Kapitel 4/4

2 0 0
                                    

Es ist recht spannend, das alles zu erfahren. Der Prof gestaltet die Vorlesung interessant und die Zeit vergeht schnell. Dennoch halte ich nicht viel davon, dass uns beigebracht wird, es gäbe Fabelwesen. Ich bin davon überzeugt, dass einige das Ganze fürwahr halten oder in ihrem Aberglauben bestärkt werden. Wenn ich so darüber nachdenke, könnte Kate sogar eine dieser Personen sein. Ich beschließe, mich bei ihr zu entschuldigen. Wenn sie ein abergläubischer Mensch ist, weiß ich ja, worauf ich mich gefasst machen kann. Vielleicht erfahre ich dann auch mehr über das, was sie über meine Gastfamilie glaubt zu wissen.

Nach der Vorlesung habe ich keine weitere mehr, Amber aber schon. Während sie also in den nächsten Kurs eilt, schlendre ich gemütlich durch die Gänge und frage mich, was ich tun kann, bis die Grayheadsöhne mit ihren Vorlesungen fertig sind und ich mit ihnen zum Anwesen zurückfahren kann. Ich will gerade in einen Gang einbiegen, als jemand hinter mir meinen Namen ruft. Als ich mich umdrehe, sehe ich, wie James und Veland am anderen Ende des Ganges auf mich zukommen.

Veland sieht einfach unverschämt gut aus. Es ist so schade, dass sein Charakter da leider nicht punkten kann. Aber im Wald war er so anders, ich weiß einfach nicht, wie ich ihn einschätzen soll. Mein Herz fängt an zu pochen, als er mich mit seinem dummen, hinreißenden Lachen angrinst. Ich werde rot. An sowas darf ich jetzt doch nicht denken!

„Hey Kleine, hast du mich vermisst?", fragt er mich, als sie bei mir angekommen sind.

„Das hättest du wohl gerne", zische ich ihn an. Nein, er ist und bleibt ein Arsch, egal was da im Wald war.

„Hey, nehmt euch ein Zimmer", mischt sich James ein. Veland muss lachen, in mir steigt aber wieder Zorn auf. Ich bin heute wirklich aggressiv, ich sollte mich irgendwie entspannen. Irgendwo, wo kein Grayhead ist.

„Hey komm, Scarlett, das war doch nur ein Witz", entschuldigt sich James lächelnd. Ich atme tief durch. Ich sollte meine schlechte Laune nicht an ihm auslassen.

„Ihr habt also keine Vorlesung?", frage ich die beiden.

„Nö, haben wir nicht. Wir wollten grade in die Sporthalle, da ist um die Zeit keiner, willst du mit?", fragt James.

„Klar", sage ich, froh, nun eine Beschäftigung zu haben.

Wir laufen gemeinsam in die kleine Halle der Uni. Tatsächlich ist niemand da. Veland und James gehen zielstrebig auf den Geräteraum zu. Ich folge ihnen, unsicher, ob das erlaubt ist. Der Raum ist klein und dunkel. Ich bin etwas angespannt, so allein mit den beiden muskelbepackten Typen hier drinnen zu sein. James weist mit einer übertriebenen Geste auf den Mattenwagen.

„Hier, Madame, machen Sie es sich gemütlich", sagt er und reicht mir die Hand, um mir auf die Matten zu helfen. Ich nehme seine Hand nicht und setzte mich auf den Wagen.

„Vielen Dank, aber das schaffe ich allein", sage ich grinsend zu ihm. James lacht auf und setzt sich neben mich. Veland lehnt sich lässig an die Wand und mustert mich amüsiert. Ich schaue ihn finster an. In der schwachen Beleuchtung sind seine Körperkonturen exakt abgezeichnet. Schatten gleiten über seine Muskeln, als er sich ein bisschen bewegt.

„Mund zu, Kleines."

Ich glaube, ich hasse ihn.

„Komm, Ve, sei doch nicht so. Eine Lady verdient ordentliche Behandlung", sagt James und schaut mich wie ein Hund an, der sich ein Leckerli erhofft. Ich verdrehe die Augen. Veland ist unausstehlich und nutzt die gemeinsten Mittel gegen mich und James ist penetrant nervig. Warum genau bin ich nochmal mit den beiden gegangen?

„Lady?", fragt Veland spöttisch.

Ich springe auf und gehe einen Schritt auf ihn zu.

„Hör auf, mich so zu behandeln! Ich habe dir nichts getan. Und nach letzter Nacht finde ich das einfach nur... gemein", schnauze ich ihn böse an.

Veland hebt eine Augenbraue und stößt sich von der Wand ab.

„Ach ja? Bin ich gemein?", sagt Veland. Seine Worte klingen sowohl spöttisch als auch bedrohlich. Eine Gänsehaut überzieht meinen ganzen Körper. Er ist ja so groß. Langsam läuft er auf mich zu und fesselt mich mit seinem Blick. Ich will nicht zurückweichen, tue es aber doch, kurz bevor er bei mir ankommt. Jetzt sieht er richtig bedrohlich aus. Er streckt einen Arm nach mir aus.



SalvationWo Geschichten leben. Entdecke jetzt