"Donner grollen. ..."

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Donner grollen. Jedenfalls kam es meinem mitgenommenen Hirn so vor. "Bewege jetzt deinen Hintern hoch oder ich trete die Tür ein." Der gestrige Tag hatte mich so erschöpft, dass ich es nur knapp an meiner Mutter vorbei geschafft hatte und sofort in mein Bett gefallen bin. Was war heute eigentlich für ein Tag? Donnerstag verriet mir mein Digitalwecker. Da war doch irgendetwas wichtiges? "Ey, ich mein das ernst, Sophie. Wir kommen zu spät zur Schule." Ohhhh, jetzt ging mir ein Licht auf. Ich wusste, da war doch irgendwas. "Nein." ächzte ich unter meinen Tonnen von Kissen, in dem Wissen, ihr Fledermausgehör würde mich schon hören. "Wie 'nein'? Nichts mit 'nein'. Steh jetzt auf oder ich komme rein." Ich konnte mich wage daran erinnern, dass ich meine Zimmertür abgeschlossen habe um zu verhindern, dass meine Mutter unangemeldet rein platzte. Das ist scheinbar eine blöde Idee gewesen. "Melde mich krank, Caro." Genervtes Stöhnen war die Antwort. "Den Teufel werde ich tun. Wir müssen raus finden, was hier los ist und das können wir nicht in deinem Zimmer sondern nur da draußen. Hat Madame-chen das jetzt verstanden?" Da 'Madame-chen's Hirn momentan auch aus Kartoffelbrei bestehen könnte, würde ich das verneinen, dachte ich. Dass ich ihr darauf nichts erwiderte, war anscheinend für sie Antwort genug. Keine Sekunde später hallte ein Krachen durch das Haus. Ich sprang auf vor Schreck und starrte auf das Stück Holz am Boden, was mal meine Zimmertür gewesen ist. "Du ... Du hast wirklich ... ?!" Das Kinn stolz erhoben, kam Caroline in mein Zimmer getrampelt und baute sich vor mir auf. "Wir gehen jetzt in die Schule." Ich hatte keine Chance .... Von einem Lachanfall durchschüttelt suchte ich mir meine Sachen, bekam meine Schultasche zu fassen und ließ mich immer noch lachend von ihr umarmen. "Was in Gottes Namen ist hier los?" Meine aufgelöste Mutter stand plötzlich im Raum und sah uns an, als würde sie uns gleich einliefern wollen. "Ein Unfall. Ich repariere es, wenn ich zurück bin." bekam ich mit dem Mund voller Fussel heraus. Caroline hatte mir ihre flauschige Jacke ins Gesicht gedrückt. Aber zum Glück noch so, dass ich Luft bekam. Mist, das hatte ich total vergessen. Ich war überglücklich, dass meine Freundin so schnell reagieren konnte. Mein Gesicht musste immer noch so aussehen, als wäre ich durch einen Schredder gezogen wurden. "Ja, wir machen das, wenn wir zurück sind aber jetzt müssen wir unbedingt los, sonst verpassen wir Musik." sagte Caro mit ernster Stimme. "wenn ich wieder nach Hause komme, ist das alles wie zuvor! Ist das klar?" hörte ich sie gedämpft durch das Kissen sagen und bejahte es mit einem Brummen. Ich hörte wie sie sich mit schlurfenden Schritten entfernte und die Schlafzimmertür ins Schloss fiel. Caroline drehte sich zu mir um. "Aber mal zu einer dringenderen Sache. Warum verdammt nochmal, siehst du als als hättest du einen Boxkampf hinter dir?!" Ihr kritischer Blick glitt über mein geschundenes Gesicht, welches wahrscheinlich in allen Farben schillerte und mit Wunden übersät war. "Das ist eine ... komplizierte Geschichte." druckste ich herum und betrachtete meine Chucks. Ich mochte sie, meine absoluten Lieblingsschuhe. "Gut, dann erzähl es mir später. Wir müssen jetzt erst mal schnell dein Gesicht restaurieren, denn du siehst total scheiße aus." Na, vielen Dank auch. Sie zog mich durch die zweite Tür, welche an mein Zimmer grenzte. Ich hatte mein eigenes Bad, wofür ich jeden Tag mehr als dankbar bin. Ich ließ mich von ihr durch die Gegend zerren und auf dem Hocker neben meinem Waschbecken verfrachten.  Dann schnappte sie sich mein Schminktäschchen und machte sich an die Arbeit. "Hast du eigentlich endlich mal diesen Adrian angerufen?" Oh, Mist. Das hatte ich vollkommen vergessen. Mein Blick war unschwer zu deuten. "Nein, hab ich Recht? Boah Sophie... Du treibst mich noch in den Wahnsinn." Meine beste Freundin richtete sich auf und begutachtete ihr Werk. Scheinbar war sie zufrieden, denn sie nickte. "Los, jetzt lass uns gehen. Und auf dem Weg, rufst du Adrian an, damit die Sache geklärt ist bevor du ihm in der Schule begegnest." Sie warf ihre Haare zurück, zog mich hoch und wir verließen mit unseren Taschen das Haus. "Durch den Wald zu gehen ist kürzer." sagte ich zu Caro und sie nickte  mir daraufhin zustimmend zu, obwohl ich eine Spur von Angst in ihrem Blick bemerkte. Wir bogen nach links und gingen auf den Waldrand zu, der für den Spätsommer schon hell erleuchtet war. Bis dahin kramte ich in meiner Tasche nach der Karte, welche mir der komische Typ in der Schule in die Hand gedrückt hatte und angelte mein Handy aus meiner Hosentasche. "Du kannst dich nicht davor drücken." sagte Caro mit einem Grinsen, als sie meinen Blick und mein Zögern sah. "Ich weiß. Schon gut, schon gut, ich mach es ja." Ich wählte die Nummer als wir den Wald betraten.

A:       Hallo?          

S:         Äh hi. Hier ist Sophie.

Eine kurze Pause auf der anderen Seit. War er enttäuscht, von mir zu hören? 

A:         Oh, hey Sophie. Was gibts?

Er klang weder wütend noch enttäuscht ... Wollte er mich nicht anschreien oder auch ignorieren? Alles wäre mir lieber nur keine Nettigkeit auf meine Gemeinheiten.

S:         Ich ... Ich wollte mich für letztens entschuldigen. Das war echt scheiße von mir. Und wir sind  Freunde, ich war nur irgendwie vollkommen überfordert mit der Situation. Ich hatte gestern echt einen scheiß Tag und ich wollte einfach sagen, dass es mir Leid tut und auch danke dafür, dass du mir helfen wolltest.

A:         Hey, mach dir keine Gedanken. Hab ich dir schon längst vergeben. War doch keine große Sache. Ich hab überreagiert und mein Ego hat einen Knack bekommen, da du mich ja schon ganz schön bloßgestellt hast.

Ich hörte es am Grinsen in seiner Stimme, dass er mich nur hoch nahm und das kein wirklicher Vorwurf war.

S:              Mach mein schlechtes Gewissen nicht noch schlimmer. Es tut mir echt total Leid. Wie kann ich das wieder gut machen?

A:         Gut, dass du fragst. Da fällt mir bestimmt etwas ein.

Jetzt war sein Grinsen erst Recht unüberhörbar und ein Lachen huschte über mein Gesicht, was Caroline mit einem scheinbar wissenden Lachen quittierte.

S:         Aber nicht irgendetwas total unrealistisches, klar?

A:         Ich doch nicht ... Wie geht es dir? Alles gut?

S:         Joar. Vielleicht etwas angeschlagen oder beschädigt aber ansonsten ganz gut.

A:         Das freut mich. Du hörst von mir. Man sieht sich, Sophie.

Damit beendete er das Gespräche und mein Handy verschwand wieder in meiner Hosentasche. Caroline und ich stolperten aus dem Wald auf das Schultor zu. Scheinbar waren wir gerade noch pünktlich, was ein Wunder war, denn wir waren nicht die einzigen Nachzügler. Wir betraten mit den anderen die Schule und gingen zu unserem Zimmer. "Ihr habt euch also ausgesprochen?" Caro lächelte mich an, als wir uns auf die Plätze in der hintersten Reihe niederließen. "Ja. Wir haben uns darauf geeinigt, dass er etwas gut bei mir hat."  Mit diesem Satz wurde ihr Grinsen noch breiter. "Ah, verstehe." Die Zweideutigkeit hinter ihren Worten hätte man unmöglich überhören können. Ich fing an zu lachen und gab ihr einen Klaps auf den Arm. "Was denkst du nur? Vergiss das gefälligst wieder." "Werden die Damen der letzten Reihe wohl so freundlich und erweisen mir die Ehre, meinem Unterricht zu folgen?" Wir verstummten und ließen uns von der greifenden Langeweile der Klassik umhüllen.

                                                                                                                                                                     

Ruf der Wölfe - #Wattys2015Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt