Das Essen oder wie man(n) eine Küche zerlegt

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Als sie sich eine Woche später, am Tag des großen Essens, aus dem Bett schälte, war Mittag schon lange vorbei. Aber das störte sie nicht im Geringsten, schließlich war Wochenende und da konnte sie ruhig mal ausschlafen, ohne dass dieses nervige Gebilde namens Wecker sie unsanft aus ihren schönen Träumen riss. Und diese waren in der Tat sehr schön gewesen, hatte sie doch von dem bevorstehenden Gekoche der Jungs geträumt und von dem darauf folgenden Essen, welches in ihren Träumen natürlich hervorragend geschmeckt hat. Bei diesem Gedanken schlich sich ein fettes Grinsen auf ihr Gesicht, als sie sich streckte und ihre Vorhänge zur Seite zog um die Sonne zu begrüßen. Da sie wusste, dass ihre Brüder schon länger wach waren und so das Bad frei war beschloss sie erst mal baden zu gehen. Sie machte sich gerade auf den Weg durchs Zimmer als sie mit dem Fuß an etwas hängen blieb und sich der Länge nach hinlegte. Als sie sich umsah bemerkte sie, dass es der Wäschekorb war, den sie am Abend zuvor einfach achtlos von ihrem Bett geschmissen hatte. Laut fluchend humpelte sie ins Bad und ignorierte das Gekicher, welches von der anderen Seite des Flures aus zu hören war. Gerade als sie die Tür schließen wollte registrierte sie was sie gerade gehört hatte, wirbelte herum und stürmte in das Zimmer neben ihrem. Sie riss die Tür mit solchem Schwung auf, dass diese gegen die Wand krachte und schaute kurz darauf in zwei Paar unterschiedliche und so ähnliche, erschrockene Augen. „Was machst du denn noch hier solltest du nicht schon bei den Kaibas sein, Yami?", fragte ihn seine Schwester. Seine Augen weiteten sich noch etwas mehr, falls das überhaupt möglich war. Er warf einen Blick auf die Uhr, schnappte sich seine Jacke und war schneller zur Tür hinaus als Yugi seinen Mund wieder zumachen konnte. Die beiden Zurückgebliebenen schauten immer noch verdattert auf die Tür durch die gerade ein schwarzer Wirbelwind verschwunden war. Als die beiden sich von dem Schock erholt hatten, dass der sonst so gemütliche Yami ein solches Tempo vorlegen konnte, wendeten sie sich wieder ihren Beschäftigungen zu.
Eva, welche sonst eher eine Frühaufsteherin war, hatte an diesem Morgen ebenfalls Schwierigkeiten aus dem Bett zu kommen. So kam es, dass sie durch das Klingeln der Türglocke geweckt wurde. Als sie schon verstimmt nach Roland rufen wollte, fiel ihr gerade noch ein, dass ihr Bruder ihm freigegeben hatte, damit die Jungs beim kochen nicht gestört werden würden. Also erhob sie sich seufzend aus ihrem Bett, warf sich ihren weißen Seidenmorgenmantel über ihr durchsichtiges Sommernachthemd und lief die Treppe runter. Im gehen knotete sie den Gürtel zu und überlegte, wieso keiner ihrer ach so tollen Brüder sich daran machte sie Tür zu öffnen. Als sie die Tür öffnete, fiel ihr ein, dass Seto am vorigen Abend etwas von wegen Besorgungen machen gemurmelt hatte und sie Mokuba für diesen Tag bei einem Freund geparkt hatten. Es entfloh ihr ein Seufzen. „Hey Eva, willst du mich nicht mal reinlassen?", riss sie Yamis Stimme aus ihren Gedanken. „Ja, entschuldige komm rein.", mit einem leichtem Lächeln trat sie etwas zur Seite, so dass Yami an ihr vorbei ins Haus schlüpfen konnte und übersah den leichten Rotschimmer, der sich bei ihrem Aufzug auf seine Wangen gelegt hatte. Den Blick den er ihr zuwarf bemerkte sie jedoch. „Tut mir Leid, ich bin gerade erst aufgestanden und hatte vergessen, dass meine Brüder nicht da sind. Setz dich doch einfach erst mal in den Salon, ich gehe mich schnell anziehen." Mit diesen Worten verschwand sie die Treppe hoch und Yami bewegte sich in das besagte Zimmer.
Eva kehrte eine viertel Stunde später vollständig bekleidet zurück und sah auch schon etwas wacher aus. Gerade als sie sich zu Yami setzen wollte, kam auch Seto nach Hause und schritt geradewegs zu ihnen. Als er zum sprechen ansetzte klingelte es wieder an der Tür. Mit einem Knurren, machte er auf dem Absatz kehrt und marschierte wieder zur Tür. Er konnte gar nicht so schnell schauen, wie sich ein buntes, quirliges Etwas schon an ihm vorbeigequetscht hatte und schnurstracks in den Salon gelaufen war, wo es erst mal Eva zerquetschte. Diese war schon dabei blau anzulaufen, als Yami sich berufen fühlte einzuschreiten, und seine Schwester sanft aber bestimmt von ihrer besten Freundin weg zu ziehen. „Jetzt lass sie schon los Rikki, sie bekommt ja keine Luft mehr." „Ich hab sie eben vermisst.", versuchte Rikki sich zu rechtfertigen. „Wieso? Wir haben uns doch gestern erst gesehen.", verständnislos sah Eva sie an. „Ja und? Jetzt komm schon, sonst kommen wir heute hier nicht mehr weg.", damit zog sie Eva hinter sich zur Tür hinaus. Die Jung schauten ihnen nur fassungslos hinter her und machten sich auf in Richtung Küche.
Mehrere Stunden später kamen Eva und Rikki, jede mit mehreren Tüten beladen, wieder zur Villa. Beide waren durch die letzten Stunden, welche sie mit shoppen verbracht hatten, todmüde und am verhungern und freuten sich auf das versprochene Abendessen. Eva klaubte ihren Schlüssel aus ihrer Tasche und schloss auf. Als sie den Schlüssel ins Schloss steckte glaubte sie die lauten Stimmen der Jungs zu hören, dann öffnete sie die Tür und ihr schlugen sofort eine dunkelgraue Rauchwolke und der Gestank nach verbranntem Essen entgegen. „Bitte nicht!", betete sie innerlich, als sie langsam Richtung Küche ging und das Chaos erblickte, welches einmal ihre geliebte Küche gewesen war. Während Eva in der Tür zur Salzsäule erstarrt war und die Augen schloss, damit die den Anblick nicht mehr ertragen musste, bekam Rikki vor lachen Tränen in die Augen und musste sich am Türrahmen festkrallen um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Yami und Seto, welche die Mädchen vor Rikkis Lachanfall nicht bemerkt hatten, hatten die Küche innerhalb der paar Stunden, in denen die Mädchen nicht da waren, in ein Schlachtfeld verwandelt.
Dabei hatte alles so harmlos angefangen. Da die Mädchen wussten, dass die Jungs keine Ahnung vom kochen hatten, hatten sie sich auf ein einfaches Menü geeinigt, Pizza. Den Nachtisch auszusuchen hatten sie den Jungs überlassen. Diese wollten den Mädchen allerdings zeigen, dass sie sehr wohl kochen konnten und so hatten sie das Menü etwas variiert. Bei der Pizza waren sie geblieben, nur dass sie sich entschieden hatten auch den Teig selbst zu machen und nicht den von den Mädels vorgeschlagenen fertigen zu nehmen. Was dazu geführt hatte, dass die Küche und Yami von einer feinen weißen Mehlschicht überzogen waren. Da die Jungs allerdings auch die Idee hatten die Tomatensoße selbst zu machen, waren auf der weißen Schicht und auf Kaibas Mantel rote Tupfen zu sehen. Besagte Pizza brutzelte jetzt im Ofen, da die Jungs aber nicht wussten, wie sie ihn einstellen sollten, hatten sie sich darauf geeinigt, dass etwas mehr Hitze besser sei als zu wenig. Dummerweise war die Pizza aber bald über dem Nachtisch vergessen und so zu einem schwarzen Ziegel geworden, der im Ofen vor sich hin rauchte. Beim Nachtisch waren die beiden ins streiten gekommen. Kaiba war für einen Himbeersmoothie, da er der Meinung war, dass man nicht nur ungesund essen sollte, während Yami, welcher nur zu gut um Rikkis Schwäche für Schokolade wusste, da sie immer seine klaute, wollte lieber Schokomuffins backen. Schließlich hatten sie sie sich darauf geeinigt beides zu machen. Sollte dieses Essen doch Kaibas Entschuldigung an Rikki sein, auch wenn er dies natürlich nie zugeben würde. Also machten sie sich erst an die Muffins, die ja länger brauchten. Da Kaiba in der Hektik und in seinem Bestreben besser zu sein als Yami, allerdings Zucker und Salz verwechselt hat, stand die Schüssel jetzt im Spülbecken. Der Teig allerdings hatte sich über die gesamte Küche verteilt, da beiden die Handhabung eines Mixers nicht geläufig war.
Als die Mädels die Tür öffneten waren sie gerade mit dem Smoothie beschäftigt. „Hast du alles drin?", kam es von Kaiba, welcher der Meinung war, dass dies so einfach war, dass selbst Yami sich darum kümmern konnte und sich somit mit der Gebrauchsanweisung neben diesen gestellt hatte. „Jaja.", knurrte Yami, welcher nach diesem Nachmittag mit den Nerven am Ende war und diesen überheblichen Tonfall über hatte. „Gut, dann mach jetzt den Deckel drauf und schalte den Mixer an.", kam schon das nächste Kommando. Yami legte den Deckel drauf und wollte den Mixer anschalten, als er feststellte, dass er keine Ahnung hatte, wie weit er den Knopf drehen musste. Also drehte er ihn einfach voll auf. So kam es wie es kommen musste, der Deckel flog durch die Küche und die pürierte Himbeermasse wurde aus dem Mixer katapultiert und landete auf Kaibas, jetzt nicht mehr weißem, Mantel. Dieser wollte gerade auf Yami losgehen, als ein Schrei ihn unterbrach. Eva war in der Zwischenzeit wieder aus ihrer Schockstarre erwacht und wollte auf die beiden losgehen, als sie bemerkte, dass der Rauch zunahm und aus dem Ofen eine Flamme herausschoss. Anscheinend hatte die Pizza jetzt Feuer gefangen. Sie gab Rikki zu verstehen, dass diese sich mit dem Feuerlöscher um den Ofen kümmern sollte, während sie sich um die Jungs kümmern wollte.
Als sie jetzt auf die beiden zuschritt, wurden diese bei jedem Schritt den sie machte kleiner. Für die beiden sah sie aus wie ein Racheengel umgeben von Feuer und Rauch. Während Rikki versuchte den Ofen noch irgendwie zu retten, setzt Eva zu einer Schimpftirade an, die sich gewaschen hatte, die erst unterbrochen wurde, als ihr die Luft ausging und Rikki der Meinung war, sie könnte jetzt mal einschreiten und die Jungs retten, vor allem, da der Ofen sowieso nicht mehr zu retten war. „Komm, jetzt beruhig dich schon. Schau dir doch die Jungs mal an, kleiner kriegst du die nicht mehr." „Du hast Recht, aber Strafe muss sein. Und was machen wir jetzt eigentlich mit dem Abendessen. Wir haben ja jetzt keine Küche mehr und bestellen können wir uns heute auch nichts, die Restaurants hier sind alle zu.", kehrte Eva wieder zu ihrer gewohnten Fassung zurück. „Für eine Strafe hab ich schon eine Idee. Kaiba soll dir einfach seine Kreditkarte geben, wenn du die neue Küche kaufen gehst und Yami wird dich begleiten. Nein, ihr habe kein Recht mitzureden.", wandte sie sich mit dem letzten Satz an die Jungs die, bei der Strafe, aufbegehren wollten. „Allerdings hast du Recht Eva, was sollen wir denn jetzt essen? Wie wär's wenn die, die die Küche ruiniert haben mal was dazu sagen würden?" Yami meldete sich eingeschüchtert zu Wort: „Wir könnten ja bei uns kochen. Großvater ist nicht da und Mokuba ist doch sowieso bei Yugi." „Yami hat Recht, wir könnten zu uns gehen. Allerdings bin ich dafür, dass Eva kocht. So gehen wir wenigstens auf Nummer sicher, dass wir es auch essen können." „Kocht Eva denn so gut?", wollte Yami wissen. „Gut? Eva ist brilliant. Sie ist besser, als viele Sterneköche!", schwärmte Rikki. „Jetzt hör schon auf. Du übertreibst mal wieder. Aber ich bin einverstanden, dann ruf mal Yugi an und warn ihn vor. Und ihr holt die Zutaten, die man noch gebrauchen kann. Ihr werdet sie den ganzen Weg über tragen." Damit war für Eva die Sache erledigt und Rikki griff zum Telefon. Kurz darauf waren alle startklar und machten sich auf den Weg zu den Mutos.

Schatten der Vergangenheit: Anubis RacheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt