Das menschliche Gehirn ist schon eine eigenartige Sache. Das Schicksal auch. Auch die verschiedenen Gefühle die ein Menschen erleben kann. Der Tod bleibt nicht aus von meinen Gedankengängen. Meine Gedanken drehen sich wie in einem Karussell. Ich fühle mich wie als säße ich hinter einer Scheibe. Man kann alles beobachten, alles mithören, alles sehen, alles schmecken, alles riechen und doch nicht anwesend sein. Das Gehirn zeigt mir Bilder. Immer wieder die gleichen Bilder. Obwohl es doch zur Vergangenheit angehört. Eine Vergangenheit die erst 2 Stunden her ist. Ich bekomme kein Auge zu. Ich kann nicht sprechen oder mich auf Gespräche konzentrieren. Ich schwebe im nichts. Toni sitz neben mir auf einem Plastik Stuhl. Er ist still. Meine Eltern sind auch da. Ebenfalls still.
Die Krankenschwestern reden, aber nicht mit uns. Ärzte sehe ich keine. Alles so verdammt still hier. Mein Kopf dröhnt, mein Kopf ist nicht still. Meine Hände zittern, ich balle eine Faust. Ich schließe meine Jacke, mir ist kalt. Vor einer halben Stunde brachten mir meine Eltern frische Klamotten. Ich war voller Blut. Ricks Blut. Ich muss würgen. Erneut übergebe ich mich in den Eimer vor mir. Meine Mutter streicht mir über den Rücken. Ich keuche. Meine Eltern reden von einer Ärztin die mir helfen wird. Ich will keine Hilfe, ich will Rick. Es zerreißt mich nicht zu wissen ob er die Nacht überlebt. Unser Schuldirektor ist auch da und Lehrer von uns. Sie weinen und trauern. Sie haben heute geliebte Menschen verloren. 3 Lehrer und 5 Schüler sind tot. Weitere 5 kamen mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus. Mike zählt ebenfalls zu den Toten. Er hat sich das Leben genommen als die Polizisten das Gebäude gestürmt haben. Rick zählt zu den schwer Verletzen. Unsere Freunde, Leya, Cloe, Logan, Lewis, Tristan selbst Mia geht es gut. Cloe und Lewis waren draußen als sie den ersten Schuss gehört haben. Sofort sind sie geflohen und haben sich bei einem Nachbarn versteckt gehalten. Tristan, Logan und Leya waren im Klassenzimmer eingesperrt.
Sie sitzen um mich herum. Logan und Leya dicht bei einander. Lewis und Cloe auch. Tristan sitz vor mir. Er hat den Kopf gesenkt und hält Mias Hand. Ich höre ihn leise schluchzen. Ein Freund von ihm war unter den Toten. Erst nach 2 weiteren Stunden kommt ein Arzt zu uns und berichtet Toni von Ricks Zustand. Wie durch Wasser bekomme ich die einzelnen Wörter mit. Brustschuss. Viel Blut verloren. Wichtige Arterie getroffen. Glück gehabt. Aufwachraum. Toni sinkt zurück auf seinen Stuhl. Die Erleichterung ist ihm ins Gesicht geschrieben. Er teilt allen mit das Rick es geschafft hat. Er muss nur noch aufwachen. Meine Angst vergeht nicht. Sie sitz zu tief in mir drin. Leya tauscht mit Toni den Platz. Sie nimmt mich in den Arm. Hält sich an mir fest während Toni als erstes zu Rick darf. "Wir haben das überlebt." flüstert Leya mir ins Ohr.
Tränen fließen nicht mehr. Ich bin ausgetrocknet. Stehe noch immer unter Schock. Die Zeit vergeht schleppend. Als erstes verschwinden ein paar Lehrer, danach Tristan und Mia. Lewis und Cloe gehen mit meinen Eltern heim. Auch Logan will Leya mit nehmen doch sie weigert sich standhaft. "Geh mit ihm. Ich komm schon klar." sage ich ermüdend. "Nein. Ich lass dich nicht allein." schnieft sie. "Ich habe Toni. Bitte Leya ich muss mal allein sein." Das zeigt Wirkung. Sie drückt sich ein letztes Mal fest an mich. Küsst mich auf die Stirn und verschwindet dann widerstrebend durch den Ausgang. Ich rühre mich nicht weg, erst wenn ich Rick gesehen habe und mir sicher sein kann das er überlebt. Toni bleibt lang weg. Eine Nachtschwester kommt vorbei und bringt mir eine Decke. Ich lege mich quer über die Stühle aber schlafen tu ich nicht. Kann ich nicht. Immer wieder sehe ich die Situation vor mir. Mike der auf Rick schießt. Ricks verzweifelter Blick. Sein Ausdruck voller Angst. Angst um mich. Er hätte sein Leben für mich hergegeben. Meine letzten Worte an ihn. Schluchzende Ich liebe dich's. Tausend von Tränen. Bis Rick die Augen geschlossen hielt und mich ein Sanitäter weggezogen hat.
Ruckartig setze ich mich wieder hin. Ich schlinge die Decke um meine Schultern und laufe durch das Krankenhaus. Ich finde mich auf einer Toilette wieder. Den Spiegel meide ich. Ich erledige mein Geschäft, putze notbedürftig meine Zähne mit Zahnpasta die neben anderen Hygiene Artikeln hier steht. Braune Augen schauen mich im Spiegelbild an. Sie sehen hol aus. Meine Wagenknochen sind eingefallen, Augenringe, Haare zerzaust. Durch das grelle Licht wirke ich noch blasser, noch ungesunder. Ich sollte etwas essen, aber allein daran zu denken lässt mich würgen. Wenn Rick sterben sollte weiß ich nicht wie ich das Überleben soll. Er ist noch nicht wach, er ist noch nicht ansprechbar. Er kann immer noch sterben. Ich zwicke mir in den Arm. Fest. Danach spritze ich mir Wasser ins Gesicht. Ich muss einen klaren Kopf bewahren. Zurück an meinem Platz, setze ich mich wieder auf den Stuhl. Ich muss doch eingenickt sein, denn es ist Tonis Hand die mich weckt. Er rüttelt sanft meine Schulter.
"Megan." flüstert er. Sofort bin ich hellwach. Seine Stimme ist von Tränen gerührt. Ich bekomme Panik. "Was ist los? Was ist passiert?" Sofort bekomme ich Panik. Mein Herz rast. "Alles gut. Du kannst jetzt zu Rick rein." Ein kleiner Steinbrocken fällt mir vom Herzen. Aber eben nur ein ganz kleiner.
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My Girl
Teen Fiction"Lass das." ich packe seine beiden Hände und drücke sie wieder nach unten. "Nein." knurrt er mich an. Wieder versuchen seine Hände meinen Pulli nach oben zu schieben. "Was willst du eigentlich ?" Moosgrüne Augen richten sich auf mich. Intensiv sta...