Kapitel 53

2.8K 105 10
                                    

Wachsam beobachtete ich Colin, während er den kleinen Karton mit seinen Händen hielt und die Treppe nach unten ging. Seine Krücke hatte er zusätzlich unter seinem Arm geklemmt. Er wirkte etwas beleidigt mit mir, da ich ihm verboten hatte, schweres zu tragen und da der Karton nun wirklich nicht mehr als vielleicht zwei Kilo wog, war es das einzige, das er wirklich tragen konnte und sollte. Währenddessen hatte ich die zwei Säcken in der Hand, welche deutlich schwerer waren, als sie aussahen, aber ich ließ mir nichts anmerken, als Colin mich nun anblickte, um sich sicher zu gehen, dass ich es alleine schaffen würde. Er nahm mir meinen unbeeindruckten Gesichtsausdruck ab, worauf er wieder weg sah und ich angestengt meine Augenbrauen zusammenzog. Wer hätte auch denken können, dass Kuscheltiere so viel wiegen konnten? Klamotten, klar, aber Kuscheltiere? 

Als ich am Ende der Treppe angekommen war, schliff ich die Säcke nur noch hinter mir her, bis mir aus der Haustür traten und alles im Auto unterbrachten. So vieles hatten wir doch nicht dabei, also hätte ich auch meinen Mustang nehmen können. Wie auch immer.

"Geht es, oder soll ich dir helfen?", fragte mich Colin, als er zu meinem Pech bemerkte, dass ich ein paar Probleme hatte, die Säcke in den Kofferraum zu heben. Er stand direkt hinter mir, legte seine Hand auf meine Hüfte, um meine Aufmerksamkeit zu bekommen, während er mich fragte. 

"Ja, es geht schon.", keuchte ich, bückte mich, um den Sack anders zu heben, jedoch verlor ich genau dann mein Gleichgewicht und kippte nach hinten um. Colin reagierte schnell, legte nun beide Hände an meine Hüfte und fing mich auf. Als ich wieder normal dastand, nutzte er meine kurze geistige Abwesenheit, nahm mir den Sack aus der Hand und schmiss ihn ohne Probleme in den Kofferraum. 

"Ich wusste doch, dass du nur so getan hast, als wäre es leicht gewesen.", seufzte der blauäugige Junge und sah mich tadelnd an, weswegen ich nur mit meinen Augen rollte und ihm meinen Mittelfinger zeigte.

"Ich wollte halt nicht, dass du das trägst. Falls-"

"Falls meine Wunde aufplatzt, ja ich weiß, aber glaube mir, Amilya. Das wird sie nicht. Sonst wäre sie es vorhin schon.", sprach er und deutete auf das Geschehen in meinem alten Zimmer an, weswegen ich wieder einmal mit meinen Augen rollte. "Was denn?", hob er kapitulierend seine Hände, als er meinen Blick bemerkte, mit dem ich ihn anstarrte. "Es ist die Wahrheit. Wenn, dann hätte die Wunde vorhin aufplatzen sollen, denn glaube mir, ich war schon lange nicht mehr so krass gekommen."

"Ja, klar.", sprach ich, jedoch auch geschmeichelt seinen letzten Satzes und stellte mich vor ihn, legte meine Hand an seinen Bauch und strich mit meinem Zeigefinger über den Saum seines Shirts. Colin beobachtete mich und ließ mich nicht einmal aus den Augen, während ich einen Schritt weiter auf ihn zu lief, immer mit dem Blick auf meine Finger, die nun unter sein Shirt glitten und dabei sein Shirt hochzogen. 

Dummerweise konnte ich nicht viel in dieser Dunkelheit sehen, da es schließlich schon Abend war, aber ich konnte seine Wunde genau fühlen. Ein Schauer durchfuhr mir und sofort sah ich Colin an, als er schneller anfing zu atmen. Verschwommen kamen mir wieder die Erinnerungen an den Tag, als Colin diese Wunde bekommen hatte und eine leichte Panik überkam mich. 

"Hey, es ist alles gut, Amilya.", seufzte Colin, als er meinen besorgten Blick bemerkte und legte sofort seine Hand an meine Wange, um mich zu beruhigen, was er schaffte. Ich atmete tief durch, und, ohne zu wissen warum mich es tat, lehnte ich mich an ihn heran, und atmete seinen bekannten Duft ein, welchen ich noch vor ein paar Wochen gehasst hatte. 

Wie Colin aber nun merkte ich, dass es nichts mehr brachte, so zu tun, als würde ich diesen Jungen, der mich beschützend in seinen Armen hielt, zu hassen. Ich hatte ihn gehasst und das abgrundtief aber das war vergangen.

IndecisionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt