Kapitel 18 | lines

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Die dunklen Augen schienen zunächst gar nicht zu realisieren, was geschehen ist, ich tue es selbst genauso wenig. Das Licht der Taschenlampe, die an der Wand angelehnt ist, beleuchtet sein Gesicht nur ein wenig und zeichnet dafür dunkle Schatten in seinem Gesicht ab. Meine Augen starren genau in seine, die ein wenig funkeln durch die Flüssigkeit, die sich darin gesammelt hat und seine Wangen hinunterläuft, die ein oder andere Träne tropft schließlich sein Kinn hinunter und landet auf mir.

Seine Augen sehen mich aufgelöst an, unter seinen geröteten Augen zeichnen sich dunkle Ringe ab und auch seine Lippen sehen mitgenommen aus, beben sogar ein wenig. Ich sehe ihn so offen, so verwundet und so verletzlich wie noch nie zuvor, ich kann seine Emotionen in seinen Augen nahezu ablesen, als hätte er das erste Mal keine Mauer um sich gerichtet, als hätte er sich mir voll und ganz geöffnet, so verletzlich wie noch nie, so schön wie nie.

Endlich scheint ein wenig Leben in ihn zu kommen, zunächst erst langsam darin erkennbar, dass die Mundwinkel seiner etwas rauen Lippen ein Stück hochziehen, und auch die so verletzlichen Augen scheinen ein wenig sich zu erhellen, und plötzlich ist auch der Rest seines Körpers wieder mit Leben gefüllt und seine Arme schlingen sich noch enger um meinen Körper als zuvor, drücken mich fest an seinem Oberkörper. Sein Gesicht vergräbt er in meinen Haaren und ich glaube zu spüren, wie einige weitere Tränen meine Haare befeuchten. Es ist seltsam ihn so verletzlich zu sehen, damit hätte ich wohl wahrscheinlich nie gerechnet.

„Fuck, Zoe", murmelt er unverständlich und vergräbt seine linke Hand in meinem Haar. Seine Wange, die ein wenig kratzig von einigen Bartstoppeln ist, drückt gegen meine und es kitzelt, doch in diesem Moment bin ich so unfassbar froh ihn zu sehen, dass es mir egal ist. Ich hätte nie gedacht ihn jemals wieder zu sehen, überhaupt etwas wiederzusehen.

„Du hast mir so Angst gemacht, weißt du das?", seine Stimme ist rau und heiser, mehr ein Wispern als alles andere. „Ich hab mir so unglaubliche Sorgen gemacht, das ... das kannst du dir nicht vorstellen."

Endlich kommt auch in mich Leben und bevor ich nachdenken kann greifen meine Arme um seinen Hals und ich vergrabe mein Gesicht in seinem Nacken, bevor auch ich spüre, wie sich die heiße Flüssigkeit in meinen Augenwinkeln sammelt. Ihn zu sehen, zu wissen, dass er bei mir ist, es die ganze Zeit war, löst in mir unwahrscheinlich große Glücksgefühle aus.

Erst nach einigen Minuten trennt er sich wieder ein Stück von mir, jedoch nur ein kleines Stück, sodass wir in das Gesicht des jeweils anderen sehen können.

„Zayn", bringe ich endlich mit kratziger Stimme hervor, die gar nicht recht nach mir klingt, so rau ist sie. Außerdem schmerzt es unwahrscheinlich, mein Hals ist wie ausgetrocknet. Er scheint es zu merken, denn sogleich schnappt seine Hand neben sich und reicht mir eine Wasserflasche, die ich mit zittriger Hand annehme. Mein Körper fühlt sich so schwach an, doch immerhin spüre ich ihn wieder, habe die Kontrolle über ihn.

Als Zayn mein Zittern bemerkt umfasst er mit seiner Hand meine und stützt sie, während ich das bereits etwas warme Wasser meinen Hals hinunterfließen lasse. Es tut unwahrscheinlich gut und ich trinke Unmengen, bevor ich die Flasche wieder von meinen Lippen absetze und er sie für mich zur Seite stellt, bevor seine Hand wieder um meinen Körper greift, so fest, als hätte er Angst, dass ich wieder verschwinden könnte, doch mir geht es genauso. Auch ich kralle mich mit einem Arm an seinem Oberkörper fest, aus Angst ihn wieder zu verlieren, während ich mit dem Daumen der anderen Hand langsam über seine Wange streiche, um die Tränen, die sich dort gesammelt haben wegzuwischen.

„Du hast geweint", stelle ich mit noch immer rauer Stimme fest und er presst die Lippen aufeinander, sagt kein Wort. Schweigend wische ich eine weitere Träne aus seinem Gesicht, während sein Blick die ganze Zeit auf mir liegt, als könnte er es noch immer nicht glauben.

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