Neunzehn

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Zoey

Der Wagen fuhr mit lautem Motor durch die Straßen Tulsas. Alles erinnerte mich an den Augenblick, in dem ich verhaftet worden war. Nur dass ich diesmal inständig hoffte nicht von Neferet verfolgt zu werden. Die Furcht, sie könnte mich jetzt wo meine Freunde nicht mehr da waren überfallen, schnürte mir fast die Luft ab. Jedesmal, wenn der Wagen stehen blieb wartete ich darauf, dass eine rothaarige Vampyrin die Türen aufriss und sich auf mich stürzte. Doch ich schaute mich nicht um. Verzweifelt krallte sich mein Blick auf die Straße vor uns und die Häuser die aus dem dunklen auftauchten.

Schließlich wagte ich einen schnellen Blick in den Rückspiegel, was eindeutig ein Fehler war. Wir waren nicht gänzlich allein auf dieser Straße. Hinter uns fuhr ein schwarzer BMW, durch die Windschutzscheibe konnte ich jedoch den Fahrer nicht erkennen. Beunruhigt rutschte ich auf meinem Sitz herum. Als wir den Highway entlang fuhren, fragte ich den Polizisten vor mir: "Wissen Sie zufällig wer hinter uns fährt?" Der Beifahrer drehte sich verwundert zu mir um und musterte mich sichtlich verwirrt. Hatte ich mir das Auto hinter uns etwa nur eingebildet? Vielleicht wurde ich wirklich verrückt. "Na, Ihr Anwalt." , meinte der Polizist und wandte sich kopfschüttelnd wieder nach vorne. Mein Anwalt. Ich spürte wie die Panik etwas von mir ablies und mein Herz seine regelmäßigen Schläge wieder ein bisschen verlangsamte. 

Sorgen um Cynthia drängten sich in mein Innerstes. Sie war grade mal gezeichnet und schon würde sie in den Kampf zwischen einer irren Tsi Sgili und mir hineingezogen. Und nun hätte sie eine Affinität, die wir wohl oder übel brauchen würden. Es tat mir aufrichtig leid für sie, dass sie da so plötzlich und tief drin steckte, doch ich konnte es nicht ändern. Hoffentlich ging es Stark gut. Meine Gefühle hatten ihm ganz schön zugesetzt haben, das wusste ich. Es tat mir leid, dass ich mich einfach so weg geschlichen hatte statt ihm Bescheid zu sagen. Ich hätte damals weiter schlafen sollen, anstatt mich mit... Aurox zu unterhalten. Wobei 'unterhalten' so klang als hätten wir ein Kaffeekränzchen gehalten. Ich hoffte inständig, dass er sich nicht die Schuld gab. Es war nicht seine Schuld, dass ich wütend wurde und in diesen verdammten Park rannte. Heath, nein, Aurox hatte damit nicht das geringste zu tun gehabt. Selbst Stark, der im House of night von Schuldgefühlen geplagt wurde, konnte rein gar nichts dafür. Es war allein dieser Stein gewesen, und ich. Ob Sgiach gewusst hatte, dass er böse Kräfte besaß? Vermutlich nicht, denn sonst hätte sie ihn mir nicht gegeben. Oder? Jeder hat ein Ziel, aber was war ihres? Was wollte die Königin damit erreichen mir den Seherstein zu schenken? Sie hatte mir gesagt, sie wollte wissen ob es noch alte Magie außerhalb ihrer Insel gab, doch langsam wurde ich mir unsicher ob das stimmte. Konnte man ihr überhaupt noch vertrauen?

Müde lehnte ich meinen Kopf an die Scheibe und schloss die Augen. Vor meinem inneren Auge spulte sich das letzte Aufeinandertreffen mit Neferet in einer Dauerschleife ab. Als sie mich das dritte Mal mit ihren unwahrscheinlich grünen Augen fies angrinste, öffnete ich meine wieder um sie nicht mehr sehen zu müssen. "Zoey, wir sind da." , meinte der Polizist und schaltete den Motor ab. Er stieg aus dem Auto und auch ich beeilte mich die Tür aufzustoßen. Wir hatten vor einem Gebäude gehalten, welches ich zwar schon ab und zu gesehen, doch nie wirklich beachtet hatte.

Es war groß und hatte nur sehr kleine Fenster. Ich schätzte auf 4 Stockwerke. Eine große Drehtür zierte den Eingangsbereich, sie war aus Glas und auch die ganze Wand daneben bestand daraus. Man konnte einen Tresen erkennen und die Einrichtung sah ganz nett aus, fast wie in einem Hotel. "Warum gibt es eine Glastür, dass die Leute fliehen könnten?" , fragte ich erstaunt. Der Polizist gab mir ungeduldig ein Zeichen hinein zu gehen. "Das ist nur der Eingangsbereich. Die Insassen dürfen diesen nicht betreten, deshalb sind die Räume für die Angestellten und Besucher mit besseren Sicherheitsmaßnahmen von den Räumen der Nutzer getrennt." Oh. Langsam bekam ich Panik. Dort würden wahrscheinlich um die 200 Verrückte sein und ich war mit ihnen in diesem Haus eingesperrt! Plötzlich musste ich an den Trailer von The Walking Death denken. Ich hatte es nie geschaut, doch ich sah es vor mir, wie die Zombies überall waren. Grinsend kamen sie auf mich zu... Nein, das war jetzt wirklich zu viel Fantasie. Bestimmt waren viele Leute auch so arm dran wie ich und waren in echt noch komplett bei Verstand.

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