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Die Zeit vergeht wie im Flug, kaum dass ich mich umsehe, geht auch schon die Sonne unter. Der Garten wird in einem sommerlich warmen Orangeton getaucht. Mit der abnehmenden Sonne kommt auch die Kälte. Rick und ich liegen auf zwei Liegen am Pool und beobachten die anderen. Es sind schon mehrere Stunden her seid wir beide klatschnass aus dem Pool gekommen sind. Nach unseren kleinen Wasserschlacht habe ich Rick angesehen, dass ihn das mehr Überwindung gekostet hat als er zugeben wollte, also habe ich die verfrorene gespielt. In einem Handtuch gewickelt haben wir uns auf zwei freie Liegen gelegt und uns über Oberflächliche Sachen unterhalten.

Ein kleines zaghaftes Lächeln umspielt Ricks Lippen, mein Lächeln hingegen muss gigantisch sein. Immer wieder streiche ich mir über meine Arme um die kommende Kälte von mir abzuhalten. Doch es nütz nichts, nach ein paar Minuten ist mir kalt und ich greife nach meinem Strandkleid. "Wenn du einen Wunsch frei hättest, was würdest du dir wünschen?" reißt mich Rick aus meinem starren Blick auf das Wasser. Verwundert drehe ich meinen Kopf zu ihm. Er lehnt im Stuhl zurückgelehnt und hat seine Augen geschlossen. "Ich würde mir noch mehr freie Wünsche wünschen." Ein grünes Auge öffnet sich. "Das verstößt gegen die Regeln." Belustigt schnaube ich auf.  "Es gibt Regeln?" "Ja." "Uff, jetzt wird es natürlich schwieriger die Frage zu beantworten." Ich lehne mich ebenfalls im Stuhl zurück. "Weltfrieden, Hungernot stoppen oder die Umwelt mehr schützen, sind ebenfalls ein Regelverstoß. Du darfst dir nur was wünschen was dir allein was bringt."

 "Meine Wunschfee will also, dass ich egoistisch handle?" Ich drehe meinen Kopf in seine Richtung, noch immer hat er seine Augen geschlossen aber das Lächeln ist immer noch bestand auf seinem Gesicht. "Ja." Darüber denke ich nach. Ein einziger Wunsch, der mir etwas bringt. "Ich glaube ich würde mir..." Ich zögere. Sollte ich meinen innigsten Wunsch laut aussprechen?„... einen Koala." Ich habe ihn also nicht ausgesprochen. Die Liege neben mir knarzt. "Megan." Rick hat sich aufgesetzt, seine moosgrünen Augen schauen auf mich runter. "Einen Koala, ja die sind total süß. Wollte ich immer schon haben." Meine Stimme ist zu hoch und mein Mund viel zu schnell. Intensiv mustert er mein Gesicht. Ich hole einmal tief Luft, schließe meine Augen und wende mein Gesicht der restlichen Sonne zu. "Ich würde mir wünschen, dass ich meine Ängste leichter besiegen könnte, dass sie mich nicht aufhalten oder mich bremsen." flüstere ich. Kurz ist es still. Nur die Jugendlichen sind zu hören und im Hintergrund spielt eine bekannte Band, trotzdem ist der Moment für mich still. "Was wäre dein egoistischer Wunsch?" Stelle ich die Frage zurück. "Einen Koala." Ohne mein wollen zucken meine Mundwinkel.

Rick sitz vornübergebeugt da und starrt ins Leere. Keiner von uns sagt was, Worte währen auch nicht genug. Ich verstehe ihn, auch ganz ohne Erklärung, dass sein Wunsch mein identisch ist. Als die Sonne ganz hinter den Häusern verschwunden ist und die Kälte nun auch durch mein Kleid kriecht, machen wir uns auf den Weg nach Hause. Im Auto stelle ich, gegen Ricks Proteste, die Sitzheizung an. "Ich bin eben eine Frostbeule." verteidige ich mich. Rick hingegen lacht nur leise in sich hinein. Die Fahrt ist ruhig. Wir beide lauschen den Popsongs aus dem Radio bis wir bei mir angekommen sind. Unser Haus liegt im Dunkel, einzig und allein im Wohnzimmer brennt ein Licht. Das Auto steht vor unserer Einfahrt, trotzdem mache ich keine Anstalten aus dem Auto zu steigen. Der Tag war trotz Anfang Schwierigkeiten ein sehr schöner Tag und ich will ihn noch ein bisschen hinauszögern.

Rick scheint meiner Meinung zu sein, denn er macht auch keine Anstalten mich rauszuschmeißen und als das kleine Lämpchen im Auto erlischt, bleibt es immer noch ruhig. "Darf ich dich was fragen?" Seine raue Stimme versinkt in der Dunkelheit. "Ja, klar." Im Sitz drehe ich mich zu ihm hin. "Vor was hast du Angst?" Mein Hals wird trocken, meine Hände schwitzig und mein Atmen schneller. "Vor vielem. Spinnen, Schlangen, Ratten, Haie." weiche ich der Frage aus. Ich weiß genau, was er für Ängste wissen will und trotzdem Weiche ich aus. "Das habe ich nicht gemeint." Mein Blick ist auf dem Mittelkonsole gerichtet. "Du weißt von meinen Ängsten, es wäre nur fair, wenn ich auch von deinen erfahren würde." "Was willst du mit dem Wissen den anfangen? Mir helfen sie zu überwinden?" Es ist keine Absicht, dass ich zickig klinge. Spöttisch lache ich auf. "Nein, Danke." Die Angst spricht aus mir. Die Angst lässt mich so gemein handeln. Es ist ein Schutzmechanismus. Die Angst übernimmt mein Handeln. Fahrig fahren meine Hände über meine Oberschenkel.

"Ich verstehe, das sagst du nur so weil du Angst hast. Angst mir deine Ängste zu verraten. Vielleicht hast du auch Angst vor meiner Reaktion, was totaler Bullshit wäre denn du kennst meine Angst und hast mich nicht verurteilt und das gleiche würde ich bei dir auch machen. Dich nicht verurteilen." Seine Stimme ist gepresst und hart. Sie hat nichts mehr mit dem weichen Ton von vorhin gemeinsam. Mir geht die Luft weg. Ich reiße die Wagentür auf und stolpere nach draußen. Ich sage die saubere kühle Luft ein. Immer wieder atme ich heftig ein und aus. Ich will nicht über meine Ängste reden, ich will auch nicht, dass Rick es so gut auf den Punkt gebracht hat. Ich will das alles nicht. Ich bin schon fast an der Tür als ich höre wie eine Wagentür zugeschlagen wird. Widerstreben drehe ich mich um. Mit großen Schritten kommt Rick durch unseren Vorgarten auf mich zu. Kurz vor mir bleibt er stehen. "Megan." Ich lausche jedem seiner Atemzüge, sie gehen genauso hektisch wie meine. "Ich weiß was für eine Scheiß Angst du gerade empfindest. Den Ängsten machen dich verwundbar und wenn jemand verwundbar ist kann man ihn schneller zu Boden drücken. Aber das will ich nicht, ich will, dass du mir vertraust und wir vielleicht an deinem einzigen egoistischen Wunsch arbeiten können. " Zum Schluss ist seine Stimme immer leiser geworden.

Durch die dunkle Nacht kann ich leider nicht erkennen ob er lächelt aber ich sehe seine Augen. Die sagen mir, dass alles was er sagt, auch ehrlich gemeint ist. Diese reine Ehrlichkeit lässt etwas in mir aufplatzen. "Versargen. Platzen. Ich habe Angst, mich wieder an alte Sachen zu wagen, Angst dass sich alles wiederholt. Angst vor Druck zu Platzen." Mit weit aufgerissenen Augen starre ich zu Rick rüber. Seine Schultern sacken um eine Stufe runter. Meine gleich hinterher. "Damit lässt sich Arbeiten." Ein schelmisches Funkeln liegt in seinen moosgrünen Augen. Ich habe den Mund schon geöffnet um etwas zu erwidern als die Haustür hinter mir aufgeht und meine Mutter rauskommt.

Mit geschockten Gesichtszügen schaue ich meine Mutter an. Mit ihrem Malerkittel kommt sie zu mir raus in den Vorgarten. "Mom?" frage ich verdutzt. "Hallo, ich bin die Mutter von Megan und du bist?" Meine Mutter stolziert einfach an mir vorbei hinüber zu Rick. Sie gibt ihm die Hand. "Hallo. Ich bin Rick. Ein..." Kurz zuckt sein Blick zu mir. Ratlos zucke ich mit den Schultern. "Ein Freund von Megan." beendet er seinen Satz. "Freut mich dich kenne zu lernen, Rick. Es tut mir leid, dass ich euren Moment zerstöre, meine Tochter wird mich hierfür auch gleich hassen, aber hättest du Lust in zwei Wochen zu meiner Kunstgala Eröffnung in Begleitung meiner Tochter zu erscheinen?" Mir fällt die Kinnlade nach unten. Mein Mund öffnet sich wie bei einem Fisch. Auf und zu. Auf und zu. Kein Ton kommt mir über die Lippen. "J...aaa. Ja sehr gerne." Immer wieder geht Ricks Blick zu mir. Meine Augen müssen schreckensgeweitet sein. "Mooom." zische ich. "Ich geh dann mal wieder rein." Sie zwinkert mir zu und verschwindet so schnell wie sie gekommen ist wieder hinein. Zurück bleiben zwei peinlich berührte Teenager.

"Oh mein Gott ich fasse es nicht, dass sie das gerade gemacht hat." Die Röte in meinem Gesicht macht einer Tomate wohl keine Konkurrenz mehr. "Deine Mom ist...anders." "Schön ausgedrückt." murmle ich. "Ich wird dann mal gehen, du wurdest heute schon viel zu oft rot. Ich habe Angst das die röte wirklich irgendwann nicht mehr weggeht. " leise lachen dreht er sich um. "Warte kurz, Rick du musst nicht mit zu dieser Gala, wenn du nicht willst, das ist dir doch klar oder?" Verunsichert puhle ich an meiner Nagelhaut rum. Doofe Angewohnheit. Kurz gerät Rick ins Stocken, doch dann spricht er ohne sich ein weiteres Mal umzudrehen. " Ich würde sehr gerne mit auf die Eröffnungsgala deiner Mutter." 

My GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt