voran. Immer wieder schaue ich hinaus auf den Ozean. Immer wieder bleibe ich stehen und schaue in eine Pfütze zum Himmel rauf. Erst als es schon dämmert bewege ich mich schneller und so kommt es, dass ich erst um halb 8 daheim ankomme.

My GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt