Kapitel 2/8

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„Äh, was war das?", fragt sie mich.

„Ach nichts, sie will sich nur in Angelegenheiten mischen, die sie nichts angehen", antworte ich und setzte ein künstliches Lächeln auf.

„Nun ja, jedenfalls weiß ich jetzt, warum du vorhin in der Vorlesung so durch den Wind warst", sagt sie mit einem schelmischen Lächeln.

„Ach ja?", frage ich der Höflichkeit halber. Am liebsten wäre ich gerade allein.

„Ja", sagt Amber mit vielsagendem Blick, „natürlich wegen Aelfric und Raedwulf. Ich kann dich verstehen, sie sind wirklich atemberaubend. Wobei James auch keine schlechte Wahl wäre, wenn du mich fragst, er war ja total sauer, als du und Raedwulf euch nur angeschaut habt."

„Ja du hast... Moment was?", frage ich verwirrt. Will sie jetzt gerade wirklich über Jungs reden?

„Naja du hast ja wirklich eine ganze Horde um dich gescharrt, Respekt. Aber wenn es dich nicht stört, Cole reserviere ich für mich."

„Hm klar, nehme ihn dir ruhig", antworte ich desinteressiert. Ich mag Mädchen, die nur Jungs im Kopf haben, nicht wirklich. Wenn Amber immer so ist, weiß ich nicht, ob ich mich so gut mit ihr verstehen werde. Aber habe ich nicht auch momentan nur Jungs im Kopf? Ich denke doch ständig nur an Aelfric, Veland und Raedwulf. Aber nein, das ist was anderes, rede ich mir ein, immerhin geht es mir bei ihnen um die Merkwürdigkeiten und nicht um ihr bezauberndes Äußeres. Bei diesem Gedanken könnte ich mir selbst wieder den Hals umdrehen. Vermutlich bin ich wirklich nicht besser als Amber.

„Ist wirklich alles gut bei dir?", fragt sie mich, da ihr jetzt auch auffällt, dass ich nicht bei der Sache bin.

„Naja, nicht wirklich, aber passt schon."

„Kann ich dir irgendwie helfen?", fragt sie mitfühlend.

„Nein, danke, ich glaube, ich muss mir erstmal selbst im Klaren sein, was momentan mein Problem ist."

„Also hat es Garnichts mit deiner heißen Gastfamilie zu tun?", fragt sie mich irritiert.

„Nein nicht direkt. Oder doch, ja, es hat was mit ihr zu tun. Aber nicht so, wie du denkst. Glaube ich", sage ich verzweifelt. Amber kommt näher und schließt mich in die Arme.

„Wenn du jemanden zum Reden brauchst, höre ich dir gerne zu. Ich glaube, ich kann dich vielleicht sogar verstehen."

Ich erwidere ihre Umarmung.

„Danke."

Auch wenn ich Amber nicht wirklich kenne, tut es so unglaublich gut, jemanden umarmen zu können. Bis jetzt ist mir gar nicht aufgefallen, wie schön so eine Umarmung sein kann, aber zu Hause hatte ich ja auch immer meine Freunde und Eltern. Wie schön jetzt eine Umarmung von Aelfric wäre, so wie gestern. Ich schimpfe mich für diesen Gedanken und beende die Umarmung.

„Wollen wir gehen? Ich bin jetzt schon ziemlich lange weg", frage ich Amber.

Sie nickt und wir verlassen die Toilette. Ich sehe schon aus der Entfernung, dass James und Raedwulf in einer hitzigen Diskussion sind. Ich bleibe stehen, um die Szene zu beobachten. Amber tut es mir gleich. Es sind fast keine Leute mehr in der Mensa und die paar, die da sind, schauen den Jungs gespannt zu.

„-zu gefährlich! Wollt ihr das nicht verstehen?", ruft James.

Raedwulf sieht zornig aus. Seine grünen Augen scheinen Gift zu versprühen. Er antwortet aber leise und gefasst, sodass ich die Worte nicht hören kann. Aelfric schaut James auch zornig an. Die anderen beiden scheinen eher auf James Seite zu stehen, auch, wenn sie sich nicht einmischen.

„Was ist nur mit euch los? Ihr seid doch krank!", schreit James.

Aelfric und Raedwulf sehen jetzt richtig gefährlich aus, wie zwei Wölfe, die auf ihre Beute lauern. Gefasst, konzentriert, abwartend. So lange, bis die Beute einen Fehler macht. David schaut erst die beiden an, dann die umherstehenden Menschen. Als sein Blick mich streift, geht er zu James rüber und legt ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter. Dieser stößt sie verärgert weg, schaut auf und erblickt mich. Seine Augen bleiben ein paar Sekunden zornig auf mir hängen, dann schnaubt er wütend auf und verlässt den Raum, ohne die Grayheads eines weiteren Blickes zu würdigen. David und Cole folgen ihm. Im Vorbeigehen sagt David noch etwas zu Aelfric und Raedwulf. Diese beiden scheinen langsam ihre Beherrschung wieder zu gewinnen. Ich gehe, gefolgt von Amber, vorsichtig zu ihnen rüber. Aelfric steht, kurz bevor wir bei ihnen sind, auf und packt seine Sachen. Man merkt, dass er noch sehr zornig ist, auch, wenn er versucht, dies zu verbergen.

„Komm Scarlett, lass uns gehen. Wir müssen zu den Zwillingen", sagt er und geht in Richtung Ausgang, ebenso wie Raedwulf. Ich winke Amber kurz zu, die so verwirrt aussieht, wie ich mich fühle, und folge ihnen.



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