Kapitel 24 | painkiller

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(Widmung geht an @hxrnymalik xx) 

Für eine Sekunde setzen mein Herzschlag sowie mein Atem komplett aus, als ich die Gestalt des Clowns vor dem Fenster erkenne. Das wirre Buschwerk aus rotem Haar ist genau in meinem Blickfeld. Er steht mit dem Rücken zum Fenster, läuft noch einen Schritt weiter, doch dann bleibt er abrupt stehen und ich ziehe scharf die Luft ein.

Fuck.

Die Situation fordert mich dazu auf im Bruchteil einer Sekunde zu reagieren und mir etwas einfallen zu lassen, ansonsten bin ich ihm ausgeliefert. Verstecken ist keine Option, dafür bleibt mir keine Zeit mehr. Wie in Zeitlupe sehe ich wie der Clown sich langsam umdreht, und bevor ich über diese Idee länger nachdenken kann tue ich das einzige, was mir in dieser Sekunde einfällt: meine Hände greifen blitzschnell zum Saum des Pullovers, den Zayn mir gegeben hat und ich ziehe das Material hastig nach oben, sodass der Stoff mein Gesicht und möglichst viel von meinen Haaren verdeckt. Sobald von meinem Gesicht nichts mehr zu sehen ist, strecke ich mich, noch immer den Pullover mit den Händen hochhaltend.

Ich bin mir unsicher ob der Clown noch immer vor dem Fenster steht und zu mir sieht, aber mein Unterbewusstsein sagt mir, dass er wahrscheinlich noch immer sich vor dem Wohnwagen befindet. Schließlich erhält er gerade den Anblick von Zayns sogenannter Bettaffäre, die sich vor dem Fenster halbnackt räkelt. Erst jetzt wird mir langsam bewusst, was das hier gerade wird, aber mir blieb keine andere Wahl.

Langsam strecke ich mich, ziehe den Pullover in Zeitlupe Millimeter für Millimeter weiter nach oben um möglichst viel Zeit zu schinden, bis ich einen Plan habe, wie ich aus dieser Situation herauskomme.

Obwohl ich nichts sehe, kann ich den Blick des Clowns vor dem Fenster praktisch auf mir spüren und in mir steigt Ekel auf. Es handelt sich wahrscheinlich nur um Sekunden, aber es kommt mir ein weiteres quälendes Mal vor wie eine Ewigkeit - wie mein gesamter Aufenthalt auf diesem verdammten Jahrmarkt.

„Was- was machst du da?", durchdringt eine Stimme mein Trommelfell und warme Hände packen mich an der entblößten Hüfte, ziehen mich an einen Oberkörper heran und drehen mich dann hinter ihm, drücken mich auf die Matratze. Es muss lächerlich aussehen angesichts der Tatsache, dass ich auch jetzt noch den Pullover über den Kopf gezogen habe, aber mir bleibt keine andere Wahl als zu hoffen, dass so mich Viktor nicht erkennt und weiterhin nur für Zayns wildfremde Bettgeschichte hält.

Unwillkürlich stellt sich mir wieder die Frage, ob er des Öfteren Frauen mit zu seinem Wohnwagen nimmt. Genau auf das Bett, auf dem auch ich gerade liege und nur kurz zuvor von ihm berührt wurde, auch wenn es mir mittlerweile erscheint wie Jahre zurück. Ich spüre ein Stechen in der Brustgegend bei dem Gedanken, dass er das Gleiche auch mit anderen genau hier getan hat, wahrscheinlich sogar noch viel mehr, und schnell versuche ich die Vorstellung daran zu verdrängen.

Zayn zischt etwas Unverständliches, bevor ich ihn einen festen Schlag gegen die Fensterscheibe ausüben hören kann und ich zucke daraufhin erschrocken zusammen. Der dadurch entstandene Knall ist lauter als ich es je erwartet hätte und zeugt von einer immensen Kraft, die selbst für Zayn überraschend ist.

„Er ist weg", murmelt Zayns Stimme nach einigen Sekunden erst, als hätte er noch kurz Zeit gebraucht um sich zu beruhigen, bevor ich seine Hände an meinen Armen spüre, die langsam bis zum Saum des Pullovers wandern, diesen mit den Fingern greifen und ihn langsam wieder hinunterziehen, bis er nicht mehr mein Gesicht hinter sich versteckt.

Seine Augen mustern mich besorgt und ich merke erst jetzt wie schwindelig mir ist, da ich die letzten Sekunden unbewusst vor Panik den Atem angehalten habe. Langsam hebt sich mein Brustkorb wieder und ich atme tief ein, bevor ich schwer schlucke.

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