Kapitel 2/3

6 0 0
                                    


Am nächsten Morgen wache ich viel ausgeschlafener als am Tag zuvor auf, als das Läuten ertönt. Ich mache mich schnell für die Uni fertig und packe einen Block und Stifte in eine Tasche. Mein erster Tag an der Uni wird bestimmt aufregend. Zuvor war ich noch nie in einer Vorlesung. Die Sorgen von gestern scheinen mir jetzt völlig albern, meine Mutter hat recht, ich muss mich erstmal einleben. Die Vorfreude ist einfach zu groß, um sich über unhöfliche oder merkwürdige Menschen Gedanken zu machen.

Beschwingt trete ich aus meinem Zimmer und laufe in den Speisesaal. Dort warten schon alle Grayheads außer Veland und Mylentun. Sie sitzen um den Tisch, auf dem bereits ein leckeres Frühstück mitsamt Eiern und Speck steht, und lächeln mich an. Sogar Raedwulf weicht meinem Blick nicht mehr allzu sehr aus.

„Guten Morgen", sage ich strahlend in die Runde.

Die anderen begrüßen mich auch.

„Da scheint ja jemand gut gelaunt zu sein. Setz dich ruhig und esse", sagt Aelfric. Ich setzte mich auf den einzigen Platz, auf dem Besteck liegt. Es ist derselbe wie gestern.

„Esst ihr alle nichts?", frage ich verwundert. Lebuin will etwas sagen, Raedwulf unterbricht ihn aber.

„Liegt wohl in der Familie."

Seine Augen sind wie Smaragde, die in der Sonne leuchten. Sein schwarzes Haar und seine weiße Haut bringen einen starken Kontrast hervor, der das grün noch mehr betont. Man kann sich in diesen Augen verlieren. Ich beschließe, die Gelegenheit zu nutzen, um mit Raedwulf zu sprechen.

„Deine Musik ist wunderschön", sage ich und lächle ihn an, während ich mir Essen auf meinen Teller staple. Raedwulf schaut beschämt zur Seite.

„Danke", sagt er.

Er hat eine schöne Bassstimme, wenn er zu seinen Liedern singen würde, würde es sich sicherlich toll anhören. Da es ihm aber anscheinend unangenehm ist, darüber zu reden, gehe ich nicht weiter darauf ein und beginne zu essen. Es schmeckt vorzüglich. Ich schaue zu den Kindern, die mich neugierig beim Essen beobachten. Es ist ein unangenehmes Gefühl, von allen beobachtet zu werden. Deshalb frage ich sie: „Und ihr geht heute in die Schule?"

„Ja, die Schule ist direkt neben der Universität", antwortet Lebuin.

„Wir bringen sie dorthin, wenn wir zu Uni fahren. Dann siehst du auch gleich, wo du sie eventuell mal abholen kannst", fügt Aelfric hinzu.

Er reicht mir einen Zettel, der mit der gleichen Schrift beschrieben ist, wie der Zettel von gestern Abend.

„Das sind die Telefonnummern meines Vaters, Raedwulfs, Velands und mir. Für Notfälle sind wir immer erreichbar. Du solltest uns auch deine Nummer geben."

Aelfric holt sein Handy raus und wartet darauf, dass ich ihm meine Nummer diktiere. Er schreibt schnell mit.

„Alles klar, jetzt kann ja nichts mehr passieren", sagt er und lächelt mich an.

Ich lächle zurück und verspüre ein Kribbeln im Bauch. Solange die Kinder anwesend sind, hält mein Körper sich aber glücklicherweise mit zu großen Dummheiten zurück und mein Gehirn bleibt funktionsfähig. Sehr gut, dass ich sie vermutlich ständig um mich haben werde.

Ich esse fertig, dann räumen Aelfric und Raedwulf ab. Ich will helfen, aber Aelfric weist mich an, sitzen zu bleiben. Als sie fertig sind, stehen wir alle auf, ziehen uns an, packen unsere Schul- bzw. Unisachen zusammen und gehen raus.

„Wo ist Veland?", frage ich, da er doch eigentlich mitfahren sollte.

„Er bleibt heute weg", sagt Aelfric grimmig. Bei seinem zornigen Blick läuft mir ein Schauder den Rücken hinunter, der mir besagt, dass ich mich niemals mit ihm anlegen wollen würde. Auch Raedwulfs Miene wird eisig. Er hat also auch davon mitbekommen, dass ich nicht allzu gut mit Veland auskomme, vielleicht war er sogar bei dem Gespräch, das Aelfric mit diesem führen wollte, dabei. Jedenfalls vermute ich, dass Velands Abwesenheit diesem Gespräch zu verdanken ist. Ich frage aber nicht genauer nach.

Wir steigen in einen eleganten, silbernen BMW und fahren durch das Eingangstor. Jetzt im Hellen sehe ich auch, dass das gesamte Umfeld wunderschön ist, die Stadt liegt wunderbar in die Natur eingebaut da. Es gibt eigentlich nur einen Weg, der von dem Anwesen in die Stadt führt und die Stadt ist so klein, dass es mir sicherlich leichtfallen wird, die Orientierung zu behalten.

Die beiden großen Gebäude, die ich schon am Tag meiner Ankunft gesehen habe, sind das Rathaus und die Universität. Die Schule liegt direkt neben der Uni und ist sehr klein. Lebuin erzählt mir während der Fahrt, dass es eine Schule für alle Jahrgangsstufen ist. Es sind so wenige Schüler da, dass es fast immer nur eine Klasse pro Jahrgang gibt.

Wir setzen die Zwillinge vor der Schule ab undwünschen ihnen viel Spaß. Dann parkt Aelfric, der gefahren ist, auf einem Parkplatzzwischen Schule und Uni. Es stehen dort bezogen auf die Größe der Stadt rechtviele Autos.

SalvationWo Geschichten leben. Entdecke jetzt