Vierundzwanzig

234 23 4
                                    

Zoey

Während ich die schmutzige Hauswand betrachtete ließ ich meinen Gedanken freien Lauf.

Neferet würde sich nicht länger verstecken wollen oder auf liebe Hohepriesterin machen. Der Krieg hatte begonnen.

Ich hielt es nicht länger im sitzen aus und stand mit einem Ruck auf.

Ich machte mir sorgen um meine Freunde. Ohne mich war der Kreis nicht vollständig, also konnten sie vermutlich keinen beschwören. Ich hoffte, dass die Elemente auch so stark genug waren um sie zu beschützen. Ich musste hier raus! Ich musste aus diesem Loch raus! Diesem Gefängnis! Ein dreckiger Knast! Ein Irrenhaus!!! Meine Hände verkrampften sich.

Ich war eine Verrückte, Zoey Redbird, die Verrückte. Und eine Mörderin. Die Muskeln, die mich eben fast hätten aufspringen und auf das nächst beste einschlagen lassen, erschlafften.

Eine Mörderin. Dabei wollte ich das nicht! Ich wollte diese Schuldgefühle nicht und ich wollte vorallem die Vergangenheit rückgängig machen.

Aber die Gedanken kamen und ich konnte mich nicht wären. Wie die klebrige Finsternis, Neferet Diener, schlichen sie sich in meinen Kopf und quälten mich. "Nyx" , flüsterte ich mit erstickter Stimme.

Aber die Göttin würde sich nicht meiner Gedanken bedienen, schließlich hatte sie mir den freien Willen geschenkt.

Es war wie eine Panikattake. Plötzlich wurde mir schwindelig, mein Schädel pochte. Ich war ein Monster! Und nichts würde das verändern, nichts würde das ungeschehen machen... meine Sicht verschwamm, ich fiel auf die Knie. Überall war es so dunkel!

Mein Kopf fühlte sich an als würde er im nächsten Moment zerbersten.

Die Finsternis schien sich in meinen Verstand gebohrt zu haben, sie durchdrang mich wie tausende von brennenden Nadeln. Ich wollte schreien doch ich war wie in Trance gefangen, kein Ton kam aus meiner Kehle.

Und da sah ich sie. Es war wirklich dunkel. Klebrig und finster, als hätte jemand alles Licht von ihnen gestohlen. Fäden der Finsternis. Endlos viele von ihnen wimmelten um mich herum. Was hatte das zu bedeuten? War das eine Vision?

Doch es fühlte sich so real an, als sich eines von ihnen in meinen linken Oberarm bohrte. Bohrte ist vielleicht nicht ganz das richtige Wort, es fraß sich regelrecht in mich hinein. Dieser Schmerz ließ mich den Kopf in den Nacken werfen und keuchen. Mehr bekam ich nicht heraus.

Leider schien es ihr zu genügen. Ihr amüsiertes Lachen kam bei mir an, noch bevor ich sie sah. Neferet. Sie bewegte sich durch den Nebel von Finsternis auf mich zu. Während ich mich auf dem Kies krümmte kniete sie sich elegant neben mich hin. "Hallo Zoey." Ihre Stimme war süß wie Nutella. Doch sobald man sich die Nutella auf der Zunge vergehen lässt, merkt man dass sie schon seit Ewigkeiten verrottet ist und spuckt sie in hohem Bogen aus. Aber Neferet ließ mich nicht ausspucken. Ihre Stimme drang unerbittlich zu mir. "Geist" , murmelte ich. "Bitte komm zu -"

Ein weiterer von Neferets Fäden schoss auf mich zu und in meine Lippe hinein sodass ich vor Schmerz nicht weiter sprechen konnte. Das Element hatte mich gehört, doch ich hatte nicht die Kraft um etwas gegen meine Feindin auszurichten. Seit mindestens zwei Tagen hatte ich kein Blut mehr getrunken und die Finsternis setzte mir ebenfalls sehr zu. "Wie unfreundlich von dir, dass du mich nicht auch begrüßt." , lächelte Neferet. "Aber ich will darüber hinweg sehen." Eine kurze Pause entstand, die sie wohl als eindrucksvoll empfand, doch für mich war es einfach ein weiterer glücklicher Moment in dem sie schwieg. Naja, mehr oder weniger glücklich, wenn man bedachte, dass der Tentakel in meinem Arm nun fast komplett durch in hindurch gedrungen war und sich daran machte mein Blut zu kosten und das nicht in geringen Mengen.

"Am Anfang hast du mich wirklich fasziniert, weißt du? Du warst ein starkes Mädchen und wärst eine gute Verbündete gewesen. Aber du und dein jämmerliches Pack habt euch gegen mich verschrieben." Nun war ihre Stimme nicht mehr süß, sondern hasserfüllt und so schneidend wie ihre Finsternis.

"Und jetzt werde ich dem allen ein Ende bereiten. Sie dich nur an! Du hast gedacht du bist mächtig und hast versucht mich umzubringen. Aber ich bin am Leben! Ich bin unsterblich! Wollen wir schauen ob du es auch bist? Ich helfe dir dabei es heraus zu finden, auch wenn wir beide die Antwort kennen." Schmerzen, etwas drang durch meinen Knöchel. "Ich werde dich Stück für Stück zerstückeln." , sagte sie und jedesmal wenn sie Stück sagte rammte sich ein Tentakel in meinen Körper. Einer in den Rücken, einer in meine Wade und einer in meinen Magen. Schwach stöhnte ich auf.

Sie ließ mir grade genug Kraft um bei Bewusstsein zu bleiben und sie anzuschauen. "Ich werde dich töten, das weißt du." , erklärte sie mir beiläufig, als würde sie mir sagen, dass es nächstes Jahr sowieso wieder die selbe Mode geben würde wie dieses. Dabei zupfte sie an ihrem Kleid herum. Ihre Diener saugten mir sehr langsam, aber auch sehr genüsslich das Blut aus. Ich lag starr auf dem Kiesboden und konnte mich nicht rühren. Meine Glieder brannten vor Schmerz und waren gleichzeitig so schwach.

"Hoffen wir mal, dass deine Freunde über deinen Selbstmord hinwegkommen. Es wäre doch jammerschade, wenn sie wegen dir alles aufgeben würden. Hmm weisst du wen ich die traurige Nachricht überbringen lasse?" Ungläubig und entsetzt starrte ich sie an. Ich konnte nicht mal richtig blinzeln. Sie war verrückt, eindeutig.

Als ich ihr in die Augen sah, entdeckte ich darin nur abgrundtiefe Bosheit.

"Stevie Rae." , erläuterte sie mir fröhlich. "Deine beste Freundin hat sich mir schon mal unterworfen, weißt du noch? Wir werden das ganze nocheinmal so ähnlich machen. Nur hat sie diesmal niemanden der sie rettet. Deine Freunde werden alle zu Grunde gehen, dafür werde ich schon sorgen. Aber erst wenn ich mit dir fertig bin!" Mit einem Mal fuhren Dutzende von Tentakeln auf einmal in mich hinein. Mein ganzer Körper schien übersät von der wimmelden Finsternis. Doch dann ließ der Schmerz nach und ich fiel in eine endlose Schwärze.

'Nein, das kann nicht das Ende sein! Ich muss die anderen noch warnen!' Mein ganzer Körper zitterte, ich konnte noch nicht tot sein. "...die Dunkelheit und das Böse sind nicht immer gleichzusetzen, so wie das Licht nicht immer gutes verheißt." , erinnerte ich mich an die Worte meiner Göttin. Oh Nyx, warum war Sie nicht hier? Ich wollte nicht so sterben. Alleine, ohne irgendjemanden. Man hatte mir das Leben genommen, meine Freunde waren nicht mehr bei mir, ein Zittern durchfuhr mich. Jetzt waren meine Freunde auf sich gestellt. Aber ich wollte nicht, dass alle so endeten wie ich! Heath hatte das schon mal erlebt, oder besser NICHT erlebt. Er durfte nicht das zweite mal sterben! Und Stark, er würde schlimme Schuldgefühle bekommen. Ich wollte das nicht! Das konnte einfach nicht sein, es durfte nicht wahr sein! Ungläubig starrte ich meinen Körper an. An meinen Händen klebte Blut. Mein Blut, wie ich leider feststellen musste. Ich wollte weinen, aber mein regloser Körper konnte keine Träne freigegeben. Kein Schluchzen drang durch meine kalten Lippen. Überall an mir klebten süße, rote Flecken. Meine Kleider waren durchtränkt davon und aus meinem Mund rann der letzte Rest der Flüssigkeit in einem Rinnsal meine Wange herab. Ich war so kalt! Mein Herz war reglos da, wo es noch vor kurzem so heftig geschlagen hatte. Sie hatte mich wahrhaftig umgebracht! Fassungslos schwebte ich in diesem Nichts, kämpfte um... um was eigentlich? Ich wollte wieder reden! Wieder lachen! Wieder Lieben! Wieder Leben! Doch mein Körper war unfähig sich zu bewegen. Meine Gedanken würde niemand je hören. Jetzt nicht mehr. Mir blieb also nur noch eins übrig; mich damit abzufinden. Ich musste mich damit abfinden, dass ich tot war.

*****************************************

Was haltet ihr von dieser Wendung der Geschichte?

Seid gesegnet ♡

House of night VerlassenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt