Kapitel 37 | trapeze

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Die Erleichterung, welche sich in mir breit macht als ich wenige Stunden später aufwache und Zoe nicht nur noch immer neben mir legen sehe, sondern auch erkenne, dass ihr Brustkorb sich im regelmäßigen Rhythmus leicht hebt und senkt, ist kaum zu beschreiben, denn das bedeutet, dass sie noch lebt. Vorsichtig richte ich mich ein Stück weit auf und rücke zu ihr rüber um ihr einige der Strähnen aus dem mit Dreck beschmierten Gesicht zu streichen, doch merke dabei wie sehr ihre Stirn unter meiner Hand glüht.

„Zoe?" Ich wiederhole ihren Namen noch einige Male, doch sie scheint noch immer nicht zu Bewusstsein gekommen zu sein. Sogleich legt sich die Erleichterung und Besorgnis füllt ihren Platz.

„Komm schon, wach auf... fuck", spreche ich mehr zu mir selbst als dass ich noch die Hoffnung habe, sie könne mich hören. Verzweifelt richte ich mich auf, packe sie und trage sie ins Bad wo ich versuche sie auf dem heruntergeklappten Toilettendeckel abzusetzen, doch der beinahe leblose Körper sinkt immer wieder in sich zusammen, sodass mir keine andere Wahl bleibt als sie auf dem Boden der Dusche abzusetzen und sie an die Wände anzulehnen. Aus Angst sie könnte einen Schock bekommen wenn ich die Dusche anschalte und damit ihren Zustand verschlimmern verwende ich nur einen lauwarmen Waschlappen um ihre Haut vom Schmutz zu befreien. Vorerst muss das reichen, bevor ich sie wieder ins Bett lege.

Noch immer rührt Zoe sich keinen Zentimeter und man könne meinen sie würde friedlich schlafen, würde man den Rest ihrer körperlichen Verfassung außer Acht lassen. Ihre Haut ist so fahl und ihre Figur so heruntergemagert, dass sie eigentlich dringend Wasser und Essen nötig hätte, doch ohne dass sie wieder zu Bewusstsein findet wird das schwer in die Tat umzusetzen zu sein.

Die einzige Möglichkeit ihr noch weiterzuhelfen, solange sie sich in diesem Zustand befindet, besteht darin mich um ihr Fieber zu kümmern. Um ihre Waden wickle ich kalte Tücher und noch jeweils ein weiteres Trockenes darüber, dann lege ich noch einen weiteren kühlen Lappen auf ihre Stirn. Eine Weile bleibe ich noch bei ihr, doch dann sehe ich ein, dass ich vorerst nicht mehr tun kann und begebe mich ins Bad.

...

ZOES POV

Auf mir spüre ich das Licht der Scheinwerfer, die Blicke der Menschen. Zögernd senke ich den Blick und mir wird schwindelig. Mehrere Meter trennen mich vom Boden. Meine Muskeln verkrampfen und ich kann mein Blut rauschen hören.

Zahlreiche Augenpaare sind auf mich gerichtet, beobachten jeden meiner Schritte, jede noch so kleine Bewegung. Einzig und allein ein dünnes Holzbrett, welches an dem Pfahl hinter mir befestigt ist, hält mich auf dieser Höhe. Die Platte ist gerade breit genug um Platz für meine Füße zu bieten, doch eine falsche Bewegung und ich drohe zu fallen.

Allmählich gleitet mein Blick wieder nach oben. Knapp vier, fünf Meter entfernt befindet sich eine weitere Person auf meiner Höhe, im Gegensatz zu mir jedoch mit einem Sahl an dem Mast hinter ihr festgebunden. Es dauert keine Sekunde bis mir bewusst wird, dass es sich um Zayn handelt. Sein Gesicht ist nach unten geneigt, einige der dunklen Strähnen fallen ihm ins Gesicht. Sein Körper hängt kraftlos am Pfahl, scheinbar bewusstlos. Mein Magen dreht sich um, als ich die dunklen Verfärbungen auf seiner Haut bemerke und die dunkelroten Flecken, welche sich überall auf seiner Kleidung befinden. Wieder spielt sich vor meinem inneren Auge die Szene im Zelt ab.

Zayns Körper, welcher schlaff in sich zusammengesackt ist und nur noch von den beiden Männern an den Seiten aufrecht gehalten wird, während das Blut sein Kinn hinuntertropft. Blutverschmierte Wangen. Das angeschwollene Gesicht, und die in dunklen Haare, die auf seiner schweißnassen Haut kleben.

Ein weiteres Mal, dass die Faust ausholt. Ich schreie, ich schreie so laut ich kann, doch es nützt nichts.

Sie schlagen immer weiter.

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